Zuerst danke für das viele, interessante Feedback.
Es wird wohl am besten sein, wenn ich das ganze chronologisch darlege - auch wenn das in der Folge wohl etwas vom Ursprungsthema wegführen wird.
Es wird ein etwas längerer, aber vermutlich (hoffentlich) auch nicht ganz unspannender Bericht werden...
Es begann damit, dass ich online - mehr durch Zufall - bei einem was das Numismatische betrifft eher unbekanntem süddeutschen Saalauktionshaus eine deutsche Reichsgoldmünzen-Rarität im Angebot entdeckt hatte.
Mit dem Bild der Porträt-Seite sowie folgender Beschreibung (
Ruf 6.500 €):
Goldmünze.
Wilhelm Deutscher Kaiser v. Preußen. 1908 J. (Hamburg) Lt. Schön "Kleiner deutscher Münzkatalog" wurden 14 Exemplare den Mitgliedern der Reichsbankdirektion überreicht.
Mir war klar, dass dies - bei allen Risiken - eine einmalige Gelegenheit sein könnte, weil in dieser Konstellation (eine Kunst - Antiquitäten und Varia-Auktion eines eher unbekannten Auktionshauses in adeligem Umfeld) wohl sehr wenige potentielle Käufer überhaupt mitbekommen dürften, dass sich so eine Rarität im Angebot befindet.
Ich beschloß darauf zu bieten und ersteigerte die Münze zum Rufpreis.
Wenig später holte ich mir die Münze persönlich ab, natürlich nicht ohne dabei die Münze in den näheren Augenschein zu nehmen, was aber keine eindeutigen Hinweise auf eine Fälschung lieferte (in diesem Fall hätte ich natürlich sofort reklamiert).
Erstes Feedback sowie eigene Vergleiche bzw. Untersuchungen haben bei mir einen nicht unerheblichen Fälschungsverdacht geweckt.
Ich habe dies dem Auktionshaus mitgeteilt und mir wurde versichert, dass eine Rückabnahme möglich wäre, wenn ein numismatischer Gutachter das Stück als Fälschung einstuft.
Mit nicht allzu hoher Hoffnung ging ich zu - nach meiner Einschätzung - einem der 3 Top-Experten in Österreich in Bezug auf Reichsgoldmünzen.
Ich sah die Chance eher größer, dass er schon bestehende Verdachtsmomente bestätigt und die Sache damit gegessen ist.
Die anfänglichen Kommentare schienen meine Befürchtungen auch zu bestätigen - der "Umschwung" kam dann, wo ich dachte dass er jetzt endgültig mit dem Daumen nach unten zeigen würde:
bei der Begutachtung der Randinschrift.
Von da an kristallisierte sich heraus, dass er die Münze eher für echt ansieht (mit einem großen Aber, auf welches ich gleich kommen werde), was sich auch in einem Satz seines bald nachfolgendem Mail ausdrückte:
Ansonsten sieht die Münze echt aus, sodass ich...
Das Aber bezieht sich auf folgendes:
er glaubt, dass das Stück (zwar ursprünglich echt aber) manipuliert sein könnte und bezieht sich bei seinem Verdacht auf das Münzzeichen "J".
Das würde heißen, dass das "A" (von Preußen) entfernt worden sein müßte und nachfolgend dafür ein "J" auf die Münze appliziert wurde.
Einerseits weil mit dem Stereomikroskop knapp links vom Münzzeichen ein kleiner dunkler Fleck erkennbar ist (was er als möglichen Lötrest deutet), andererseits weil ihm das Aussehen des "J" einigermaßen verdächtig vorkommt.
Er legte mir deswegen dringend ans Herz, die Münze bei einem entsprechend ausgerüsteten Spezial-Institut eine Materialanalyse durchführen zu lassen, unter besonderer Berücksichtigung des Bereiches beim Münzzeichen.
Dadurch ließe ein Manipulationsverdacht mit Sicherheit bestätigen oder eben widerlegen...
Genau das plan(t)e ich auch zu tun.
Ich informierte das Auktionshaus über den Stand der Dinge und dass es vor allem durch diese empfohlene Materialanalyse bis zu 2 Monate dauern könnte, bis ich in Bezug auf die Echtheit der Münze soweit im Bilde wäre um eine Entscheidung treffen zu können...
Es kam da weder ein "Ist ok für uns" noch ein "solange darf das nicht dauern" zurück.
Ca. 3 Wochen später (vor 3 Tagen) bekam ich ein Mail, wo mir eine Frist bis kommenden Montag gestellt wurde für die Entscheidung, ob ich die Münze zurückgeben will oder nicht.
Länger dürfe es nicht dauern, da sie "Druck bekommen haben" (vermutlich vom Vor-Besitzer der Münze, welcher noch auf seine Auszahlung warten dürfte).
Nachdem ich per Mail nochmals meinen Standpunkt dargestellt hatte, dass ich bis zum Stichdatum noch keine Grundlage für eine Entscheidungsfindung vorliegen haben werde, erhielt ich vom Auktionshaus einen Anruf.
Dabei wurde noch einmal bekräftigt, dass ich mich bis kommenden Montag entscheiden müsse, mit meiner Entscheidung in Bezug auf eine Rückgabe der Münze.
Der Auktionshaus-Chef machte mir sehr stark den Eindruck, dass er es gar nicht erwarten könnte, dass ich ihm die Münze nun möglichst schnell zurückschicke - er hätte auch einen (neuen) Käufer an der Hand, dem er die Münze sofort verkaufen könnte, nach seiner Aussage...
Unterhalb die Links, wo es die 3 Bilder zu der 20 Mark 1908 J zu sehen gäbe:
Bild zu den beiden Seiten (
http://www.webway.at/bigfiles/interna/muenzen/Preu%dfen_20M_1908J_8x.jpg )
Bild zu "J" in Vergrößerung (
http://www.webway.at/bigfiles/interna/muenzen/Preu%dfen_20M_1908J_8x_Detail.jpg )
Bild zur Randinschrift, Bereich "GOTT" (
http://www.webway.at/bigfiles/interna/muenzen/Preu%dfen_20M_1908J_8x_Rand.jpg )
Bitte auf jeden Fall das Copyright zu den 3 Bildern zu beachten, nicht zuletzt da die Bilder vom Ersteller (das bin nicht ich) möglicherweise noch für kommerzielle Zwecke verwendet werden.
Ich möchte darauf hinweisen, dass für mich (sowie auch für den erwähnten Prüfer der Münze) Hinweise auf eine leichte Doppelsenkung erkennbar sind, was bei der Beurteilung des Münzbildes wohl zu berücksichtigen ist.
Auch dass es sich bei diesem Münztyp mit Sicherheit um eine Kleinstauflage, möglicherweise sogar um eine Versuchsprägung handelt, nach dem was die bekannten Quellen berichten...
Zum Schluß noch ein Danke-Schön an die beiden Forumsmitglieder, welche mir ermöglicht hatten, dass ich die Bilder zum (soweit mir bekannt) zuletzt dokumentierten Auftauchen dieser Münze (Auktionshaus Hirsch, 1969) einsehen konnte, aber auch dafür dass sie hier auf meinen Wunsch hin "dichtgehalten haben"...
Alexander