Die Wiege der Zivilisation

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Warum gerade in den Irak? Weil es hier wahnsinnig viel zu sehen gibt und man geradezu in Geschichte baden kann. Weil es hier so viele Namen gibt, die ein geradezu mythischer Klang umweht – Babylon, Baghdad, Uruk, … Weil man so viele interessante Menschen beobachten kann. Weil die Gastfreundschaft, Neugier und Offenheit (gegenüber den Gästen, jedoch nicht unbedingt aus gesellschaftlich-religiöser Sicht) unbeschreiblich ist. Weil man sich auch ein Bild neben den allgegenwärtigen Berichten von Chaos, Zerstörung und Krieg machen kann.

Wie kommt man da hin? Kurdistan ist wohl recht einfach zu bereisen, stand jedoch nicht auf meinem Plan. Für den Rest-Irak benötigt man ein Visum, zu dem ich nur schwammige Informationen gefunden habe, z.T. mit der Aussage, dass Touristenvisa nicht ausgestellt werden. Individualreisen in diesem Gebiet halte ich ohnehin für problematisch. Sinnvoller ist es, sich einer Reisegruppe anzuschließen. So habe ich ein Visa on arrival bekommen können und die Sicherheit wurde durch Eskorten gut gewährleistet.

Ist man sicher im Irak? Jein. Unsere Reisegruppe hatte einen bewaffneten Bewacher dabei, sowie irakischen Fahrer und Führer (+ englischen Reiseleiter). Die haben einen exzellenten Job gemacht. Man hat sich nicht bewacht gefühlt, alles sehr diskret. Wir konnten uns relativ frei bewegen und die Gruppe musste nicht immer wie ein Hühnerhaufen der Glucke hinterherrennen. Für die Überlandfahrten haben wir immer eine Eskorte bekommen, 3-5 Soldaten oder Polizisten, teils mit MG. Es gibt viele Checkpoints. Habe ich mich durch diese Maßnahmen irgendwo unsicher gefühlt? Nein. Aber es wird sicher nicht ohne Grund so stark auf unsere Sicherheit geachtet worden sein, deshalb rate ich von Individualreisen ab, sofern diese überhaupt möglich wären. Nördlich von Bagdad scheint die Sicherheitslage wesentlich angespannter zu sein, mehr Checkpoints, mehr Bewachung im Vergleich zur Fahrt in den Süden.

Wie sind die Menschen? Sehr freundlich! Die können es alle nicht glauben, dass es Menschen gibt, die in den Irak kommen, um hier Urlaub zu machen. Man wird ganz oft angesprochen, gegrüßt, fotografiert, gefilmt. Mich würde es nicht wundern, wenn wir demnächst die Broschüren einiger Restaurants und Sehenswürdigkeiten zieren werden. Wir sind kein einziges Mal als Westler auf offene Abneigung oder Reserviertheit gestoßen.

Würde ich wieder hin fahren? Ja, irgendwann noch Kurdistan und den Süden mit den Marshes und Basra.

Meine Erfahrungen mit der Reisegruppe. Ich habe mich für Hinterland Travel, ein britisches Unternehmen, entschieden, weil die schon eine recht lange Erfahrung mit Reisen in den Irak haben. Es gibt wohl auch ein paar neue Unternehmen, aber ich mag nicht unbedingt zur ersten Gruppe gehören, die die rumführen. Die Mitreisenden waren international: England, Italien, Spanien, Canada, Singapur, Österreich… und erstaunlich alt. Von 32 (ich) bis 82 war alles dabei. 90% über 55 Jahre. Ich hätte mit einem wesentlich jüngeren Publikum gerechnet, was aber nicht schlimm war, es war eine sehr gebildete und angenehme Reisegruppe.

Meine Erwartungen an die Tour waren, dass ich eine klassische Reiseführung bekomme, mit vielen Erklärungen und so. Das wurde so nicht geboten. Das liegt sicher auch daran, dass der britische Reiseleiter etwas speziell ist. Er ist übrigens der 82jährige gewesen. Es machte eher den Eindruck, dass er sich als der Organisator der Rahmenbedingungen sah, ansonsten aber die Reise selbst sehr genossen hat, um seine archäologische Ader zu befriedigen. Wir haben ein Exemplar seines Reiseführers (Bradt Travel Guide) bekommen, sowie einen Ablaufplan der Tour mit Verweisen auf die passenden Seitenzahlen. Er hat aber vor Ort durchaus auch von sich aus ein bisschen was mit erzählt, teilweise durch gezieltes Nachfragen. Es war aber kein Führer à la Museumswärter, der zu jedem Bild stundenlang erzählt. Der irakische Führer war ähnlich gestrickt. Hier ist unsere Vermutung, dass er eigentlich kein Touristenführer im eigentlichen Sinne war, sondern ein Zusätzliches Auge vom Ministerium. Aber ob das stimmt – keine Ahnung.
Trotz alledem: die Organisation war sehr gut!

Und nun zur Tour selbst:

Tag 1_13.04.19: Flug TXL-IST-BGW

Mit Turkish Airlines ging es über den neuen Istanbuler Airport nach Bagdad. Vorab habe ich ein Schreiben des irakischen Tourismusministeriums bekommen und eine Teilnehmerliste der Reisegruppe. Damit war auch das Einchecken kein Problem, da ich ja eigentlich noch gar kein Visum im Pass hatte.

Tag 2_14.04.19: Baghdad

Die Ankunft auf dem Flughafen zog sich etwas in die Länge, da ausgerechnet der Reiseleiter Visaprobleme hatte. Von seiner letzten Reise im März hatte er zwar einen Ausreisestempel im Pass, aber die hatten vergessen, es ins Computersystem einzutragen. Von meiner Landung 05.20 (andere schon gegen 02.00) saßen wir bis ca 12.00 am Flughafen. Dann gings ins Hotel, der Reiseleiter stieß ca 15.00 dazu.

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Parken am Flughafen - für wirklich jedes Fortbewegungsmittel


Es gab eine kleine Stadtrundfahrt zum Mausoleum der Könige der kurzen irakischen Monarchie in der 1. Hälfte des 20. Jh. und zur Kadhimiya-Moschee. Hier sind wir nun das erste Mal von der Gold- und Spiegelpracht der Schreine geradezu erschlagen worden. Fotos waren drinnen leider nicht erlaubt. Es gibt wahnsinnig viele Menschen und Pilger, aber die Stimmung war recht entspannt. Trotz des allgegenwärtigen Militärs in voller Montur.

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Hauptbahnhof - Ausgangspunkt der Bagdadbahn
Königliches Mausoleum
Kadhimiya-Moschee



Tag 3_15.04.19: Baghdad und Agarquf

Vormittags ging es ins Iraqi National Museum. Trotz der Plünderungen während der Irakkriege bietet es eine beeindruckende Sammlung von Artefakten des alten Mesopotamien und der islamischen Periode. Ein Wehrmutstropfen: Das Prunkstück der Sammlung, der ominöse Raum Nr. 6, in dem riesige Wandfriese ausgestellt sein sollen, wäre wohl angeblich an diesem Tag eröffnet worden. Die Tür war verschlossen, später wohl mal kurz offen, sodass einige Tourmitglieder drin waren, aber dann wieder zu.

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Freiheitsdenkmal auf dem Tahrir-Platz
Iraqi National Museum
Stele des Hammurabi
Keilschriften
Die goldene Harfe von Ur
Elfenbeinschnitzereien


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Hatra Money
vorislamische Münzen
das numismatische Zweistromland (ja, ich weiß, nicht richtig ausgerichtet)

Über Mittag ging es in die Mustansiriya Madrasah, 1233 gegründet ist es die älteste Universität der Welt. Leider hat hier halt wieder ein bisschen Erklärung gefehlt, sodass wir in dem Moment selbst nur den schönen Innenhof angesehen haben. Danach konnten wir durch den Basar schlendern, sowie die Mutanabbi-Straße, eine Straße der Buchhändler, die als Intellektuelles Zentrum Bagdads gilt. Allerdings sprangen mir auch in den Auslagen mehrere Ausgaben von „Mein Kampf“ ins Auge. Es ist mir in den 10 Tagen auch mehr als einmal passiert, dass nach dem ich sagte, ich sei aus Deutschland ein „Ahhh, Adolf Hitler“ kam. Zumindest in der Hälfte der Fälle kam nach dem Hinweis, dass der Herr ja nicht so toll war, ein entschuldigendes „we had Saddam“.

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Tigris
Mustansiriya Madrasah

Nachmittags ging es das erste Mal raus aus Baghdad, nun mit Eskorte. Da war es noch neu mit der Militärbegleitung, Panzerfahrzeug und MG auf dem Dach. Es ist erstaunlich, dass wir uns in den nächsten 10 Tagen sehr schnell daran gewöhnt haben.

Ziel war das Ziggurat (ja, ich weiß, eigentlich die Ziggurat, aber das will mir von der Sprachmelodie her nicht über die Lippen) von Agarquf Richtung Fallujah, ganz in der Nähe des berüchtigte Abu Ghuraib. Das Ziggurat ist teils rekonstruiert, sodass man eine gute Vorstellung des damaligen Aussehens bekommt.

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Agarquf

Rückzu gab es einen kurzen Stopp an der Mauer der Grünen Zone. Rein durften wir leider nicht. So konnte ich Bilder von den Schwertern von Qasidiya leider nur vom Dach des Busses aus machen. Die Schwerter sind aus den Waffen des 1. Golfkrieges gegen den Iran gegossen und die Hände sind eine Nachbildung der Arme Saddam Husseins. Sogar die Fingerabdrücke sollen stimmen.

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Schwerter von Qasidiya
Mazgouf, die irakische Nationalspeise. Gegrillter Fisch.

Tag 4_16.04.19: Samarra

Samarra liegt ca 125km nördlich von Bagdad und ist so ziemlich der nördlichste Punkt, den man momentan gefahrlos bereisen kann. Es war, abgesehen von den viel älteren mesopotamischen Ursprüngen eine Retortenstadt aus dem 9. Jh., die Bagdad als Hauptstadt für ca 60 Jahre ablöste. Trotz dieser kurzen Zeitspanne hatte Samarra eine außerordentliche Bedeutung, was sich in der großen Moschee widerspiegelt. Sie hat ein beeindruckendes Spiralminarett, das jeden europäischen Sicherheitsstandard erschauern lässt. Man kann die Spirale bis in 52m Höhe besteigen, hat dabei aber nur auf der Innenseite einen Handlauf. Geländer nach außen gibt es keins.

Oben drauf gabs dann nette Unterhaltungen mit jungen irakischen Ärzten und weniger netten, frechen Jungen, die einen arabische Wörter haben nachsprechen lassen. Ich vermute ganz stark, wir sind ein ganzes Schimpfwortlexikon durchgegangen.

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Minarett der großen Moschee von Samarra
al-Askari-Schrein, auch als goldene Moschee bekannt

Nach einem kurzen Abstecher zum Kalifenpalast am östlichen Tigrisufer, den Saddam übertrieben hat sanieren lassen, ging es ans westliche Ufer, wo Kalifenpalast Nummer 2 besichtigt wurde. Nirgendwo Touristen, das hat was Entspannendes. Andererseits auch beunruhigend, wenn man sich die Gründe dafür in den Kopf ruft.

Auf dem Heimweg gab es noch einen Teller Bohnen. Das war wohl keine so gute Idee. Gepaart mit einem leichten Hitzestich und den Abgasen des abendlichen Bagdad bin ich dann gleich drei mal umgekippt. Aber meine Mitreisenden haben sich rührend um mich gekümmert.

Tag 5_17.04.19: Das alte Mesopotamien

Nach einer harten Nacht ging es diesmal nach Süden. Der erste Stopp war Kish, eine Stadt von etwa 3000 v.Chr-1330 n.Chr. mit Ruinen und Ziggurat. Es ist ein Wahnsinn, das man hier über Berge von Tonscherben, teils glasiert, wandert, die jahrtausende alt sind, auch wenn man hier jetzt gewaltig Vorstellungskraft braucht, um sich eine Stadt auszumalen.
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die übliche Eskorte

Einfacher war das in Babylon über Mittag, hier war Saddam wieder fleißig beim Aufbau gewesen. Das Ishtartor ist zwar nur ein trauriger Abklatsch des Originals, was aber der Mystik des Ortes keinen Abbruch tut. Ich meine, allein schon am Sterbeplatz Alexander des Großen zu stehen… An so eine Größe kommt Saddam ganz klar nicht ran, auch wenn er sich in Sichtweite einen Palast errichtet hat, um sich im Glanz der alten Kultur zu sonnen. Und wäre Alexander nicht unverhofft verstorben, hätten wir heute vom Turm zu Babel wahrscheinlich auch mehr gesehen, als nur eine alte Baugrube.

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Nachbau des Ishtartors
Die Prozessionsstraße in Babylon - eigentlicher Standort des Ishtartors
Sterbeplatz Alexander des Großen
Babylon
Palast Saddam Husseins
Baugrube des Turms zu Babel


Nachmittags ging es dann weiter mit Borsippa, welches als Kopie von Babylon gilt und mit einem wesentlich besser erhaltenen Ziggurat aufwarten kann. Hier bin ich doch tatsächlich über einen zwei-Faust-großen Stein gestolpert, auf dem man noch deutlich die Keilschrift entziffern konnte.

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Ziggurat von Borsippa
Keilschrift


Tag 5_18.04.19: Ukhaider und Kerbala

Ich hatte das Glück, vor den schrecklichen Kriegen noch Syrien besuchen zu können. Von dort ist mir noch gut der Krak des Chevaliers in Erinnerung. In einem Atemzug mit der Ausstrahlung dieser Kreuzfahrerfestung ist meiner Meinung nach der Palast von Ukhaider zu nennen. Dieses Wüstenschloss der Sassaniden aus dem 6. Jh. ist sehr schön restauriert. Passenderweise wurde gerade ein Film dort gedreht, sodass auch noch ein bisschen Leben ins Gemäuer kam.
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Wüstenschloss Ukhaider

Das Leben fehlte in den At Tar Caves, die wir vorher besuchten und welche vor 4000 Jahren als Begräbnisstätte dienten. Nach Ukhaider ging es zu einem alten christlichen Dorf aus dem 2. Jh., bzw. dessen Ruinen. Hier steht die älteste Kirche des nahen Ostens.

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Abschluss des Tages war Kerbala mit seinen vielen, vielen, vielen Pilgern. Die Frauen mussten Abaya tragen, um die heiligen Bezirke anschauen zu können. Kerbala ist einer der wichtigsten Wallfahrtsorte der Schiiten. Imam-Hussein-Schrein und al-Abbas-Moschee dominieren das Zentrum mit ihren goldenen Kuppeln. Wir besuchten beide, sowie die dortige Bibliothek und Schriften-Restaurierung. Das war schon interessant, hat aber auch einen bitteren Beigeschmack, wenn immer wieder betont wird, wie tolerant und weltoffen man ist, weil hier auch christliche und jüdische Werke bewahrt werden, gleichzeitig aber die anderen Religionen nicht gerade ein leichtes Leben in diesem Land haben.

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al-Abbas-Moschee (3x)
Imam-Hussein-Schrein


In den Schreinen selbst war eine teils schon aggressiv (nicht im Sinne von gewalttätig) religiöse Stimmung. Unglaublich viele Menschen und ein Schieben und Drängen, damit auch ja jeder einmal bis zum Schrein selbst vordringen kann.

Tag 6_19.04.19: Khifal, Kufa, Najaf

Dass es durchaus auch einmal religiös offener im Irak zuging, haben wir in Khifal erfahren. Grundsätzlich gab es bis in die 50er Jahre eine relativ große jüdische Gemeinde im Irak, speziell auch in Khifal, wo sich das Grab des biblischen Propheten Ezechiel befindet. Noch heute finden sich zahlreiche hebräische Inschriften.

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Khifal - Ezechiels Grab

Anschließend ging es weiter nach Kufa. Nach ihr sind die kufische Schrift, eine kalligraphische Form des Arabischen, sowie die Kufiya benannt, welche wir gemeinhin Palästinensertuch nennen. Aus religiöser Sicht ist sticht die Stadt heraus, weil sich hier der Sterbeort von Mohammeds Schwiegersohn und Nachfolger Ali befindet. Und hier durften wir endlich auch einmal in der Moschee fotografieren! Ali war als Nachfolger Mohammeds umstritten und entzweit die Muslime bis heute. Auf ihn geht die Spaltung in Schiiten und Sunniten zurück (schīʿat ʿAlī = Partei Alis). In Kufa fiel Ali einem Attentat zum Opfer und verfügte, dass sein Leichnam auf seinen Kamel in die Wüste reiten sollte und wo es hielt, wollte er begraben werden.

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Große Moschee von Kufa - eine der ältesten Moscheen im Irak

Dies geschah schließlich im Nahen Najaf. Hier besuchten wir die Imam-Ali-Moschee, verloren zwischendurch einen italienischen Mitreisenden, fanden ihn schließlich wieder und genossen die wesentlich ruhigere und entspanntere Atmosphäre als in Kerbala. Wir kamen gerade zur Gebetszeit, was es fast unmöglich machte, durch den Innenhof zu gelangen. Die Gebete werden auch immer gefilmt. Mich würde es also nicht wundern, wenn draußen auf den Großbildleinwänden plötzlich eine Gruppe westlicher Touristen über Hände, Füße, Köpfe und Gebetssteine gestiegen ist.

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Najaf, Imam-Ali-Moschee

Weil Najaf so bedeutend ist, ist es ein Ziel für viele Schiiten, sich hier begraben zu lassen. Es gibt einen regelrechten Leichentourismus. Seit über 1400 Jahren werden hier pro Tag ca. 400 Personen beigesetzt, was den Wadi as-Salam, das Tal des Friedens, zum weltgrößten und ältesten Friedhof macht. Im Mondschein sind wir durch die Gräber hindurch zurück zum Hotel gefahren.

Tag 7_20.04.19: Nippur

Eine kurze Friedhofsbesichtigung bei Tageslicht gab es auch noch einmal, bevor wir die Ausgrabungsstätten von Nippur besucht haben. Nippur bringt uns jetzt in die Zeit der Sumerer, ins 5. Jahrtausend vor Christus. Wir haben ein paar Archäologen der Universität von Michigan über die Schulter geschaut und sind dann zum gut erhaltenen Enlil-Tempel gewandert. Mittlerweile gibt man gar nicht mehr so sehr drauf Acht, wo man hin tritt. Man kann es eh nicht vermeiden, auf irgendeine alte Scherbe zu treten. Es juckt schon in den Fingern ein paar als Souvenir einzustecken, aber ich habe mir sagen lassen, mit dem Komfort in irakischen Gefängnissen soll es nicht so zum besten bestellt sein.

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Najaf, weltgrößter Friedhof
Jahrtausendealte Tonscherben
Nippur
Frische Trüffel


Tag 8_21.04.19: Uruk

Ein letzter Höhepunkt im alten Zweistromland: Uruk. Hier hielten wir es nun mit Noel Coward: „Mad dogs and Englishmen go out in the midday sun.“ In Gluthitze streiften wir durch alte Tempel und über Scherbenberge, hier am Fundort der ersten Schrift.

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Uruk, Fundort der ersten Schrift

Dann hieß es Abschied nehmen. Die Gruppe teilte sich. Eine Hälfte hatte die längere Tour gebucht, die sie noch in die Marshes bis Basra führen sollte, eine einzigartige Schilflandschaft im Mündungsgebiet von Euphrat und Tigris. Die andere Hälfte, inklusive mir, machte sich wieder auf den Weg zurück nach Bagdad.

Tag 9_22.04.19: Ctesiphon

Den Vormittag wollten wir noch einmal nutzen, um den ominösen Raum Nr. 6 im Nationalmuseum zu besuchen, der ja eröffnet worden war. Also sind wir noch einmal hin gefahren, haben brav ein teures Ticket gekauft – und standen vor verschlossenen Türen. Wir warten, diskutieren mit einem Wärter, betteln. Keine Chance. Wir gehen unverrichteter Dinge.

Nächstes Ziel ist Ktesiphon, bzw. die Doppelmetropole Seleukia-Ktesiphon, welche die Hauptresidenzen des Seleukidenreiches (die 3 Jahrhunderte vor Christus) waren. Später kamen die persischen Sassaniden hier her und herrschten von 224-651 n.Chr. Ein Zeugnis aus der Zeit ist der beeindruckende Taq-e Kisra, der Bogen des Chosrau. Dieser 33m hohe Gewölbebogen soll ab 531, noch wahrscheinlicher aber ab 240 n.Chr. entstanden sein. Es macht einen schon sprachlos, dass so ein Bauwerk mit damaligen Mitteln errichtet werden konnte und noch heute steht. Zwar hatte auch hier Saddam Hussein wieder seine Finger im Spiel, doch hat der Bogen auch ohne seine Hilfe immerhin schon 1500-1800 Jahre überdauert haben.

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Bogen von Ktesiphon

Und da wir gerade von Saddam sprechen: weiter geht es mit dem al-Schahid-Monument in Baghdad, dem Märtyrerdenkmal, das einerseits den Märtyrern und Soldaten des Irak-Iran-Krieges gedenkt, seit neuestem aber auch die Gewaltherrschaft Saddam Husseins zum Thema hat und den Opfern seines Regimes ein Gesicht gibt. Es ist ein schönes Bauwerk mit herrlichen Farben. Die sich öffnende Kuppel soll den Seelen der Gefallenen und Opfer die Möglichkeit geben, in den Himmel auf zu steigen.

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Märtyrerdenkmal
Saddams Erbe

Tag 10_23.04.19: Abschied

Der Rückflug mit Turkish hatte bis Istanbul ein paar schöne Ausblicke aufs verschneite Kurdistan zu bieten. Die Abläufe am neuen Istanbuler Flughafen waren allerdings noch nicht so optimal eingespielt. Für den Anschlussflug war schon so viel Verspätung angefallen, dass wir eine Ersatzmaschine bekommen haben.

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Bagdad
Istanbul
 
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