1648

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1648 - das Jahr des Friedens?
Wie sicherlich vielen Interessierten bekannt ist, wurde 1648 mit dem in Münster und Osnabrück geschlossenen Westfälischen Frieden der 30-jährige Krieg beendet. Dieser Krieg war die zweite große Katastophe in der Geschichte Deutschlands nach der Pestepidemie in der Mitte des 14. Jahrhunderts.
Historiker schätzen die Einwohnerzahl Deutschlands vor dem dem Beginn des Krieges 1618 auf etwa 17 Millionen. Um 1650 lebten davon gerade noch 10-13Millionen Menschen. Das bedeutete einen Bevölkerungsverlust von annähernd 30-40%. In dieser Relation verblassen sogar die Verluste des Zweiten Weltkrieges.
Während der vierjährigen Verhandlungen haben 180 europäische Delegationen nicht mit, sondern über Deutschland verhandelt und als Ergebnis kam es zur Zertrümmerung des Reiches. Nach den Bestimmungen des Vertrages mußte der Kaiser auf den letzten Rest seiner Reichsmacht verzichten. Die deutschen Länder erhielten das Recht, untereinander und mit ausländischen Mächten Bündnisse zu schließen, Bestimmungen, welche die Handschrift des französischen Kanzlers Richelieu trugen. Während Deutschland so in einer "konstitutionellen Anarchie" versank, begannen sich die Niederlande, Frankreich, England und Russland mit zentralen Regierungen zu modernen Staaten auszuformen. Die Souveränität der deutschen Länder führte zu einer Verschärfung ihrer Rivalität untereinander. Frankreich nutzte diese Möglichkeit zur willkommenen Einmischung. Fortan wurden daher die meisten Kriege auf deutschem Boden ausgefochten.
Dem 1648 ratifizierten Vertragswerk folgten zwei Jahre später die Nürnberger "Exekutionsrecesse", heute würde man sagen "Ausführungsverordnungen", deren Abschluss Anlass zur Ausgabe der unten gezeigten Medaille war. (Durchmesser 49mm, Fwicht 24g, Umschrift Avers: GERMANIUM REDIVIVA REDIT CONCORDIA IN ORBEM, Revers: CORDA MONARCHARUM QUAE TRIA PACE LIGAT)

Der Reichstaler mit dem Porträt von Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg-Preußen (1640-1688), dem "Großen Kurfürsten", wurde im denkwürdigen Jahr 1648 in Berlin geprägt. Avers: FRIDERICus WILHelmus Dei Gratia MARcio BRandenbrurgicus Sacri Romani Imperii ARChicamerarius, Revers: ELector PRussiae JUliaci CLiviae MONtis POMeraniae Crossenensis Carnoviensis IN Silesia DUX, (Dav. 6182)

In einer Flugschrift aus dem Jahre 1658 schreibt Friedrich Wilhelm:

Ehrlicher Teutscher, dein edles Vaterland war leider bei den letzten Kriegen unter dem Vorwande der Religion und Freiheit gar jämmerlich zugerichtet und an Mark und Beinen dermaßen ausgesogen, dass von einem so herrlichen Corpore schier nichts übrig verblieben als das bloße Skeleton. Wem noch einig teutsch Blut umb sein Herz warm ist, muss darüber weinen und seufzen. .....Wir haben unser Blut, wir haben unsre Ehre und Namen hingegeben und nichts damit ausgerichtet, als dass wir uns schier zu Dienstknechten fermbder Nationen berühmet und des uralten hohen Namens verlustig wurden. Was sind Rhein, Weser, Elbe und Oderstrom nunmehr anders als frembder Nationen Gefangene?..... Mir.... sind diese Dinge wohlbekannt habe sie dahero wollen kommunizieren, damit man dich mit anderen Berichten nicht länger äffen und ohne Grund der Wahrheit ewig blind herumleiten möge....".

Deutlicher kann man wahrlich nicht ausdrücken, was Wissende damals vom "Westfälischen Frieden" gehalten haben.
Gruß
corrado26
 

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Corrado26,

da hast Du wieder einmal einen schönen geschichtsträchtigen Aufsatz zu Münzen der teutschen Geschichte geliefert.

Alle Achtung, wäre schön wenn Du ab und zu weitere interessante zeitgeschichtliche Beiträge mit Münzhintergrund schreibst.

Vielen Dank.
 
Vielen Dank für den kleinen Exkurs in die Geschichte und Deine, wie immer wunderschönen Taler und Medaillen.

Fortan wurden daher die meisten Kriege auf deutschem Boden ausgefochten.

Wie wahr, wie wahr. Gerade unser süddeutscher, "rheinnaher" Raum hatte schwer zu leiden. Zog bereits während des 30jährigen Krieges jeder Landsknechthaufen durchs Land hindurch, so ging es danach mit den sog. Franzosenkriegen erst so richtig rund (z.B. Ludwig XIV: Verbrennt die Pfalz).

Die statistischen Daten über den "Bevölkerungsschwund" während des 30jährigen Krieges sind insoweit zu relativieren, als viele Gegenden kaum unter dem Krieg zu leiden hatten, andere dafür umso mehr. 40% im Schnitt bedeuten eben, dass in manchen Landstrichen bis zu 80% der Bevölkerung dem Krieg zum Opfer fielen.
 
als kleines Beispiel:
ich habe mal Kirchenbücher in der Göttinger Gegend durchgesehen, die teilweise bis vor dem Krieg zurückgehen.
In manchen Orten war nach Tillys Durchzug in den 1620ern erstmal einige Jahre Pause, dann erschienen völlig andere Familiennamen als vorher, die ursprünglichen Einwohner waren also offensichtlich tot (sonst wären sie als Bauern zurückgekommen).

Gruß
Archimedes
 
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