Augen auf beim Internet-Kauf

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In letzter Zeit häufen sich hier irgendwie die Threads, in denen von (meistens neuen) Usern unwissentlich Fälschungen, Nachprägungen etc. ersteigert wurden bzw. die nie eine Lieferung erhalten haben, beim Porto besch... wurden und und und ....

Dann wird wieder übers Internet im Allgemeinen und Ebay im Besonderen geschimpft und über die ganzen unseriösen Verkäufer hergezogen. Leider gibt es einige schwarze Schafe, die sich in der Herde der Anbieter verstecken und dort ihre Spielchen treiben. Es ist auch traurige Realität, dass seitens der Plattform-Betreiber in aller Regel überlang zugeschaut wird, bevor ein unseriöser / betrügerischer Anbieter endlich mal gesperrt wird. Die einfachste Möglichkeit ist da natürlich, alle in einen Sack zu stecken und draufzuhauen, da ja nach Meinung mancher Leute sowieso kein falscher getroffen wird.

Dabei sind weit über 90% der Anbieter - ob nun gewerblich oder privat - absolut korrekte Leute, bei denen man problemlos kaufen kann. Und genügend der restlichen Anbieter machen lediglich aus Unwissenheit Fehler in der Beschreibung, nehmen nach kurzem Kontakt aber den Artikel problemlos zurück oder es lässt sich eine befriedigende Lösung finden. Nur ein sehr kleiner Kreis ist wirklich unseriös oder gar auf Betrug aus.

Auf die allermeisten dieser schwarzen Schafe kann aber selbst ein Laie bei Berücksichtigung einiger Vorsichtsmaßnahmen nicht hereinfallen. Die alten Hasen wissen sowieso, worauf es ankommt: Zum einen auf Erfahrung (die den Neulingen fehlt), zum anderen auf die Beachtung gewisser Grundregeln.

Daher habe ich diesen Thread eröffnet, um für diejenigen, die es wirklich lesen und auch berücksichtigen wollen, aus eigener Erfahrung einige Grundregeln für Internetkäufe zusammenzustellen. Denjenigen, die sich nicht informieren wollen, kann sowieso keiner helfen. Die sind selbst schuld und haben halt Pech gehabt.

Damit nichts Wichtges ausgelassen wird, wäre die Mitarbeit einiger anderer erfahrener User sehr gewünscht. Konstruktive Kritik natürlich auch.

Hier mal die wichtigsten Punkte:

1) Bewertungsprofil

Viele positive Bewertungen sagen alleine noch nichts über einen Verkäufer aus, sie sind nur ein Indiz dafür, dass dieser ehrlich auftritt. Die neutralen und negativen Bewertungen sind hingegen oft sehr informativ. Der Forumsbetreiber bietet ein nützliches Tool an, mit dem man sich diese gezielt anzeigen lassen kann:

http://www.emuenzen.de/forum/goto/post?id=291145

Nachdem es unter den Käufern leider ebenfalls einen gewissen Prozentsatz an Chaoten, Idioten und Betrügern gibt, können da natürlich auch Rachebewertungen dabei sein. Ein Verkäufer mit mehreren verschiedenen negativen Bewertungen sollte aber schon näher betrachtet werden, bevor man bietet. Ist es zudem ein relativ neues Mitglied mit insgesamt wenigen Bewertungen, ist Vorsicht geboten.

Verkäufern mit Hunderten oder gar Tausenden positiven Bewertungen kann man in aller Regel vertrauen, zumal wenn es gewerbliche Anbieter sind. Bei unter 99.9 % schadet es aber trotzdem nicht, mal kurz nachzuschauen und sich selbst ein Urteil zu bilden. Bei neuen Verkäufern mit null Bewertungen oder nur sehr wenigen sollte man auch genauer hinschauen, auch wenn nichts Negatives aufscheint (kann ja noch kommen). Näheres dazu siehe 2)

Also bei folgenden Verkäufern aufpassen:
- Mehrere oder sogar viele verschiedene negative bzw. neutrale Bewertungen
- und/oder insgesamt nur wenige Bewertungen
- und/oder neues Mitglied

Ein weiteres Indiz, dass mit einem Verkäufer was nicht stimmt, sind viele "einvernehmlich" zurückgenommene Bewertungen. Beispiel: hesse-cassel

2) Artikelbezeichnung und -beschreibung

Hier wird es nun richtig kompliziert. Es gibt so viele verschiedene Schliche, dass ich das nur mal auf den numismatischen Sektor beschränken möchte.

Es ist allgemein wichtig, genau zu lesen und mitzudenken! Last-Minute-Käufe mögen zwar interessant sein, es muss aber genug Zeit zum Lesen (und Verstehen!) bleiben. Viel unnötiger Ärger entsteht oft schon dadurch, dass der Käufer gar nicht genau erkannt hat, auf was er eigentlich bietet. So mancher korrekte Händler kann da ein Liedchen von singen. Z.B. wurde mir letztens erzählt, dass jemand eine Münze ersteigert hatte und sich nach Erhalt der Sendung darüber beklagte, wo denn die ersteigerte Postkarte! sei. Auch wichtig: Käufe im fremdsprachigen Ausland sollte man nur dann tätigen, wenn man der Sprache wirklich mächtig ist.

Ich setze hier natürlich voraus, dass sich jeder vor dem Kaufen darüber informiert hat, was er eigentlich will und wie das Gewünschte überhaupt aussieht. Wenn ich z.B. einen Taler kaufen möchte, sollten so Sachen wie Größe, Gewicht, Material, genaues Aussehen etc. bekannt sein. Von der richtigen Erhaltungseinschätzung ganz zu schweigen. Wer noch nicht mal in Grundzügen echt von falsch unterscheiden kann, braucht gar nicht mehr weiterzulesen! Da empfehle ich die Rubrik "Literatur" sowie intensives Studium dieses Forums! ;)

Was ist bei einem Angebot also wichtig:

- eindeutige Artikelbezeichnung
- eindeutige, genaue Beschreibung
- Echtheitsgarantie (oder klare Aussage, dass es eine Fälschung bzw. NP ist)
- Widerrufsrecht, Gewährleistung, Rücknahme etc. (bei gewerblichen Anbietern)
- Klar erkennbare, reelle Portokosten
- Artikelstandort und Account (angemeldet in...) stimmen überein

Wenn ich schon überlegen muss, was der überhaupt anbietet: Finger weg!
Echtheit wird ausdrücklich nicht garantiert oder "kenne mich nicht aus": Finger weg!
Überhöhtes Porto, hohe Aufschläge bei weiteren ersteigerten Artikeln: Finger weg!Angemeldet in D, Artikelstandort z.B. China oder umgekehrt: (grundsätzlich) Finger weg!
Keine oder unzureichende/ausweichende Antwort auf Fragen: Finger weg!

Zum Artikelstandort sei aber noch angemerkt, dass es durchaus einige korrekte Anbieter gibt, die einen deutschen Account haben und aus dem Ausland versenden. Diese geben tatsächlich die exacten, richtigen Daten an und erklären sich zusätzlich in der Artikelbeschreibung. Viele private Verkäufer geben keinen genauen Artikelstandort an, was an und für sich kein Problem ist, solange alles andere (s.o.) stimmt.

Zum Thema irreführende bzw. betrügerische Beschreibungen sollten vielleicht ein paar unserer Spezialisten (für Euro, Taler, FP...) aktuelle Beispiele posten. Vor allem häufigere Maschen (wie die mit den 3 Vatikansätzen) sollten hier aufgeführt werden.

3) Probleme nach Auktionsende

Manchmal merkt man erst nach Auktionsende, dass etwas faul ist (wenn man denn schaut):

- unvollständige oder offensichtlich falsche Kontaktadresse hinterlegt
- Verkäuferdaten stimmen nicht mit der Bankverbindung überein (anderer Name)
- Eingeschriebener bzw. versicherter Versand wird nicht akzeptiert

Die ersten beiden Punkte stellen klare Verstösse gegen die AGB von so ziemlich jeder Auktionsplattform dar. In solchen Fällen gibt es nur eins: Vom Kauf zurücktreten und den Betreiber informieren. Ich selbst war früher in zwei Fällen dumm genug, trotzdem zu zahlen und hatte beide Male einen Riesenärger! Ausserdem verliert man vielleicht den Käuferschutz (z.B. bei Paypal).

Akzeptiert ein Verkäufer trotz ausdrücklichen Wunsch keinen eingeschriebenen bzw. versicherten Versand, kann ich ebenfalls nur empfehlen vom Kauf zurückzutreten, auch wenn es wehtut. Dieses Problem stellt sich nämlich öfters, wenn ein Artikel sehr günstig ersteigert wurde...

Dann hätten wir noch das Pushen. Hier muss jeder selbst wissen, wie er es halten mag. Ich schätze es nicht, gepusht zu werden, aber meistens merkt man es gar nicht (aber wehe, wenn ich es merke...). Wenn man sich ein bestimmtes Limit setzt und nicht drübergeht, fährt man am besten. Wirklich extreme Pusher landen früher oder später in einem eigenen Thread...

4) Probleme nach Lieferung, nicht erfolgte Lieferung

So, nun ist das Kind schon in den Brunnen gefallen, wie bekommen wir´s wieder raus?

Erster Schritt muss immer sein, einen vernünftigen, sachlichen Kontaktversuch mit dem Verkäufer zu unternehmen. Viele Missverständnisse oder berechtigte Beanstandungen lassen sich unter Erwachsenen auf normalem Wege klären. Bei gewerblichen Händlern geniesst der Käufer abgesehen davon umfangreiche Rechte, auf denen man nur bei sehr wenigen Händlern nachdrücklich bestehen muss. Ausserdem kommt es einfach immer wieder vor, dass eine Sendung verloren geht oder gestohlen wird, das ist nicht automatisch die Schuld des Verkäufers.

Festgefahrene Gespräche kommen im übrigen schnell wieder in Schwung, wenn das Problem hier im Forum gepostet wird bzw. man dies dem Verkäufer vorher ankündigt. Manche (Servus Michi!) brauchen das einfach. Viele gewerbliche Händler lesen hier mit oder sind selbst angemeldet, und negative Publicity mag keiner.

Wenn allerdings wirklich der Verdacht aufkommt, dass ein Verkäufer unseriös oder gar betrügerisch handelt und keine einvernehmliche Lösung möglich ist, hilft oft nur noch der Gang zum Rechtsanwalt oder zur Polizei. Dazu kann ich keine pauschalen Tipps geben, im Einzelfall sollte der Betroffene hier einen eigenen Thread aufmachen und sein Problem schildern (auch als Warnung für andere!).

Allerdings hoffe ich, dass meine umfangreiche „Gebrauchsanleitung für Internet-Schnäppchenjäger“ das eine oder andere Mal dafür sorgt, dass ein potentieller Bieter sich bereits bei Punkt 2) einen anderen Verkäufer sucht oder spätestens bei Punkt 3) aussteigt, wenns ihm spanisch vorkommt.

Gruß Razorback
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn allerdings wirklich der Verdacht aufkommt, dass ein Verkäufer unseriös oder gar betrügerisch handelt und keine einvernehmliche Lösung möglich ist, hilft oft nur noch der Gang zum Rechtsanwalt oder zur Polizei. Dazu kann ich keine pauschalen Tipps geben, im Einzelfall sollte der Betroffene hier einen eigenen Thread aufmachen und sein Problem schildern (auch als Warnung für andere!).

erst mal respekt und danke für die mühe, die du dir gemacht hast. mögen viele das beherzigen.

zu rechtsanwalt und polizei kann ich aber einen tipp geben:

grundsätzlich erstmal zu den grünen jungs marschieren. jemanden anzeigen kostet nichts und die polizei verfolgt (vorsätzlichen) betrug immer. man sollte sich seiner sache aber sicher sein: jemanden zu unrecht anzeigen kann üble folgen für den anzeigenden nach sich ziehen. und vorher sollte man mindestens zwei mahnungen verschickt und eine endgültige frist für die lieferung gesetzt haben.
 
Auch wenn die Rahmenbedingungen alle stimmen - Lasst euch nicht auf die kleinen und schlechten Bilder ein - oder auf einen hohen Gebotspreis, den - Pusher oder nicht - andere schon bereit sind für das Stück zu bezahlen.

Kauft keine Münzen bei ebay (auch nicht bei 95% der Händler dort), die sehr stark fälschungsgefährdet sind (Bsp. goldene Kaiserreich-Fünfer), oder wo bekannt ist (informieren!), dass es viele hervorragende Fälschungen davon gibt. (Beispiel Schweiz, 5 Franken 1888-1916) - Da sieht man auch auf Bildern nix - das Gewicht und der Durchmesser stimmt, und die Münze ist dann trotzdem falsch.

Fordert detaillierte Scans an, mindestens 600dpi oder 1200dpi bei Scans oder scharfe professionelle Fotos. Wenn der Käufer sagt, kann ich nicht, hab ich nicht, lasst es lieber. Für fast alle Münzen die man angeboten bekommt, oder bereits in der Sammlung liegen hat, gibt es irgendwann später garantiert eine bessere Gelegenheit (besseres Stück, günstigerer Preis oder beides). Lasst euch also Zeit mit dem Münzkauf, Zeit ist Geld (wer da Zeit spart, zahlt anderswo drauf)

Gruss,
jeggy
 
Ich habe letztens einen gewerblichen Verkäufer gefunden mit rund 48000 Verkäufen und 98,8% positive Bewertungen (in den letzten 2,5 Jahren 193 negative Bewertungen). Was man ohne spezielle Hilfen allerdings nicht sehen konnte: in den letzten 2,5 Jahren über 40 mal die Mitgliedschaft beendet, der normale Betrachter sieht aber nur eine einzige langjährige Mitglidschaft. (ob da nicht aus Profitgier gemauschelt wird?) :rolleyes:
Ungeachtet dessen verstehe ich nicht, dass allein die sichtbare Bilanz die Käufer nicht abschreckt, denn es geht munter weiter :eek:, wohl in der Hoffnung, nicht zu den vielen verärgerten Kunden zu gehören.:lachtot:
 
Klasse Artikel, bravo Razor !

Noch eine Ergänzung aus meiner Sicht, die nicht jeder von Euch teilen wird: Ich meine, gut damit gefahren zu sein, daß ich bei den teureren Käufen darauf achte, daß der Anbieter eine Schule besucht hat. Grausliges Dummdeutsch, Ausrufezeichen hinter jedem Wort, sonst aber keine Interpunktion, aufdringliche Flacker- und Laufschriften, überhaupt geschmacklose Präsentation des Artikels - das reicht schon, um mich mißtrauisch zu machen. Ich weiß ja, daß das nicht in jedem Fall etwas aussagt, aber nach meiner Erfahrung sind dumme Menschen auch die, die am ehesten Ärger machen. Mindestens verrät eine schlampige Auktionsbeschreibung, daß der Verkäufer sich keine Mühe gibt. Dann ahne ich schon, wie er bei Problemen reagieren wird.

Positiv wirken auf mich Humor und Sachkunde. Mein Ibeh-Vorbild ist Digga from Dover, den sicher viele von Euch kennen.
 
Sehr gut Razor!

Wer nicht auf Fragen antwortet oder nur unzureichend... Finger weg!

Artikelstandort China ... Vorsicht (in China werden inzwischen auch Münzen mit Katalogwerten von 2 bis 6 Euro produziert)!
 
Chinesische (Münz-)Anbieter sind vor allem bei Ebay generell ein Problem. Man kann sie allgemein in drei Gruppen einteilen:

- nur Fälschungen und billigst gemachte NP im Angebot
- überteuertes, höchstwahrscheinlich sämtlich falsches Zeug im Angebot
- echte Münzen, aber nur den letzten Schrott im Angebot

Ich weiß im Moment nur einen chinesischen Account der es lohnt dort zu kaufen, es gibt aber wohl schon noch einige mehr. Dafür weiß ich wiederum, dass etliche chinesische Händler in Europa den ganzen Ramsch aufkaufen und bei sich weiterverhökern.

Aber auch hier gelten die oben aufgeführten Punkte. Wer weiß, was er tut kann auch mit einem Chinesen gute Geschäfte machen. Aber wie auch schon oben erwähnt:

Käufe im Ausland erfordern sehr gute Sprachkenntnisse (mindestens Englisch) und noch mehr: Erfahrung.

Gruß Razorback
 
Zuletzt bearbeitet:
Nicht zu vergessen: Es sollte - zumindest bei höherwertigen Artikeln - ein echtes Foto in der Auktion sein, kein Muster, daß von irgendeiner Homepage runtergeladen ist. Wer 20 Goldis verhökert und das Bild von der Homepage der VfS Weiden in der Auktion hat, erscheint mir gleich suspekt.
Dies gilt insbesondere im Bereich Handy´s Fernseher etc. Da gibt es mehr virtuelle als echte Ware.
 
noch ein kleiner Beitrag von mir zu diesem wirklich guten Thread.

Das Bewertungsprofil nicht nur nach gut und schlecht, sondern auch den bisher versteigerten Artikeln durchleuchten (geht bis zu 3 Monate zurueck). Wenn jemand neben Handys und Jeans ploetzlich eine seltene Münze anbietet, dann bin ich eher skeptisch.
 
@lordlindsey

Da spricht der Fachmann.;) Das mache ich genauso, denn damit kann man beurteilen, ob einer tatsächlich unwissend ist oder sich nur dumm stellt.

Das ändert aber nichts daran, dass die Beschreibung passen und der potentielle Käufer Ahnung haben muss. Echt oder falsch können viele Laien nicht unterscheiden und stellen ihren "Dachbodenfund" :D einfach mal ein um zu sehen, was passiert. Tendenziell ist es eher Mist, aber nicht immer. Im Zweifelsfall gezielt nachfragen oder besser gleich wegklicken.

"Mut zum Risiko" ist jedenfalls zu 99% die falsche Entscheidung.

Gruß Razorback
 
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