Die letzten Ritter

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Als am 5. Dezember 1871 mit der Mark eine gemeinsame Reichswährung geschaffen wurde, war die Einigung Deutschlands in monetärer Hinscht fast verwirklicht . Ausgerechnet Hamburg jedoch , dessen Währung Pate für den Namen des neuen Geldes gestanden hatte, blieb der Mark fern und hielt an seiner Mark Banco fest. Erst am 1. Januar 1875 wurde der Stadtstaat Teil des gemeinsamen Währungsgebietes. Dessen ungeachtet kam es in dieser Zeit zweimal zur Ausprägung eines goldenen Zehnmarkstückes auf dem Fusse des Reichsmünzengesetzes von 1871. Wie sind diese Prägungen zu erklären ?

Gold spielte in der Hamburger Ausmünzung seit jeher eine grosse Rolle. Für festliche Anlässe liessen der Senat , später auch Private goldene ” Portugalöser ” im Gewicht von bis zu 10 Dukaten prägen, die anfangs Münzen waren, später Medaillencharakter hatten.

Den Bedarf an Kurantgeld deckten nach dem Abflauen der eigenen hambugischen Prägung gegen Ende des 18.Jahrhunderts, Münzen von auswärts. Als im 19. Jahrhundert das Gold den silbernen Grobkurant zu verdrängen begann, bediente man sich bevorzugt goldener Pistolen zu 5 und 10 Taler. Nicht ohne Groll sahen die Münzstätten in Hannover und Berlin, dass hier die dänische Münze in Altona das Rennen machte. Sie hatte durch ihre Nähe zu Hamburg einen unwiderbringlichen Standortvorteil und stach so ihre Konkurenten aus. Die Goldausmünzung in Altona war enorm. Allein zwischen 1827 und 1847 wurden 2.600.000 Goldmünzen, überwiegend Doppelpistolen , geprägt, fast ausschlieslich auf Bestellung von Hamburger Kaufleuten. Kopenhagen prägte imselben Zeitraum lediglich 12.000 Goldmünzen. Das Gold kursierte schnell. Die Christiansdore und Fredriksdore gingen fast unmittelbar als Bezahlung für Kornlieferungen nach Russland, wurden dort eingeschmolzen und machten sich entweder als russische Imperiale oder als Barren auf den Rückweg , landeten an der Edelmetallbörse in London und gelangten von dort wieder nach Altona, wo sie erneut vermünzt wurden. Ein Bonmot aus der damaligen Zeit besagte, dass man "Goldbarren, die man am Freitagsabend von London absendet, schon am folgenden Freitag durch die Altonaische Münze in Frederiksd’or verwandelt sieht “.


Neben schweren Gedenkprägungen und flüchtigen Handelsmünzen war im Hamburg dieser Zeit ein weiteres Goldstück im Gebrauch, der Dukat. Geprägt zum ersten Mal 1497 wurde er ab 1810 nach dem Vorbild des holländischen Ritterdukatens ausgebracht, um seinen Absatz zu fördern. In Wirklichkeit war die wichtigste Rolle des Dukatens jedoch nicht die einer Handelsmünze. Bei Gaedechen kann man Folgendes nachlesen :
“ Seit länger als einem Jahrhundert hat die Bankverwaltung es sich jährlich angelegen seyn lassen das Publicum mit neuen Hamburger Ducaten zu versehen die sie in der Regel in der Woche vor Weihnachten jedoch mit der Jahrszahl des kommenden Jahrs auszugeben pflegt um als Weihnachtsgeschenke an Kinder Verwandte Handels gehülfen und andere Hausgenossen und zu Neujahrsgeschenken an die Prediger verwandt zu werden Wurde mitunter ein Jahr das Prägen ausgesetzt so geschah es weil der Bank noch hinreichender Vorrath übergeblieben war .Nach Neujahr pflegen diese Ducaten dann bald wieder in die Hände der Geldwechsler überzugehen die sie nur nach dem Gold al marco Cours annehmen weshalb sie denn auch häufig wieder in den Tiegel wandern was denn auch der Grund seyn mag warum sie nicht häufiger im Publicum coursiren “
.

Die Auflage der Dukaten in diesem Zeitraum betrug vor 1850 jährlich ca 3000 bis 12.000 Exemplare, spaeter dann etwas über 10.000 bis zu vereinzelten Auflagen von 30.000. Schon ein Vergleich der Prägezahlen mit denen der Fredriksdore belegt, dass die Hamburger Goldstücke nicht im Stande gewesen wären, die Bedürfnisse des Handels zu decken.
Der letzte echte Ritterdukat mit der aufgeprägten Jahreszahl 1872 wurde demzufolge 1871 ,als Geschenk zum Jahreswechsel 1871/72 geprägt , also noch bevor das Reichsmünzengesetz in Kraft trat, dass unter § 10 besagte :
“ Eine Ausprägung von anderen, als den durch dieses Gesetz eingeführten Goldmünzen… findet bis auf Weiteres nicht statt. “


Wollte man auf das weihnachtliche Goldpräsent im darauffolgenen Jahr 1872 nicht verzichten, musste Ersatz geschaffen werden. Als Substitut für den Dukaten bot sich vermutlich weniger das Zwanzigmarkstück an, als das Zehnmarkstück , das dem Dukaten an Gewicht, Grösse und Wert recht nah kam. Sicher ist es so zu erklären, dass Hamburg in der Hannoveraner Münze, die ab 1867 bereits die Dukatenprägungen ausgeführt hatte, im Jahr 1872 25.200 Zehnmarkstücke mit dem aufgeprägten Datum 1873 und zum Jahreswechsel 1873/74 50.200 Zehnmarkstücke mit dem Datum 1874 bestellte. Im Jaeger sind diese Münzen mit den Nummern J 206 und J 207 aufgeführt. Letztere Prägung, ist besonders interessant, da sie die erste Reichsmünze ist, für die die neue Rückseite verwendet wurde. Laut Hammerich bedurfte es hierfür seiner Sondergenehmigung des Reichskanzlers, um die ab 1874 beschlossene Rückseite bereits 1873 verwenden zu dürfen.

Im September 1874 stand die neuerrichtete Hamburger Münze fertig. Nach der Prägung eines auf den 16. September 1874 datierten Jetons in Zweipfenniggrösse und möglicher vereinzelter Probeprägungen ( ein 2 Pfennigstück 1874 J bekannt ) nahm die Münze Hamburg mit dem Prägebuchstaben ” J ” zu Beginn des Jahres 1875 ihren Betrieb auf, interesanterweise wiederum mit der Prägung von Zehnmarkstücken. Das Zehnmarkstück von 1875, sowie die darauffolgenden Jahrgänge haben allerdings nicht mehr den Charakter von Geschenkprägungen. Bereits die Auflagen machen deutlich, dass hier in erster Linie Geld für den Umlauf an einem vitalen Wirtschaftsstandort geschaffen wurde. Allein 1875 prägte die Hamburger Münze für 12 Millionen Mark Gold aus, in der Zeit bis zum vorübergehenden Abflauen der Ausmünzung um 1880 waren es über 100 Millionen.
Von späteren Prägungen mit vorgezogenen Datum ist nichts bekannt. 1876 wurden in Hamburg überhaupt keine Kronen geprägt, die Anfertigung des Jahrganges 1877 begann laut der zugänglichen Quellen tatsächlich im Jahr 1877.
Da das Münzgesetz vom 5. 12.1871 sich der Frage der Prägedaten nicht widmet und durch J 206 und insbesondere die Sondergenehmigung für J 207 dokumentiert ist, dass eine vorgezogene Prägung durchaus im Rahmen des Möglichen lag, muss man davon aussgehen, dass die Tradition einer gesonderten Goldprägung vor Weihnachten nach 1874 ausstarben


Ein Grund könnte die äusserst rigide Münzgesetzgebung sein, die auf ein einheitliches Erscheinungsbild der Mark visiert war. Eine andere Erklärung könnte in dem blossen Umstand liegen, dass Hamburg er Münzen spätestens ab 1875 nichts besonderes mehr waren. Wer seinem Dienstmächen ein Präsent machen wollte, konnte jederzeit aus einem Meer von umlaufenden Goldmünzen , sowohl aus Hamburg, als auch aus den übrigen Bundesstaaten schöpfen. Da Gold nun Währungsmetall war, fiel für die Beschenkten auch der mögliche Anreiz fort, auf ein Ansteigen des Goldpreises zu wartenund sich so einen kleinen Extragewinn zu verschaffen. Zehn Mark waren und blieben zehn Mark.

Die Hamburger Kronen der Jahrgänge 1873 und 1874 markieren somit aller Voraussicht nach den Versuch eine alte Tradition in eine neue Zeit zu retten. In gewisser Weise sind die beiden ersten Kronen aus Hamburg ” die letzten Ritter ”
 

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Sehr sehr schöne Zusammenfassung der Geschehnisse. Nicht nur, dass Du uns mit einem Traum einer Münze beglückst, sondern auch mit der passenden Geschichte dazu!!

Eine Anmerkung hätte ich doch noch: Vielleicht hat Hamburg die Tradition der Geschenkprägungen doch fortgeführt. 1876 wurden keine Kronen geprägt, aber die Münzen gibt es dennoch in geringer Stückzahl. Hammerich vermutet, dass diese zu Beginn der Prägung 1877 geprägt worden sind. Im Hinblick auf die von Dir dargelegten Geschichte kann es doch wahrscheinlicher sein, dass diese Münzen am Ende des Jahres 1875 geprägt worden sind.
 
Sehr sehr schöne Zusammenfassung der Geschehnisse. Nicht nur, dass Du uns mit einem Traum einer Münze beglückst, sondern auch mit der passenden Geschichte dazu!!

Eine Anmerkung hätte ich doch noch: Vielleicht hat Hamburg die Tradition der Geschenkprägungen doch fortgeführt. 1876 wurden keine Kronen geprägt, aber die Münzen gibt es dennoch in geringer Stückzahl. Hammerich vermutet, dass diese zu Beginn der Prägung 1877 geprägt worden sind. Im Hinblick auf die von Dir dargelegten Geschichte kann es doch wahrscheinlicher sein, dass diese Münzen am Ende des Jahres 1875 geprägt worden sind.

Und auch in dem Fall wäre Hammerichs Aussage, 1876 seien in Hamburg keine Kronen geprägt worden zutreffend.

Mir kam noch eine weitere Frage in den Sinn. Was geschah zum Jahreswechsel 1874 / 75.
Hammerich schreibt :
" Der Betrieb der gegen Ende des Jahres 1874 errichteten Münze wuerde im Januar 1875 mit der Prägung von Kronen eröffnet ".
So steht es in etwa auch in der 1975 erschienene Festschrift " 650 Jahre hamburgisches Münzwesen " und auch der Passus zu J 209 im Jaeger lautet entsprechend.
Als ich bei den Recherchen zu dem obigen Beitrag daher auf folgende Passage des Ausstellungskataolge " Geschichte in Gold " , der 1991 die Sammlung Vogel im Museum für Hamburgische Geschichte begleitete, traf, war ich deshalb nicht wenig erstaunt :
" ... Erichtung einer eigenen Münzstätte beschlossen... Die Anstalt wurde der Bankverwaltung untergeordnet und begann Ende Dezember 1874 mit der Ausprägung Hamburger Zehnmarkstücke des Jahres 1875 "
Ich musste das zweimal lesen um es zu begreifen. Und dann fiel mir die Anmerkung zu J 209 im Jaeger wieder ein, in der es ja heisst : " die ersten 50.000 genau justierten Ronden hatte die Münzstätte Berlin geliefert ". Ich muss zugegeben, das ich hierüber immer gestolpert bin. Warum hat Berlin Ronden geliefert, die Herstellung von Ronden gehörte doch zum Alltagshandwerk eines Münzbetriebes. Und wieso war die Erwähnung, diese Ronden seien " genau justiert " ( also fertig zum Prägen ! ) gewesen von Bedeutung. Hammerich erwähnt sogar explizit, daß die 50.000 Ronden " justiert und prägefertig " aus Berlin geliefert wurden. Könnte das eventuell bedeuten, dass die Prägestube bereits stand und es wichtig war, Münzen zum Jahreswechsel zu produzieren, in etwa der gleichen Auflagenhöhe, wie zum jahr 1874 ( J 207 ) ? So gesehen könnte man auch eine Erklärung für die Probeprägungen in Zweipfenniggrösse finden. Zweipfennigstück und Krone haben in etwa den gleichen Durchmesser. Wurde vielleicht die Presse für die Herstellung der Kronen eingestellt ?
Der Ausstellungkatalog wurde von der Firma Mages erstellt, in der Literaturliste findet man die bekannte Standardliteratur, unter anderem Gaedechens.
Nun aber folgt das ABER : wieso ist diese Information weder den zeitgenössischen Autoren ( denen sie ja sogar widerspricht !), noch Jaeger oder dem Verfasser der Festschrift von 1975 bekannt ? Zwar kann man einwenden, dass der Informationsstand im Jaeger quasi seit Jaegers Ableben unverändert ist, aber dennoch erschien mir diese eine Quelle zu unsicher, um sie in einen Beitrag wie den obigen einfliessen zu lassen.
 
Zuletzt bearbeitet:
[...]Die Hamburger Kronen der Jahrgänge 1873 und 1874 markieren somit aller Voraussicht nach den Versuch eine alte Tradition in eine neue Zeit zu retten. In gewisser Weise sind die beiden ersten Kronen aus Hamburg ” die letzten Ritter ”.<O:p</O:p
<O:p

Wenn an der schlüssigen Theorie was dran sei, dann sind die "letzten Ritter" zumindest noch für ein Jahr (1875), vielleicht sogar zwei Jahre (1876) weiter geprägt worden.
 
Wenn an der schlüssigen Theorie was dran sei, dann sind die "letzten Ritter" zumindest noch für ein Jahr (1875), vielleicht sogar zwei Jahre (1876) weiter geprägt worden.

So ist es. Nun wäre es spannend herauszubekommen, welche Quelle die Katalogverfasser 1991 benutzt haben. Bestenfalls können sie sich auf ein schwierig zugängliches Originaldokument berufen. Ansonsten besteht auch die Möglichkeit, dass Vogel sich zu seinen Lebzeiten dieselben Gedanken gemacht hat, wie wie hier und diese Stelle im Katalogtext auf seinen Äusserungen beruht.
 
So ist es. Nun wäre es spannend herauszubekommen, welche Quelle die Katalogverfasser 1991 benutzt haben. Bestenfalls können sie sich auf ein schwierig zugängliches Originaldokument berufen. Ansonsten besteht auch die Möglichkeit, dass Vogel sich zu seinen Lebzeiten dieselben Gedanken gemacht hat, wie wie hier und diese Stelle im Katalogtext auf seinen Äusserungen beruht.

Im August des Jahres 1874 ging es um die Zuteilung des Prägebuchstabens für Hamburg für die "zu errichttenden Münzstätte". Im Hinblick auf die Probeprägung 2 Pf 1874 kann ich mir schon vorstellen, dass die tüchtigen Hamburger vier Monate später bereits mit Münzpressen (vielleicht auch die aus Straßburg?) und einer Werkstatt - um die Stempel herzustellen - ausgestattet waren.

Pusback muss auch irgendwo das Dokument gefunden haben, dass Hamburg von Berlin aus mit den Ronden versorgt wurde. Im Vorwort seiner ersten Jaeger-Ausgabe (12. Auflage 1979) bezieht er sich u. a. auf Dr. Gert Hatz als Literaturquelle aus dem Münzkabinett im Museum für Hamburgische Geschichte, sowie auf verschiedene Landesarchive.
 
Im August des Jahres 1874 ging es um die Zuteilung des Prägebuchstabens für Hamburg für die "zu errichttenden Münzstätte". Im Hinblick auf die Probeprägung 2 Pf 1874 kann ich mir schon vorstellen, dass die tüchtigen Hamburger vier Monate später bereits mit Münzpressen (vielleicht auch die aus Straßburg?) und einer Werkstatt - um die Stempel herzustellen - ausgestattet waren.

Pusback muss auch irgendwo das Dokument gefunden haben, dass Hamburg von Berlin aus mit den Ronden versorgt wurde. Im Vorwort seiner ersten Jaeger-Ausgabe (12. Auflage 1979) bezieht er sich u. a. auf Dr. Gert Hatz als Literaturquelle aus dem Münzkabinett im Museum für Hamburgische Geschichte, sowie auf verschiedene Landesarchive.

Der auf den 16. September 1874 datierte Jeton indikiert , dass an diesem Datum in der neugrgründeten Münze Prägungen vorgenommen wurden.

Darüber hinaus ist das auf der 123. Künker unter Los 6003 versteigerte 2 Pfennigstück 1874 J in sehr schön bekannt, Die Erhaltung belegt also, dass das Stück in den Umlauf gelangt ist. Laut Katalog ist diese als Probe bezeichnet Prägung weder bei Jaeger , noch bei Schaaf bekannt. Andere Prägungen aus Hamburg aus diesem Jahr sind per Dato unbekannt.

Die bekannte Standardliteratur ist sich nun darin einig, dass der reguläre Prägebetrieb nach dem Jahreswechsel 1874/75 mit dem Jahrgang 1875 von J 209 aufgenommen wurde.

Ab dem 12. Jaeger existiert der Hinweiss auf die 50.000 prägefertigen Ronden.

Folgende Fragen drängen sich nun auf:
1. Wie lange dauerte die Einrichtung der Hamburger Münze im Jahr 1874 und an welchem Datum begann sie
2. Welche Teilbereiche standen zuerst
3. Wieviel Teilfunktionen müssen existieren, um bereits prägen zu können
4. Wie lange dauert die Stempelherstellung

Ein paar Antworten kann man möglicherweise bereits geben

2 und 3. Max Barduleck beschreibt, dass der Punktpfennig buchstäblich in der schon fast abgerissenen Dresdener Münze geprägt wurde, nur die Prägestube stand noch, als noch eine Charge von 1 - Pfennigstücken geprägt wurde. Insofern, muss am 16. September 1874 ausser dem Prägesaal in Hamburg nicht viel fertig gewesen sein. Die 8 Thonneliere- Prägeapparate, die Hamburg erworben hatte, hatten eine vertiefte Antriebswelle, die 10 cm in den Boden eingelassen war ( Coulant ), die Aufstellung wird also relativ aufwendig gewesen sein, mutmasse ich mal. Da die Prägeapparate mit Dampf betrieben wurden, muss die 48 PS- Dampfmaschiene ebenfalls betriebsfertig gewesen sein.
ES SEI DENN die Jetons wurden ganz anders geprägt ( siehe Gedenkmedaille auf der 100. Hannoveraner Münzbörse ) und sind völlig anders zu bewerten. Ich kenne den Jeton bislang nur von Bildern und kann daher nicht beurteilen , ob man ihm irgendwie seine Entstehung ansieht. Auch diese Erklärung muss man offenhalten.

4. Barduleck erwähnt , dass die Stempelherstellung für die von ihm angefertigten Reichsmünzen etwa 2- 4 Monate in Anspruch nahm, wobei offenbleibt, wie konstant er an einem Auftrag gearbeitet hat. Insofern ist es durchaus möglich, dass die Arbeitsstempel für J 209 vor dem Jahresechsel 1874/75 vorlagen. Die Stempel wurden von Weigand in Berlin gefertigt, wie Jaeger schreibt, ohne dass sich hier ableiten lässt, ob sich dieser Passus nur auf die Urwerkzeuge bezieht oder auch auf die Arbeitsstempel.


Fazit bisher: anhand der zugänglichen Quellen scheint es nicht von vorne herein technisch unmöglich, dass der die Ausprägung des Jahrganges 1875 von J 209 bereits vor dem Jahreswechsel 1874/75 stattgefunden haben kann.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der auf den 16. September 1874 datierte Jeton indikiert , dass an diesem Datum in der neugrgründeten Münze Prägungen vorgenommen wurden.[...]

Das wäre ja schon sehr früh. Auch zu früh für die Kronen.

Darüber hinaus ist das auf der 123. Künker unter Los 6003 versteigerte 2 Pfennigstück 1874 J in sehr schön bekannt, Die Erhaltung belegt also, dass das Stück in den Umlauf gelangt ist. Laut Katalog ist diese als Probe bezeichnet Prägung weder bei Jaeger , noch bei Schaaf bekannt. Andere Prägungen aus Hamburg aus diesem Jahr sind per Dato unbekannt.

Ich habe mir den Katalog heruntergeladen und nachgeschaut. Künker schreibt dort, dass es ein Unikat sei. Weiter "Die Hamburger Münze begann offiziell erst 1875 mit der Prägung von Reichsmünzen. Unser Stück belegt aber, daß es schon vorher Prägeversuche gegeben haben muß. Der Kreis der Münze ist auf Vorder- und Rückseite ähnlich wie bei den 5- und 10 Pfennig-Stücken eine Art Seilkreis. Weder Jaeger noch Schaaf kannten dieses außergewöhnlich Stück, das wahrscheinlich eine Probeprägung ist."

Interessant ist der 3. Satz. Die Münze hat einen Seilkreis, welchen den Charakter einer Probeprägung unterstreicht. Ansonsten hätte auch die Möglichkeit einer Manipulation bestanden haben. Dass Jaeger dieses Stück nicht kannte bezieht sich wohl auf seine Person selber - nicht auf den Katalog. Dort ist dieses Stück in der 19. Auflage sehr wohl notiert, allerdings ohne die meines Erachtens sehr wichtige Information des Seilkreises. Ab der 21. Auflage des Jaeger-Katalogs steht dann, dass es sich bei dieser Auktion um die Veräußerung des identischen Stückes handele wie das in der 19. Auflage erwähnte.


Folgende Fragen drängen sich nun auf:
1. Wie lange dauerte die Einrichtung der Hamburger Münze im Jahr 1874 und an welchem Datum begann sie
2. Welche Teilbereiche standen zuerst
3. Wieviel Teilfunktionen müssen existieren, um bereits prägen zu können
4. Wie lange dauert die Stempelherstellung

Ein paar Antworten kann man möglicherweise bereits geben

2 und 3. Max Barduleck beschreibt, dass der Punktpfennig buchstäblich in der schon fast abgerissenen Dresdener Münze geprägt wurde, nur die Prägestube stand noch, als noch eine Charge von 1 - Pfennigstücken geprägt wurde. Insofern, muss am 16. September 1874 ausser dem Prägesaal in Hamburg nicht viel fertig gewesen sein. Die 8 Thonneliere- Prägeapparate, die Hamburg erworben hatte, hatten eine vertiefte Antriebswelle, die 10 cm in den Boden eingelassen war ( Coulant ), die Aufstellung wird also relativ aufwendig gewesen sein, mutmasse ich mal. Da die Prägeapparate mit Dampf betrieben wurden, muss die 48 PS- Dampfmaschiene ebenfalls betriebsfertig gewesen sein.
ES SEI DENN die Jetons wurden ganz anders geprägt ( siehe Gedenkmedaille auf der 100. Hannoveraner Münzbörse ) und sind völlig anders zu bewerten. Ich kenne den Jeton bislang nur von Bildern und kann daher nicht beurteilen , ob man ihm irgendwie seine Entstehung ansieht. Auch diese Erklärung muss man offenhalten.

zu 3: hast du das Bild des Jetons? Wenn die Inschrift des Jeton sagt, dass am 16. September Prägungen vorgenommen sind, kann es zwar schon sein, dass der Jeton "irgendwie" gemacht worden ist, dass aber dennoch eine Straßburger Thonnelier in einem (provisorischen) Prägesaal seinen Dienst verrichtet hat. Vielleicht die 2 Pfennig-Stücke.

4. Barduleck erwähnt , dass die Stempelherstellung für die von ihm angefertigten Reichsmünzen etwa 2- 4 Monate in Anspruch nahm, wobei offenbleibt, wie konstant er an einem Auftrag gearbeitet hat. Insofern ist es durchaus möglich, dass die Arbeitsstempel für J 209 vor dem Jahresechsel 1874/75 vorlagen. Die Stempel wurden von Weigand in Berlin gefertigt, wie Jaeger schreibt, ohne dass sich hier ableiten lässt, ob sich dieser Passus nur auf die Urwerkzeuge bezieht oder auch auf die Arbeitsstempel.

Ich habe irgendwo gelesen, dass die Stempelherstellung wenige Wochen (3-4?) dauern würde. Laut Staatsarchiv wurden aber die Stempel (Urwerkzeuge) für die Kronen neben Weigand auch von Kullrich und Schultz gefertigt.

Fazit bisher: anhand der zugänglichen Quellen scheint es nicht von vorne herein technisch unmöglich, dass der die Ausprägung des Jahrganges 1875 von J 209 bereits vor dem Jahreswechsel 1874/75 stattgefunden haben kann.

Das sollte so stehen gelassen werden, bis sich neue Quellen auftun.
 
zu 3: hast du das Bild des Jetons? Wenn die Inschrift des Jeton sagt, dass am 16. September Prägungen vorgenommen sind, kann es zwar schon sein, dass der Jeton "irgendwie" gemacht worden ist, dass aber dennoch eine Straßburger Thonnelier in einem (provisorischen) Prägesaal seinen Dienst verrichtet hat. Vielleicht die 2 Pfennig-Stücke.

Nein, leider kein eigenes. Auf MA wird momentan eines angeboten. Interessant ist, dass Gaedechen im 1876 erschienen 3. Nachtrag, in dem dieser Jeton unter A 54 aufgeführt ist, als Metalle Cu und Nickel nennt, wohngegen sonst stets von einem Zweipfennigschrötling die Rede ist.

Ich habe irgendwo gelesen, dass die Stempelherstellung wenige Wochen (3-4?) dauern würde.
Ich habe Bardulecks Angaben anhand der Bemerkungen zur Stempelherstellung für den Peace- Dollar 1964 D kontrolliert, dort war dem Stempelschneider eine Lieferfrist von ca 9 Wochen gesetzt worden, die er auch einhielt. ( Quelle : Burdette : " A guide book of Peace Dollars ) das entspricht in etwa dem Mittelwert von den von Barduleck angegebenen Zeitspannen. Ich habe mir überlegt, ob man im Falle Barduleck eventuell auch in gewisser Weise von der Normierungsmacht einer Koryphäe sprechen kann. Wieso hätte er sich beeilen sollen, er stand ohne Konkurrenten da.

Fazit bisher: anhand der zugänglichen Quellen scheint es nicht von vorne herein technisch unmöglich, dass der die Ausprägung des Jahrganges 1875 von J 209 bereits vor dem Jahreswechsel 1874/75 stattgefunden haben kann.

Ich denke auch, als Ansatz für weitere Nachforschungen ist die These brauchbar. Gaedechen schreibt ja 1876 : " Ende 1874 so weit gefördert, dass sie mit der Ausprägung Hamburger Zehnmarkstücke beginnen konnte ". Bis hierhin sind sicher auch Vogel und die Verfasser des Ausstellungskataloges gekommen.
Aber es bleibt nach wie vor merkwürdig, dass so eine Information scheinbar den Standardautoren entgangen ist, die einmütig die Eröffnung des regulären Prägebetriebes auf die Zeit nach dem 1. Januar 1875 legen.
Vielleicht ist Gaedechen in diesem Punkte nicht ganz zuverlässig ? Seine Materialangaben zum Jeton scheinen zumindest fraglich, doch natürlich würe ein Irrtum nicht seine Glaubwürdigkeit generell in Frage stellen.
 
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