Vormünzliche Zahlungsmittel

bei diesen exotischen Stücken ist es nicht immer einfach die richtigen Begriffe zu finden.
Höllengeld wurde vornehmlich bei Beerdigungen benutzt.
Um dem Verblichenen die Fahrt über den "Hades" - oder wie der heißt - zu bezahlen, wurden Banknoten mit möglichst hohen Werten am Grab verbrannt.
Vor ca. 20 Jahren, als es anfing den Chinesen besser zu gehen, haben sie in Deutschland Inflationsgeld mit Billionen Werten aufgekauft und zuhause auf dem Friedhof verbrannt (man kann sich die heutigen Folgen ausmalen :D)

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davor wurden Seidenpapierblättchen mit eingelegten Gold- und Silberfolien für den gleichen Zweck benutzt

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Die Perlmutt Scheibchen wurden tatsächlich zum Spielen benutzt.
Viele der kleineren mit den durchbrochenen Rändern gehörten sogar in Europa zu den chinesischen Mahjong Spielen.
Die Perlmutt Scheiben stammten von den gleichen Muschelschalen, aus denen damals bei uns die kochfesten Wäscheknöpfe gemacht wurden.

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Die größeren waren teilweise Spielbank Chips - Jetons - Token.
Betrachtet mal die handgearbeiteten Muster und Darstellungen - das hat es seit 100 Jahren nicht mehr gegeben.

Gruß diwidat
 
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In wenigen Stunden können wir den -> dreißigtausendsten "Klicker" in diesem Faden begrüßen -
wer wird es sein - einer der alten Helden? - wird er sich melden?

Vormünzliche Zahlungsmittel, oder wie es volkstümlich genannt wird - das Primitiv Geld - ist nicht nur eine Spielerei gewisser Leute.
Letztens kam mir ein alter Zeitungsartikel in die Hand, der beschrieb, dass "Primitivgeld" keine Erscheinung aus uralter Zeit, sondern auch in modernen Zeiten zu beobachten ist.
Selber habe ich die Notzeit kurz nach dem WWII erlebt, in der die vorhandene Währung als wertlos erachtet und der Handel mit Zigatetten (meistens amerikanischen) beglichen wurde.

Ob Kauri Schnecken (keine Muscheln!) oder Zigaretten, das spielt bei dieser Betrachtung keine Rolle.

Damit die Sammler dieser Geldform nicht ganz alleine da stehen, haben sich einige zu einer Sammlergemeinschaft zusammen geschlossen und nennen ihre Iteressengruppe -> EUCOPRIMO.
Wer gerne "Googelt", findet dort viele Informationen darüber, was diese Leute antreibt sich in einer solchen Vereinigung zusammen zu finden.

Gruß diwidat
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Lust und das Futter sind mir ausgegangen. Meine Sammlung wird nur noch langsam von einer leicht rieselnden Staubschicht bedeckt und wird von meinen "Followern" wohl erst wieder ausgegraben werden müssen.

In den letzten Tagen habe ich einen, zwischenzeitlich pensionierten Lehrer einer Sonderschule getroffen, bei dem ich vor seinen Schülern vor vielen Jahren einen Vortrag über Vormünzliche Zahlungsmittel gehalten hatte.
Da fielen mir wieder die Bilder ein, die damals gemacht wurden und eine Gemeinschaft von behinderten- und nichtbehinderten Kindern zeigen, die mit gespannten Interesse sich das ansahen was mancher Sammler gerne in seiner Kiste hätte.

Das schulische Thema war damals Geld und Bezahlen, mit dem sich die Kinder beschäftigten. Mein Vortrag füllte da gerade eine Lücke in ihrer Arbeit.

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Heute spricht man viel über Inclusion - diese Schule hat es vor fast einem Jahrzehnt schon erfolgreich vorgeführt. Die Kinder könnten unsere eigenen sein.

Gruß diwidat
 
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Hallo Sammler- und Primitivgeld Freunde.
In den nächsten Tagen werden wir hier den vierzigtausendsten, vermutlich sprachlosen Besucher (Klicker) begrüßen können. Zu seiner Ehre gibt es wieder mal einen Beitrag, der etwas von der üblichen Vorstellung von Primitivgeld abweicht, aber genau in dieses Thema passt.
Nochmal für die neu hinzu gekommenen: Primitiv bedeutet hier nicht etwa -> einfach, minderwertig oder etwa billig. Der Begriff ist abgeleitet von ursprünglich, am Anfang stehend. Er wird leider immer wieder missverständlich verwendet.

Der folgende Artikel stammt von einem Kenner der Materie, Herrn Bernhard Rabus, Mitglied der EUCOPRIMO.
Diese Art "Ersatzwährung" war auch im Umlauf, zusammen mit "richtigem" Geld, das es in Amerika zu dieser Zeit schon gab.

„Made Beaver“ Was ist denn das?

In meiner Ausstellung über Vormünzliche Zahlungsmittel in Speyer vor ein paar Jahren hatte ich auch eine Vitrine mit amerikanischen VZ-Artikeln, mit indianischen Pferdedecken, Tabak und Alkohol, Waffen und Werkzeugen und den seltenen Dentalium Schnecken - u.A. von dem Mitbegründer der EUCOPRIMO, dem verstorbenen Herrn Bernhard Götte, der in diesem Thema das auch nicht alles so eng sah. Wenn 1945 ein Hamsterer beim Bauern einen handgeknüpften Teppich gegen zwei Gänse tauschte, waren das für ihn auch Zahlungsmittel.

In der letzten halbjahres Mitteilung des EUCOPRIMO, „Der Primitivgeldsammler“ (was das ist, kann man durch Google erfahren. Neugierige seien gewarnt, das macht süchtig wie sondeln gehen oder Euros sammeln) - hat das aktive Mitglied Bernhard Rabus einen Artikel über die Funktion der Biberfelle in Nordamerika als Zahlungsmittel geschrieben, den ich hier auszugsweise mit einstellen durfte
(siehe auch meinen aller ersten Beitrag in dieser Serie).

Bernhard Rabus beschäftigt sich ausgiebig mit dem Vorkommen Vormünzlicher Zahlungsmittel in Nord Amerika und hat da sehr viel zu berichten.

Das Thema im Primitivgeld im Allgemeinen umfasst also nicht nur Afrika, Pazifik und den gesamten asiatischen Raum, sondern auch ….

Aber sehen Sie selbst ->
AMERIKA
Das Biberfell - Wertmaßstab und Zahlungsmittel in Nordamerika
Bernhard Rabus


Das Fell des nordamerikanischen Bibers (Castor canadensis) spielte paradoxerweise in der europäischen Mode eine große Rolle.
Hier wurde es nicht etwa zu Pelzmänteln verarbeitet, sondern zur Herstellung von Filzhüten verwendet.

Prim-Geld-05.jpg (aus den alten Westernfilmen sind mir solche Zylinderhüte irgendwie geläufig)

Dazu entfernte man die längeren Außenhaare und schabte das darunter liegende fettige Fell ab und machte daraus einen feinen, nahezu wasserdichten Filz, aus dem dann Herrenhüte für alle möglichen Zwecke gefertigt wurden, z. B. Zylinder, aber auch andere Formen. Die Nachfrage regte sich schon zu Beginn des 17. Jahrhunderts und dauerte bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts an, als man begann, Seide für die Hutherstellung zu verwenden. Das war zwar das Ende des Biberfilzes, aber ein Segen für den Biber, der auf dem nordamerikanischen Kontinent nahezu ausgerottet worden war.

Prim Geld 04.jpg

Abgesehen von der katastrophalen Folge erlangte das Biberfell durch diese europäische Hutmode auf dem nordamerikanischen Kontinent zeitweise die Geldfunktionen des Tausch- und Zahlungsmittels sowie des Wertmessers und der Recheneinheit.

Das begann im zweiten Quartal des 17. Jahrhunderts in der ersten englischen Kolonie Virginia und der holländischen Kolonie Nieuw Nederland (mit dem Zentrum Neu Amsterdam, heute New York) und setzte sich durch die englische Gründung der Hudson's Bay Company (HBC) 1670 im heutigen Kanada und quer über den Kontinent bis zum Pazifik fort.

Prim-Geld-02.jpg Karte Neu Amsterdam (heute New York)

Wise (1911:300) berichtet von Virginia „beaver pelts were in use from the first as currency among the settlers“. Er geht davon aus, dass es hier keine Biber gegeben hat und der große Wert der Felle darauf zurückzuführen sei.

Nach Emmons (1911:7 und 1991:55) wollte ein Häuptling der Tahltan Indianer unbedingt ein Schiff der HBC sehen, das an der Mündung des Stikine Flusses (Alaska) im Meer ankerte. Um sicheres Geleit durch das Stikine Gebiet zu erhalten, musste er einem Häuptling 500 Biber Felle zahlen.

Kolonie Nieuw Nederland (Neu Holland)
Nach Henry Hudsons Erkundung kamen 1624 die ersten holländischen Siedler in die Kolonie, in der sich rasch Neu Amsterdam, oder New York wie es ab 1664 heißt, als Zentrum entwickelte (siehe Plan auf Tafel XVIII oben). Auf den Seiten 109 - 111 beschreibt er die jährlichen Ausfuhren an Biberpelzen nach Amsterdam. Die Felle wurden durch die Fländler der holländischen West Indien Companie (WIC) von den Indianern meist gegen wampum eingetauscht (siehe dazu auch Rabus, 2003).

Prim-Geld-01.jpg

Mit Biberfellen konnten Steuern und Löhne bezahlt werden. Aus diesem Grund setzte die WIC den Tauschwert des Biberfells fest. 1656 betrug er 6 Gulden pro Fell (Jacobs 2009:108).

Delage (1993:280) schreibt, dass Lehrer der Kolonie häufig mit einer Mischung aus Geld, Biberfellen und Weizen bezahlt wurden. Shorto (2005:271) zitiert eine Kolonialquelle, nach der eine Art Bürgerrecht in Neu Amsterdam gegen „twenty guilders in beavers“ erworben werden konnte. Jordan gibt schließlich weitere Hinweise auf die Geldfunktion des Biberfells in der Kolonie Neu Holland.

So konnte 1656 die 4%ige Exportsteuer mit Biberfellen zu je 8 Gulden bezahlt werden. Dabei wurde beklagt, dass hauptsächlich Pelze schlechter Qualität verwendet worden seien.

1659 senkten die Direktoren der WIC den Geldwert auf 7 Gulden pro Pelz. 1662 wurde der gleiche Wert für alle Zahlungen der Gesellschaft unterlegt. Jordan zitiert einen Vertrag aus dem Jahr 1661 in dem jemand verspricht, „ninety two good, whole beavers reckoned at eight guilders a piece“ zu zahlen. Er hält es für bemerkenswert, dass der Vertrag ausschließlich auf die Biberfelle abstellt, die rechnerisch ausmachenden 736 Gulden sind expressis verbis nicht darin erwähnt.
Bei Jordan heißt es weiter: „Some contracts allowed for partial payment in beaver and the remaining payment in wampum or wheat or some other commodity money at the beaver rate. The beaver rate seems to have been the one stable element in the commodity exchanges“.

Aus dem Jahr 1682, schon nach der englischen Übernahme der Kolonie, stammt eine gerichtliche Auseinandersetzung, die ein Hilfspfarrer aus Holland angestrengt hatte, weil sein Vertrag für vier Jahre ein Gehalt von 800 Gulden pro Jahr, zahlbar in Biberfellen zu einem rechnerischen Kurs von 8 Gulden pro Stück, vorsah, der Marktpreis der Felle dann aber nur noch knapp fünf Gulden betrug.
So hätte er in der Realität viel weniger bekommen als der Vertragssumme entsprach.
Wenn auch nicht in diesem Umfang, so trat dieses Problem durch die Regulierung des Geldwerts der Biberfelle durch die WIC immer wieder auf.

The Hudson 's Bay Company
Die Gesellschaft wurde 1670 gegründet. Der englische König garantierte ihr das Monopol im Handel mit den Indianern in allen Gebieten, die von in die Hudson Bay mündenden Flüssen entwässert wurden.
Die genauen Grenzen kannte damals niemand, aber es waren Ländereien im Ausmaß etwa eines Drittels des heutigen Kanada (siehe Karte auf Tafel XVIII unten), die bis in den mittleren Westen der heutigen USA reichten. Nach der Fusion mit der North West Company 1821 erstreckte sich das Territorium bis an den Pazifik. Die Säule des Handels mit den Indianern war natürlich der mit Pelzen, insbesondere des Bibers, den es in den wasserreichen Gegenden massenhaft gab. Mit europäischem Geld hätten die Indianer nichts anfangen können, sie wollten ihre Felle gegen europäische Waren tauschen.

Um einen Maßstab für den Tauschwert zu schaffen führte die HBC die „Biber Währung“ ein. Ab 1748 bildeten Biberfelle den anerkannten „Standard of trade“. Alle Waren und ebenso alle anderen Pelze wurden im Verhältnis zu 1 Biberfell bewertet.

Prim-Geld-03.jpg Preisliste der gängigsten Waren in Stück Biberfell

Diese Preise galten für alle Tradingposts der HBC gleichermaßen. „Hudson's Bay Company used the Made beaver as a unit of curreny that could be traded at their posts for various European trade goods. A prime beaver pelt was called a „made beaver“ - a pelt which had already been wom for at least one season and from which most of the long outer hair had wom off.

Gleiches schreibt der 1829 geborene Pelzhändler Joseph McKay: „No coin was necessary in dealing with the Indians. The unit of value was equal to that of a prime beaver skin weighing one pund. This unit was technically called a „made beaver“. The value of other skins was regulated accordingly, each beeing either so many „made beaver“, or so many aliquot parts of a „made beaver“. The value of each article of merchandise given for the furs was regulated on the same principle, each article representing so many „made beavers“, or so many fractions of a „made beaver“.

Moberly, selbst Mitarbeiter der HBC, bezeichnet in den 1850er Jahren „made beaver“ als „the currency of the country“, von Dollars, Cents oder Pfund, Shilling und Pence wußte niemand was.

Er macht dazu ein paar Preisangaben: Ein Pferd kostete 20 „made beaver“, ein Bündel seed beads oder ein Messer 1 mb. 10 Gewehrkugeln oder ein Viertelpfund Schießpulver waren für 1 „made beaver“ zu haben. Andere Pelze wurden ebenfalls gegen „made beaver“ gerechnet. Ein Wolfsfell war ¼ , ein Rotfuchs 1 und ein Silberfuchs 5 Biber wert. Um das noch zu verdeutlichen sind auf Tafeln XX und XXI Preislisten von 1795 aus dem Notebook des Peter Fidler beigegeben.

Etwa 1867 erließ die HBC eine Vorschrift, wonach künftig in Pfund, Shilling und Pence zu rechnen sei. Das führte zu großen Irritationen. Ein langjähriger Angestellter der HBC, Mr. Isaac Cowie, schrieb: Whoever was the Hudson Bay official, who superseded the simple „skin way“ for the „money way“ of trading with Indians, he certainly gave us no end of torment and trouble“.

Zusammenfassung

Ab Mitte des 17. Jahrhunderts bildete das Biberfell über mehr als 200 Jahre hinweg auf dem nordamerikanischen Kontinent ein Tauschmittel mit festem und bekanntem Wert, das zu Zahlungen verwendet wurde.
Im Bereich der Hudson's Bay Company erlangte es zudem als „made beaver“ die Rolle des alleinigen Wertmessers mit dem die Preise aller Waren und auch anderer Pelzsorten ausgedrückt wurden. Die HBC selbst bezeichnet den „made beaver“ als „unit of currency“.

Die 1670 gegründete Hudson's Bay Company betrieb von Anfang an intensiv den Pelzhandel in Kanada (Motto: „pro pelle cutem = Wir riskieren unsere Haut für Pelze“). Aufgrund der immensen Nachfrage in Europa war das ein höchst lukratives Geschäft.

Nach der Fusion mit der Northwest Company dehnte sie ihr Einzugsgebiet bis an die Westküste aus. In den überall verstreuten trading posts der Gesellschaft konnten Indianer und Trapper Tierfelle gegen Waren wie z.B. Gewehre, Munition, Äxte, Kessel etc. tauschen. Um eine möglichst große Einheitlichkeit zu erreichen und zu verhindern, dass die Kunden von einem post zum anderen liefen um zu sehen wo sie die günstigsten Preise bekamen, führte die „Bay“ Biberfelle, die bei weitem den größten Anteil hatten, als Wertmaßstab ein. Die Preise aller Waren, welche die trading posts anboten wie auch andere Fellarten wurden in „made beaver“ ausgedrückt.

Als „made beaver“ galt das gestreckte, getrocknete Fell (siehe oben) eines erstklassigen (prime) ausgewachsenen Bibers. Das musste nach den Angaben der HBC schon eine Saison lang abgenutzt sein und die langen äußeren Haare verloren haben. In Europa schabte man dann die fettige feine „Wolle“ von der Haut und machte daraus den feinsten Filz für Hüte! Sie waren die große Mode.

Im Archiv der HBC findet sich die Preisliste von Fort Albany von 1733. Demnach waren beispielhaft für ein solches Standardfell alternativ zu haben:
1 1/2 (engl.) Pfund Schießpulver, 2 Pfund Zucker, 1 Gallone Brandy, 20 Angelhaken, 12 Nadeln oder 2 Hemden. Für ein Gewehr wurden 10-12, und für eine Pistole 4 Biberfelle verlangt.

Da die Biberfelle jederzeit zu bekannten Werten in Waren „gewechselt“ werden konnten, dienten sie den Indianern verschiedener Stämme auch unter einander als Tauschmittel, also eine echte konvertierbare Währung.

Gut ist ein Zylinderhut, wenn man ihn besitzen tut,
Doch von ganz besondrer Güte sind stets zwei Zylinderhüte ....... (notfalls aus Biberhaar)

Es grüßt freundlichst diwidat
 
Zuletzt bearbeitet:
da komme ich garnicht mehr hinterher, mich für das Interesse an diesem Gerümpelgeld zu bedanken - also DANKE an Alle.
Das Wort "WAMPUM" ist mit Sinn hervor gehoben. Da gibt es noch etwas in meinen Manuskripten, das gerne an die Oberfläche möchte.
wenn ich Lust habe :rolleyes:.
 
Hallo Dieter,

auch ich gehöre zu den (meist stummen und staunenden) Mitlesern Deines Fadens hier.

Es ist interessant und manchmal auch ein wenig schräg, was da alles als Zahlungsmittel umgelaufen ist.

Die Zahl der auf vormünzliche Zahlungsmittel spezialisierten Sammler dürfte wohl recht überschaubar sein. Mancher wird sich aber sicher das eine oder andere Stück als Sammlungsergänzung zulegen. Bei meiner Tierhaarallergie dürfte ich mit den Biberfällen aber sammeltechnisch an meine Grenzen kommen. Außerdem passen die nicht in die Standard-Münzkapseln...;)

Mach aber bitte Dein Engagement nicht von der Menge der Applaudierenden abhängig. Ein kleines Häuflein Interessierter folgt Dir auf jeden Fall in die Abgründe numismatischer Randgebiete! :)
 
Um mal diesen sehr interessanten Beitrag ein wenig zu erweitern: macht ihr euch eigentlich auch schon Gedanken über das Thema "Nachmünzliche Zahlungsmittel"?

Langsam aber sicher ist Bargeld immer mehr auf dem Rückzug und wird durch andere Zahlungsformen verdrängt. Was kann und sollte man "für die Nachwelt" aktuell sammeln oder beiseite legen?
 
Das ist eine gute Idee und ich würde Dir empfehlen, einen eigenen Thread dazu zu eröffnen, der für heiße Diskussionen sorgen dürfte...;)
 

und noch ein vormünzliches Zahlungsmittel gefunden -


In meinem Beitrag weiter oben, über das vormünzliche Zahlungsmittel „made beaver“ an der Ostküste von Nord Amerika, tauchte der Begriff WAMPUM auf, der ein ursprüngliches (primitives) Zahlungsmittel der Irokesen-Indianer beschreibt, die hauptsächlich im süd-östlichen Bereich
des Ontario Sees lebten.

Zu den traditionellen Zahlungsmitteln der Indianer Nordamerikas zählen verschiedene Schnecken- und Muschelschalen, Specht Skalpe, Federn, Steinperlen, Häute, Felle, Decken und Kupferplatten. Art und Weise der Verwendung hingen von den regionalen Gegebenheiten ab.

Bei vielen Stämmen entlang der Ostküste und den angrenzenden Gebieten waren das sogenannte Wampum im Zahlungsverkehr zu finden. Wampum waren weiße und dunkel-violette Perlen von zylindrischer Form.
Die weißen Perlen fertigte man aus der Spindel einer Seeschnecke, die violetten aus einer Venus-Muschelart. Violette Perlen wurden meist höher bewertet als weiße.

Wampum-Schnecke-Muschel.jpg

oben links: Die Busycon canaliculatum erreicht in Amerika eine Größe von ca. 18 cm. Aus der inneren Spindel werden weiße wampum hergestellt.
mitte Bilder: Die Innenseite der der Mercenaria mercenaria (ca. 9 cm Durchmesser), auch als quahog bekannt, hat eine purpurne Verfärbung und wird zur Herstellung purpurfarbener wampum benutzt.
unten links: Werkbank eines wampum Herstellers.


Schon vor Ankunft der Europäer war Wampum an der Ostküste bei den Algonkin-Stämmen und im Hinterland bei den Irokesen und Huronen im Verkehr. Seine feste Verwurzelung in der materiellen Kultur der Stämme im Hinterland zeigt sich unter anderem daran, dass der sagenhafte Gründer des Irokesenbundes „Haion’-hwa’tha“ (er macht Wampumgürtel), genannt wurde (=bei meinem Aufenthalt in Amerika, in NewJersey, habe ich in einem Ort mit dem Namen „Lake Hiawatha“ gewohnt. Es war altes Indianer Gebiet).

Neben der Funktion als Zahlungsmittel benutzte man Wampum in Form von Gürteln zur Nachrichtenübermittlung, als Zeichen von Freundschaft und als Pfand beim Abschluss von Verträgen. Bei wichtigen Sätzen einer Rede wurden Wampum Schnüre oder -Gürtel zur Bekräftigung des Gesagten überreicht. Sie waren daher bei jeder Ratsversammlung notwendig.
Als Geld diente Wampum nur in Form von Schnüren.

Wampum-Perlen.jpg

oben: Weiße und purpurne Wampum Perlen mit von Hand und primitiven Werkzeugen gebohrten Mittel-Bohrungen.
mitte: Wampum Perlenschnur (das Bild hat falschen Weißabgleich!)
unten: Wampum Gürtel. Sie werden nicht als Geld benutzt, sondern zur Ehrung, Besiegelung / Bestätigung (bei Verträgen) und zeremoniellen Gelegenheiten.


Die europäischen Siedler passten sich dem Brauch an, bei jeder Verhandlung mit den Indianern Wampum zu überreichen. In einigen Gebieten war es darüber hinaus offizielles Zahlungsmittel. Die Anpassung der Kolonisten ging so weit, dass sie Wampum nicht nur benutzten, sie begannen es auch selbst herzustellen.
Dies hatte einige negative Folgen: Zum einen drängten sie die Indianer als Produzenten vom Markt, zum anderen führte die mit Hilfe von Maschinen erzeugte Massenproduktion dieser bis dahin über Generationen stabilen Geldform zu erheblichen Wertverlusten. Hinzu kam noch, dass venezianische Glasperlen in großen Mengen eingeführt wurden, die zusätzlich die wirtschaftliche Bedeutung von Wampum negativ beeinflussten.

Wampum-Geldkette.jpg

Wampum Perlen wurden schon vor langer Zeit an der Nordamerikanischen Ostküste von einigen küstennahen Algonkin-Indianerstämmen in heutigen Neu England Staaten und auf Long Island hergestellt und verwendet.

Seitens der Irokesen (Seneca, Cayuga, Onondaga, Oneida, Mohawk) im heutigen Staat New York bestand große Nachfrage, da sie wampum zeremoniell nutzten und auch zu Gürteln verarbeiteten, mit denen wichtige Ereignisse dokumentiert wurden. Die Kolonie Neu Holland mit dem Hauptsitz im heutigen New York (ab 1624) machte sich das zunutze. Sie stattete die Algonkin auf Long Island mit Metall-Werkzeugen aus und
zwangen sie zu erhöhter Produktion.

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oben: Ein Clan (Großfamilie) der Indianer am Ontario See. Das Foto ist im April 1914 aufgenommen,
zu einer Zeit, als Deutschland in der 1. Weltkrieg ging!
links unten: Ein Irokesen Jamboree, erkennbar an den Typischen Haartrachten der Irokesen.
unten mitte: Ein Indianer Häuptling mit seinem gesamten Vermögen an Wampum um den Hals.
unten rechts: Eine Versammlung der regierenden Häuptlinge (Ministerpräsidenten) der vereinigten Indianerstämme (Five Nations) süd-östlich des Ontario Sees mit ihren zur Ehrung verliehenen Wampum Gürteln. (die Indianerstämme wurden demokratisch verwaltet, die Frauen hatten das Sagen!)


Das in Long Island produzierte Wampum wurde den Hudson River hinauf transportiert und bei den Irokesen gegen Pelze, vor allem des Bibers, getauscht. Dazu wurde im Gebiet der Mohawk das Fort Albany gegründet.

Ein finanzielles Problem der jungen Kolonien bestand in der Knappheit an Silbermünzen der Mutterländer Holland und England. So führten sowohl die holländischen als auch die englischen Kolonien wampum als gesetzliches Zahlungsmittel ein. Das galt etwa zwischen 1630 und 1660.

Wampum-Karte-Irokesen.jpg

oben: Die Lebensbereiche der einzelnen Indianerstämme am Ontario See.
unten links: Übersicht Eri See und Ontario See.
unten rechts: Karte aus der Zeit der Besiedelung Amerikas durch den „Weißen Mann“.


Die Parität der Wampum-Perlen zum holländischen Styver und zum englischen Penny wurde jedes Jahr gesetzlich neu festgelegt. Dabei galten die violetten Perlen meist doppelt so viel wie die weißen. Die Westindische Compagnie entlohnte ihre Angestellten sogar mit wampum. Die Kaufkraft gegenüber den Silbermünzen konnte lange Zeit einigermaßen stabil gehalten werden, obwohl Angebot und Nachfrage Schwankungen unterlagen. Der tatsächliche Wertträger des Wampum war die Gewissheit, dass es jederzeit mit den Indianern gegen das begehrte Biberfell getauscht werden konnte. Für die Irokesen und die Algonkin hatte wampum vor allem zeremonielle Bedeutung.

Wie auch andere, z. B. die Powhatan im heutigen Virginia, benutzten sie wampum zur Zahlung des Brautpreises sowie als Wergeld zur Sühne von Blutschuld und zur Beilegung von Konflikten. Beim damit verbundenen Gabentausch hatte es nach Mario Schmidt (2014) Geldcharakter. Für die weißen Siedler war es mehrere Jahrzehnte hindurch reguläres Geld.


Wampum-Perlen (Bild oben), weiß und violett, Länge jeweils ca. 6 mm, Durchmesser 3 mm.
Gefunden in Seneca, Staat New York, USA (die Fundstelle war 1630-1655 bewohnt).
Der Begriff wampum ist eine Verballhornung des Algonkin Wortes wampumpeage, das übersetzt „ Stränge von weißen Muschelperlen" bedeutet. Die weißen Perlen wurden aus der Spindel der Meeresschnecken Busycon carica und Busycon canaliculatum hergestellt, die purpurfarbenen ausschließlich aus der Schale der Muschel Mercenaria mercenaria.

Beide Perlenarten sind etwa 6 mm lang. Große Nachfrage nach wampum-Perlen bestand seitens der Irokesen (= Liga der fünf Nationen: Seneca, Cayuga, Onondaga, Oneida, Mohawk; Siedlungsgebiet südlich und südöstlich des Ontario-Sees), die als schriftloses Volk alle Abkommen und Verträge (auch mit den Weißen) durch „Gürtel" aus Wampum-Perlen dokumentierten. Es sind solche Gürtel mit bis zu 9000 Wampum-Perlen bekannt.

Die frühen holländischen und englischen Siedler im heutigen New York (1609 als Neu-Amsterdam" gegründet) versorgten die ihnen benachbarten Indianer mit Metallwerkzeugen und drängten sie zur wampum-Produktion. Dieses wampum tauschten sie mit den Irokesen gegen Pelze, die sie nach Europa schickten. Zu diesem Zweck gründeten sie den Hudson aufwärts Fort Orange, das heutige Albany. Das Kuriose an den Wampum-Perlen ist die Tatsache, dass sie den holländischen ebenso wie den englischen Siedlern in New York im 17. Jahrhundert über Jahrzehnte hinweg als gesetzliches Zahlungsmittel (legal tender) dienten. Jede Schuld bis zu 40 Shilling konnte mit wampum bezahlt werden. Der Grund dafür lag in der
Knappheit von Silbermünzen, die von den Mutterländern nicht im notwendigen Umfang zur Verfügung gestellt wurden. Angesichts ihrer Handlichkeit, Gleichartigkeit, Teilbarkeit und Dauerhaftigkeit boten sich die wampum-Perlen als Kleingeldersatz an. Dazu kamen die kontrollierbare Produktion und die stabile Nachfrage.

Die Parität der wampum-Perlen zum holländischen Stuiver bzw. zum englischen Penny wurde jeweils durch Verordnung festgelegt. Zwischen 1640 und 1655 beispielsweise schwankte die Parität zwischen 6 und 8 weißen wampum-Perlen für den holländischen Stuiver. Purpurfarbenes wampum war dabei immer doppelt so viel wert wie das weiße. Die letzte Nachricht über die offizielle Annahme von wampum als Geld stammt aus dem Jahr 1693, als der Fahrpreis für die Fähre zwischen Brooklyn und New York mit wahlweise 8 Stuiver in wampum oder 2 Pence in Silber entrichtet werden konnte.
Heute noch ist das Wort "wampum" im amerikanischen Slang ein Synonym für Kleingeld.

Im Westen von Nordamerika gab es zur gleichen Zeit ähnliche vormünzliche Zahlungsmittel, wie z.B. die Dentalium Schnecken oder Scheiben aus der Haliotis Muschel. Das ist aber wieder ein ganz anders Kapitel.

Mein Dank geht an Herrn Bernhard Rabus von der EUCOPRIMO (EUROPEAN UNION TO SEARCH FOR, COLLECT AND PRESERVE PRIMITIVE AND CURIOUS MONEY - Primitivgeld-Sammler kennen das, die anderen schauen sich das mal unter Google an), der mir Zugang und Nutzung seinen Veröffentlichungen erlaubte.
 
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