BREXIT-Referendum am 23. Juni 2016

Nach dieser Logik hätte ein bestehendes System grundsätzlich immer Vorrang gegenüber einer Veränderung. Warum?

Weil das bestehende System (von der Theorie her gesehen) das Ergebnis einer vorangegangenen (Mehrheits)Entscheidung bzw. eines politischen Meinungsbildungsprozesses war. Nicht alles läuft ja unmittelbar über Bürgerentscheide, sondern das Meiste ja mittelbar über Entscheidungen z.B. einer Regierung.
 
Weil das bestehende System (von der Theorie her gesehen) das Ergebnis einer vorangegangenen (Mehrheits)Entscheidung bzw. eines politischen Meinungsbildungsprozesses war. Nicht alles läuft ja unmittelbar über Bürgerentscheide, sondern das Meiste ja mittelbar über Entscheidungen z.B. einer Regierung.

Und weil ein bestehendes System irgendwann vor Jahrzehnten, möglicherweise sogar vor Jahrhunderten auf die von Dir aufgeführte Weise beschlossen wurde, ist es also vorrangiger zu behandeln und es reichen je nach angewendeter Regel nur 40 oder sogar nur 33,3 Prozent der Wählerstimmen, um dieses System beizubehalten? Ich glaube, Dein Demokratieverständnis weicht deutlich von meinem ab.
 
Es ist müßig, im Nachhinein über etwaig geeignete oder gar erforderliche Regeln zu diskutieren, die die Akzeptanz eines Abstimmungsergebnisses (egal, ob Ja oder Nein) erhöhen würden.

Genauso müßig ist es, wenn einzelne Briten im Nachhinein ihr Abstimmungsverhalten (in welche Richtung auch immer) bereuen oder ihr Nicht-Abstimmungsverhalten.

M. E. sollte nunmehr das - wenngleich aus meiner Sicht unerfreuliche - Ergebnis der Abstimmung umgesetzt werden: Und das lautet auf Austritt aus der EU.
 
Hier auch eine interessante Aussage des liberalen Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments, Alexander Graf Lambsdorff, aus einem Interview auf FAZ.net (S. 3, oben):

"Das Modell Schweiz will in Brüssel niemand mehr, Ende der Durchsage. Das sind mehr als 100 bilaterale Verträge, für die man 30 Jahre verhandelt hat und die jetzt durch das von den Schweizer Populisten lancierte Referendum gegen die Masseneinwanderung zerstört wurden. Und das Norweger Modell? Wenn die Briten das norwegische Modell wollen, bitte sehr. Dann befolgen sie demnächst die Binnenmarktgesetzgebung ähnlich wie Norweger, ohne sie aber beeinflussen zu können, und müssen dafür noch in die EU einzahlen sowie die Freizügigkeit bei der Arbeitnehmerzuwanderung zulassen. Wenn sie dazu bereit wären, hätte ich nichts dagegen, aber auch das ist illusorisch. Am wahrscheinlichsten ist noch das kanadische Modell, angelehnt an das CETA-Abkommen. CETA aber gewährt keinen vollen Marktzugang bei Finanzdienstleistungen, die für die Briten ein Hauptinteresse sind. All jenen, die auch in Deutschland immer so leichtfertig an der EU herummeckern, sollte es deshalb eine Lehre sein: Das Fehlen des Binnenmarktes wird für die britische Wirtschaft ausschließlich sehr negative Auswirkungen haben."

Im Gespräch: Graf Lambsdorff: „Boris Johnson lebt in einem Parallel-Universum“

Momentan bekommt man den Eindruck, Teile der britischen Politik wollen eine Art Binnenmarkt-Zugang ohne Arbeitnehmerfreizügigkeit, ein sog. "Norwegen Plus-Modell" (so Gesundheitsminister Jeremy Hunt). Ob das gelingt, ist einerseits sehr fraglich. Andererseits würde man für die "Souveränität" in Sachen "Immigration" einen Verlust der Mitsprache in Sachen EU-Gesetzgebung bei gleichzeitigem "Eintrittsgeld" hinnehmen. Ob es das wert ist?
 
Und weil ein bestehendes System irgendwann vor Jahrzehnten, möglicherweise sogar vor Jahrhunderten auf die von Dir aufgeführte Weise beschlossen wurde, ist es also vorrangiger zu behandeln und es reichen je nach angewendeter Regel nur 40 oder sogar nur 33,3 Prozent der Wählerstimmen, um dieses System beizubehalten? Ich glaube, Dein Demokratieverständnis weicht deutlich von meinem ab.

Ich bin diesbezüglich der Meinung von Andreas (B555andi).
Das alte System hatte sich ja über einen längeren Zeitraum bewährt und sollte deshalb einen gewissen Schutz gegenüber einem neuen, möglicherweise nicht besseren System genießen.

Ich verstehe natürlich auch die Argumente der Befürworter einer einfachen Mehrheit.
Fazit : Es ist nicht schlimm, wenn hier verschiedene Demokratieverständnisse aufeinandertreffen.
Wichtig ist aber, daß wir alle Demokraten sind (und das Ergebnis demokratischer Abstimmungen akzeptieren - unabhängig davon, wie diese letztendlich zustandegekommen sind).
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich bin diesbezüglich der Meinung von Andreas (B555andi).
Das alte System hatte sich ja über einen längeren Zeitraum bewährt und sollte deshalb einen gewissen Schutz gegenüber einem neuen, möglicherweise nicht besseren System genießen.

Solange das alte System irgendwie tragbar ist, mag das ja noch akzeptabel sein. Das Problem ist aber, dass ein untragbar gewordenes System denselben Schutz genießen würde. Eventuell war es sogar niemals wirklich tragbar, man ist es durch die Wahlregel nur nie losgeworden. Wo will man also die Grenzen ziehen? Willkürlich entscheiden (vor allem: Wer entscheidet hier?), bei welcher Wahl eine einfache Mehrheit und bei welcher eine z. B. Zweidrittelmehrheit gelten soll, fände ich zutiefst undemokratisch.

Ich verstehe natürlich auch die Argumente der Befürworter einer einfachen Mehrheit.
Fazit : Es ist nicht schlimm, wenn hier verschiedene Demokratieverständnisse aufeinandertreffen.
Wichtig ist aber, daß wir alle Demokraten sind (und das Ergebnis demokratischer Abstimmungen akzeptieren - unabhängig davon, wie diese letztendlich zustandegekommen sind).

Da hast Du meine volle Zustimmung!
 
@Lolo!
Entscheidungen / Regelungen usw., die auf einem demokratischen Weg (egal ob über Regierungsentscheidungen oder Bürgerentscheide) zustande gekommen sind, sind zunächst einmal bindendes Recht. Sie können ersetzt werden durch neue, korrigierende Entscheidungen. Wie diese zustande kommen, kann ganz unterschiedlich geregelt sein. Die Briten haben hierfür eine einfache Mehrheit der abgegeben Stimmen für notwendig erachtet. Ok, für mich hätte es eine absolute Mehrheit sein müssen. Für Andere wiederum ist das eine Frage, die sich von vorneherein schon garnicht für einen Volksentscheid eignen würde.

Wie dem auch sei - demokratisch zustande gekommene Entscheidungen können auf demokratischem Weg geändert werden.

Volksentscheide sind bei Demagogen dem Grunde nach sehr beliebt, weil man mit einfachen Parolen die Volksseele gut in Wallung bringen und lenken kann. Ob alle, die abgestimmt haben, sich in dieses komplexe Thema ausreichend eingelesen haben? Anyway - Alea iacta est....
 
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Volksentscheide sind bei Demagogen dem Grunde nach sehr beliebt, weil man mit einfachen Parolen die Volksseele gut in Wallung bringen und lenken kann. Ob alle, die abgestimmt haben, sich in dieses komplexe Thema ausreichend eingelesen haben? Anyway - Alea iacta est....

Das tun alle, die Meinung durch Parolen und Angstmacherei in ihre Richtung zu lenken. Was ich am Freitag während der Fahrt nach Nürnberg zum Brexit im Radio gehört hab, zeugte m.M. nach von IQ 0,5.
Und es wurden Ausschließlich Meinungen von Leuten gesendet die gegen den Brexit waren.
 
Und es wurden Ausschließlich Meinungen von Leuten gesendet die gegen den Brexit waren.
Staatspropaganda, solltest Du aus SED Zeiten kennen, die Medien ins Boot holen war schon immer der Schlüssel. ;)
 
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