Varus gib mir meine Legionen wieder..

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...dieser verzweifelte Ausruf soll die Reaktion von Kaiser Augustus Oktavian gewesen sein, als er von der verheerenden Niederlage seiner Streitkräfte unter dem Kommando des römischen Generals Publius Quinctilius Varus erfuhr.

Drei Legionen, man vermutet mehr als 20 000 römische Soldaten wurden im Jahre 9 n. Chr., von einer Armee germanischer Krieger unter Führung eines Stammesfürsten mit dem Namen Arminius im Teutoburger Wald in einen Hinterhalt gelockt und niedergemetzelt.

An diesem Tag im September des Jahres 9 nach Christus hatte Varus das Kommando über die 17., 18. und 19. Legion, der Elite der römischen Armee, sowie drei Reitergeschwader und weitere 6 Kohorten Fußtruppen. Diese Kampftruppe muß ein buntes Bild von Männern, Pferden und Wagen auf ihrem gleichmäßigen Marsch durch die germanische Wildnis geboten haben.

Jede der Legionen stellte stolz ihre Feldzeichen auf einem langen Stab zur Schau, der Name und Nummer der Legion, sowie das Abbild des römischen Reichsadlers trug.

Die Römer unternahmen diesen Marsch um die Eroberung einer Provinz abzuschließen. Als Anlaß dienten die Informationen eines als Arminius bekannten einheimischen Stammesfürsten, dem Varus vertraute. Arminius hatte als Befehlshaber einer Hilfseinheit in der römischen Armee gedient und sich auf dem Schlachtfeld ausgezeichnet.

Die Strecke führte die Truppen von ihrem Sommerquartier nahe der Weser nach Westen, entlang dem nördlichen Rand der als Wiehengebirge bekannten Hügelkette. Als sie sich dem Kalkrieser Berg näherten, mußten die Soldaten sich etwa drei Kilometer weit in nördliche Richtung begeben um ihn zu umgehen. Diese Route führte sie durch eine sehr enge Passage. Zahlreiche breite sumpfige Bachläufe, Moor, morastiges Gelände, dichter Wald. An eine Marsch- bzw. sogar eine Gefechtsformation war nicht zu denken.

Die Marschkolonne zog sich über drei Kilometer und in dieser schwierigen Situation, schlugen die Germanen für die Römer völlig überraschend zu.
Eingeklemmt zwischen Bäumen, knöcheltief im rutschigen Schlamm hatten die Römer weder Bewegungsspielraum, noch die Möglichkeit zur Flucht.

Sie wurden total aufgerieben, Varus und einige seiner Kommandeure begingen angesichts der hoffnungslosen Lage Selbstmord.

Die psychologische Wirkung, die diese Niederlage auf Augustus und seine Nachfolger ausübte, trug zur Beendigung der römischen Militärexpansion nicht nur in Europa, sondern auch in Afrika und Asien bei. Diese Schlacht änderte den Verlauf der Weltgeschichte.

Quelle: Peter Wells, "Die Schlacht im Teutoburger Wald"

Ich habe kürzlich dieses Buch gelesen, Hintergründe, Umstände, Folgen, Spekulationen um dieses historische Ereignis werden dabei beleuchtet. Sehr interessant, spannend und informativ.

Die Anwesenheit von Varus im Rheinland und in den rechtsrheinischen Gebieten zwischen 7 und 9 v. Chr. ist archäölogisch durch Münzen belegt, die einen Stempel mit seinem Namen aufweisen.

Im gallischen Lyon, wurden seit 12 v. Chr. Münzen geprägt, mit denen auch die Garnisonen am Rhein versorgt wurden.

Eine Serie von Kupfermünzen, trug ein Porträt des Augustus, auf der Rückseite war ein Altar der Roma und des Augustus abgebildet, ein im politischen und religiösen Zentrum Galliens errichtetes Denkmal.

Diese Münzen dienten als Zahlungsmittel für die Soldaten.Viele wurden nicht schon in der Münzstätte sondern erst später im Militärlager mit Gegenstempeln der Legionskommandeure versehen. Es war gängige Paxis, daß der Kommandeur Belohnungen an bestimmte Einheiten, oder sogar an Einzelpersonen in Form von Geld vergab. Nicht selten mit dem Namen des Gebers als Erinnerung an seine Großzügigkeit gestempelt.

Münzen mit dem deutlichen Vermerk VAR für Varus, sind sowohl in den Militärlagern am Rhein als auch auf dem Schlachtfeld in Kalkriese weit verbreitet.

So, das war diese Geschichte, ich hätte jetzt sehr gerne eine Münze des Varus hier eingestellt, aber ich besitze keine einzige antike Münze. Aber die Lektüre dieses Buches hat mir wieder einmal klargemacht, welche Geschichten, Dramen, Schicksale und Ereignisse sich um alte historische Münzen ranken können.

Vielleicht besitzt jemand von Euch ein Stück mit den eingestempelten Buchstaben VAR eine Münze bei der man den Eishauch der Geschichte spüren kann. Und das ist schon etwas anderes als vom Stempel weg, verkapselt, in den Laden, nur für den Sammler....wie gesagt, wenn jemand solch eine Münze in seiner Sammlung hat, ein Foto wäre super.

Grüsse
 
Herzlichen Dank für Deine Mühe. Man kann zwischen den Zeilen Deine Begeisterung für die hochinteressante Materie herauslesen und alleine das ist bemerkenswert. Leider kann ich mit einer AVGVSTUS-Münz-Abbildung mit einem VARUS-Gegenstempel nicht dienen, obwohl ich alle meine nicht wenigen Auktionskataloge darauf hin durchforstet habe.
Auch ohne Bild ist das dennoch ein schöner Abriss des damaligen zumindest europageschichtlich höchst bedeutsamen Geschehens.
Danke und Gruß
corrado26
 
Obwohl schon fast 50 Jahre her, ist mir der Satz vom Heimatkunde-Unterricht noch im Gedächtnis:
Varus, Varus, gib mir meine Legionen wieder.

Ich habe damals von Armin, dem Cherusker, gelernt, und habe mich später immer gewundert, dass alle Welt von Herman, dem Cherusker, sprach.
Du schreibst jetzt auch von Armin. Das ist mir gleich aufgefallen.
 
Hallo, Dein Beitrag hat mich gefesselt. Gratulation. In der Schule hatten wir dieses Thema in der 5 Klasse. Habe mich damals schon sehr für die Geschichte der Römer interessiert. Mehr davon.

Gruß epareiner
 
....man kann wohl davon ausgehen, daß Martin Luther wahrscheinlich der erste war, der den lateinischen Namen Arminius zu Hermann verdeutschte....deshalb Hermann der Cherusker.

Luther führte einen "Kampf" gegen Rom um theologische Grundsatzfragen und das Recht der Deutschen ihre Kirchenangelegenheiten unabhängig von den Machthabern in Rom zu gestalten.

In seinen Schriften bringt er Bewunderung für Arminius zum Ausruck, als Retter und Befreier seines Volkes.

Quelle: ebenfalls oben erwähntes Buch von Peter Wells.

Ja ihr habt Recht, die Materie hat mich begeistert, das alles spielte sich in einer unglaublich ereignisreichen Epoche ab.

Die Geburt von Jesus von Nazareth um diese Zeit in der wir uns hier bewegen....einige Jahrzehnte zuvor die Zeit des großen Julius Cäsar, das Triumvirat aus Augustus, Marcus Antonius und Lepidus...und schließlich die Seeschlacht von Actium in der Augustus endgültig die Nachfolge Cäsars antrat in dem er Marcus Antonius und Kleopatra schlug....bewegte Zeiten.

Augustus war zur Zeit der Varus Niederlage 71 Jahre alt und sein Biograph Sueton schrieb, daß das Desaster den Imperator derart erschütterte, daß er Haar und Bart Monate lang wachsen ließ und diesen zur Legende gewordenen Satz zuweilen ausrief...""Quinctilius Varus, gib mir meine Legionen wieder!" In den folgenden Jahren verbrachte er alljährlich den Tag der Niederlage in großer Trauer.

Was mich absolut fasziniert, ist eben, daß man sich mit einem Stückchen Metall, das die Jahrtausende überdauerte, mit etwas Phantasie, in diese Zeit zurückversetzen kann, man hat solch eine Münze, oder auch ein anderes historisches Stück vor sich auf dem Tisch liegen und denkt darüber nach, was diese Münze wohl alles erzählen könnte....das ist doch irgendwie unglaublich und macht einen Großteil des Reizes aus, was dieses Hobby wohl so interessant macht.

Grüsse
 
Hallo Rex Danny,

vielen Dank für die Schilderung. Deine Begeisterung für Geschichte teile ich.

Man kann sich aus den verschiedensten Gründen mit Münzen beschäftigen. Die Verknüpfung mit geschichtlichem (auch aktuelle Zeitgeschichte) Interesse dürfte die häufigste sein. Auch geographische oder künstlerische Gesichtspunkte spielen mit rein.

Heutzutage werden Münzen zu oft als reines Anlagegut behandelt. Die Staaten sehen darin eine Quelle zum Geldverdienen; Münzhandelshäuser betätigen sich als Bauernfänger und die unbedarften "Sammler" zahlen die Zeche.

Die Münzen früherer Zeiten waren reine Gebrauchsgegenstände, auf denen die Münzherrn (wie praktisch) noch Informationen ans Volk weitergeben konnten.
 
... ich hätte jetzt sehr gerne eine Münze des Varus hier eingestellt.........
Das Bildnis des Varus auf einer Münze ist auf Wikipedia zu sehen. Zwar kenn ich mich mit dem Urheberrecht nicht genau aus, aber ich glaube Fotos von Wikipedia darf man ohne besondere Genehmigung, unter Nennung des Autors verwenden.
Publius Quinctilius Varus ? Wikipedia

Münzen des Augustus mit Gegenstempel VAR bzw. QVA findest du auf coinarchives. Diese Bilder darfst du zwar angucken, aber nur mit Genehmigung des Autors verwenden.
CoinArchives.com Lot Viewer

CoinArchives.com Lot Viewer
 
Das Bildnis des Varus auf einer Münze ist auf Wikipedia zu sehen. Zwar kenn ich mich mit dem Urheberrecht nicht genau aus, aber ich glaube Fotos von Wikipedia darf man ohne besondere Genehmigung, unter Nennung des Autors verwenden.
Publius Quinctilius Varus ? Wikipedia

Im Falle dieser Münze trifft das zu. Es gibt bei Wikipedia aber auch gemeinfreie Bilder, die für jeden Zweck genutzt werden dürfen, auch ohne den Autor zu nennen. Es kommt ganz auf die Lizenz an, unter der der Autor sein Bild veröffentlicht. Die entsprechende Lizenz findest Du bei Wikipedia direkt unter dem vergrößerten Bild.
 
Vielleicht sollte man noch anmerken, dass der Ort der Varusschlacht nie genau lokalisiert wurde. Der römische Geschichtsschreiber Tacitus schrieb in seinem Bericht als Ort der Schlacht “saltus Teutoburgiensis“, deshalb hat sich der Begriff Schlacht im Teutoburger Wald eingebürgert. Der Teutoburger Wald wurde aber erst im 19. Jahrhundert so genannt, vorher hieß dieser Höhenzug Osning. Es ist also zweifelhaft, ob Tacitus tatsächlich den heute als Tetoburger Wald bekannten Ort beschrieben hat. Im Laufe der Geschichte tauchten immer wieder Orte auf, an denen das Gefecht vermutet wurde. Zuletzt habe ich einen Beitrag im Fernsehen verfolgt, in dem eine Vielzahl von Funden präsentiert wurde, die den Schluss nahe legen, die Schlacht habe am Rande des Wesergebirges bei Kalkriese stattgefunden. Zahlreiche Reste römischer Waffen und Ausrüstungsteile römischer Legionäre wurden ausgegraben und eine große Menge von Münzen kam ans Tageslicht. Alle Münzen, die man datieren konnte, waren aus dem Jahr 9 n.Chr. oder früher. Bisher wurde bei den Ausgrabungen keine Münze gefunden, die später geprägt wurde. Deshalb sind einige Archäologen überzeugt, den tatsächlichen Ort der Varusschlacht gefunden zu haben.
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In diesem Zusammenhang ist im neuen P.M. History "Im Reich der Kelten und Germanen" zu lesen.

Der Historiker Tacitus berichtet von einer Schlacht, die etwas weiter südlich zwischen Ems und Lippe stattgefunden haben soll, in der Nähe eines Landstriches, den er saltus Teutoburgensis nennt. Dann wäre Kalkriese falsch. Es werden hier auch mehrere pro und contra Argumente aufgeführt. Meiner Meinung nach spricht allerdings sehr viel für Kalkriese.

Gegner des Kalkriese Szenarios sehen das Schlachtfeld in Kalkriese als Schauplatz einer späteren Auseinandersetzung. Einige Jahre später versuchte nämlich der neue Statthalter Germanicus die rechtsrheinischen Gebiete zu befrieden. Ihm standen 8 Legionen mit ca. 40 000 Kriegern dafür zur Verfügung. Und auch er lieferte sich heftige Kämpfe mit den Germanen.

15 nach Christus soll Germanicus das Schlachtfeld auf dem Varus vernichtet worden war aufgesucht haben und es soll sich den Legionären ein schreckliches Bild geboten haben. Die immer noch umherliegenden Skelette und an Bäume genagelten Köpfe wurden von ihnen bestattet.

Germanicus kämpft weiter und erreicht, daß ein Stamm der Germanen einen der erbeuteten Legionsadler zurückgibt. Einen zweiten kann man erst im Jahre 41 nach Christus zurück erobern.

17 n.Chr. erklärt Kaiser Tiberius den Krieg offiziell für beendet. Germanicus wird gefeiert und führt in einem Triumphzug den Sohn des Arminus durch Rom.

Arminius selbst wird im Jahr 21 n.Chr. nach internen Streitigkeiten und Machtkämpfen von Verwandten ermordet.

....im Jahr 50 nach Chr. befreien Römer ehemalige Soldaten des Varus aus germanischer Gefangenschaft.

Quelle: P.M. History.

In diesem Zusammenhang: Auf der Auktion von Peus/Frankfurt wurde im April eine Bronzemünze verauktioniert. Darauf das einzige Porträt, das von Varus überliefert ist. Prägezeitraum 8/7 vor Christus. Erhaltung ss.

Die Münze wurde mit 300 Euro Schätzpreis aufgerufen. Im Nachbericht der Auktion kann man folgendes lesen. Die Versteigerer waren sehr erstaunt als die ersten schriftlichen 4 stelligen Gebote eintrafen, was sich aber dann im Auktionssaal abspielte übertraf wohl alles.

Die Münze wechselte für 14000,- Euro den Besitzer. Ein bekannter Gallier dürfte sich dazu wohl so äußern. "Die spinnen die Numismatiker"

Das ganze hat wohl sehr viel mit der aktuellen Berichterstattung 2000 Jahre Schlacht im Teutoburger Wald zu tun. Und wenn man sich für solch ein Thema interessiert und begeistern kann, dann kann man sich dem schwer entziehen.

Ich hoffe, daß ich im Sommer mal ein paar Tage Zeit finde, dann werde ich mir das Ganze vielleicht auch mal aus der Nähe ansehen.

Grüsse
 
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