grosse Silbermünzen

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Die Zeit der großen Silbermünzen.

Wer sich heute etwas Großes kaufen will, z.B. ein Haus oder eine 45 Meter Yacht, schreibt einen Scheck aus oder überweist den Betrag von seinem Bankkonto zum Verkäufer.

Das war nicht immer so. Vor 500 Jahren wurde nur Bar bezahlt, und größere Beträge bevorzugt in Gold abgewickelt. Bis dahin waren fast nur Silbermünzen im Gewicht von 1 bis 2 Gramm geläufig (am bekanntesten sind die Händlein Heller) und größere Zahlungen wurden in Golddukaten vorgenommen (die Heller wurden auch pfundweis zur Bezahlung benutzt – al marco Zahlung).

Gegen Ende des fünfzehnten Jahrhunderts brachte die Entdeckung neuer Silberminen und die verbesserte Förderung im sächsischen und böhmischen Erzbergbau einen vermehrten Silberreichtum, der sich auf das deutsche Münzwesen auswirkte. Seit 1486 ließ Erzherzog Sigismund von Tirol eine große Silbermünze im Wert eines Goldguldens prägen, den so genannten Guldengroschen oder Guldiner. Kaiser Maximilian und zahlreiche andere Fürsten ahmten diese Prägung nach.

Guldiner Tirol 1486.jpg

Guldiner Erzherzog Sigismunds des Münzreichen von Tirol (1439-1496), geprägt 1486 in Hall. Stehender Erzherzog in Rüstung und Mantel. SIGISMVNDVS ARCHIDVX AVSTRIE. -Sigismund als Turnierritter, darunter Jahreszahl 1486. Im Außenrand 16 Wappenschilde.
Silber, 31,54 g, Dm 42 mm.
Die reichen Silbervorkommen seines Landes brachten Erzherzog Sigismund auf die Idee, Silbermünzen im Wert eines Goldguldens auszugeben. Da diese Münzen wegen des Wertverhältnisses von Gold zum Silber um ein Vielfaches größer und schwerer sein mussten als alles bisherige Silbergeld, bedeutete ihre Herstellung in der Münztechnik den Schritt vom Mittelalter in die Neuzeit. Die eigens dafür neueingerichtete Münzstätte in der Burg Hasegg in Hall/Tirol wurde für zwei Jahrhunderte der münztechnische Musterbetrieb Europas.

Joachims Taler 1518.jpg

Im Jahre 1520 begannen dann auch die Grafen Schlick in Böhmen, Besitzer der reichen Silbergruben in Joachimsthal, ähnliche Münzen von etwas geringerem Silbergehalt herzustellen. Diese „Joachimsthaler" wurden sehr beliebt und hatten ein weites Verbreitungsgebiet. Ihr abgekürzter Name Taler übertrug sich bald auf andere Münzen gleicher Größe und gleichen Wertes auch außerhalb Deutschlands und lebt heute in der Wortform Dollar noch fort.

Guldengroschen Sachsen 1522.jpg

Der sächsische Kurfürst Friedrich der Weise folgte 1522 mit einem Guldengroschen nach, der vom Silberwert genau einem Goldgulden entsprach.

Die Hauptgründe für diese Entwicklung waren auf der einen Seite, die Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Goldmünzen zur Abwicklung einer großen Zahlung und die kaiserliche Kontrolle bei der Goldmünzenprägung, andererseits das gestiegene Aufkommen des Edelmetalls Silber durch neue Funde in Europa (Sachsen und Böhmen waren von Natur aus schon silberreich) und der damals recht hohen Gold/Silberparität von ca. 1 : 10 (d.h. für nur zehn Pfund Silber bekam man schon ein Pfund Gold)

Dieser Umstand bescherte uns eine Vielzahl der großen und schönen Talermünzen.

Zunächst genoss der Guldiner den Vorzug, der kaiserlichen Kontrolle enthoben zu sein, die der Kaiser seit 1442 über den Goldgulden ausgeübt hatte. Dann machte Karl V. den Versuch, auch die Ausmünzung des Silbertalers zu regulieren und sie nur den Eigentümern der Silbergruben zu gestatten. Seine Verordnungen setzten sich aber nicht überall durch.
Kaiser Ferdinand I. erließ dann eine Münzordnung, die allgemeine Anerkennung fand, er war jedoch nicht in der Lage, die Durchsetzung von Einzelheiten zu erzwingen. Schließlich wurde das Münzwesen nur dadurch vor dem Chaos bewahrt, dass die verschiedenen Münzherren - Fürsten, Bischöfe und Freien Reichsstädte - zu örtlichen „Kreisen" zusammentraten und sich verpflichteten, einen gemeinsamen Talerfuß zu halten. Das Reich war in zehn solcher Kreise eingeteilt; nur Preußen und Böhmen schlossen sich aus.
Die große Bildfläche des Talers bot der Phantasie des Stempelschneiders ein weites Feld. Kaiser Sigismunds Taler von 1486 zeigt die rein mittelalterliche Darstellung eines bewaffneten Reiters in großer Vollendung.
Auf den Porträtmünzen, die stark unter italienischem Einfluss standen, wurde die ideale Schönheit oft einem entschiedenen Realismus geopfert, doch blieb die Mitte des Feldes zunächst ganz dem Hauptmotiv vorbehalten.
Nach ihrer künstlerischen Veranlagung hatten die deutschen Stempelschneider Freude am Malerischen, und so überlasteten sie ihren Entwurf leicht mit einer Menge von Details. Die deutsche Heraldik dieser Zeit neigte zur Überfüllung, so dass selbst der Taler kaum Raum genug für alle Heroldstücke und Helmzierden eines deutschen Edelmannes bot.

Aus Sicherheitsgründenwerden nur Nachprägungen dargestellt. Die Originale sind sicher verwahrt.
 
Wieder mal was Schönes und Interessantes zu lesen ;)
Danke für diesen Beitrag, Dieter.

Gruss,
jeggy
 
Informativer Beitrag - vielen Dank Dieter!

Bringst Du zum Stammtisch (ähem, Verzeihung: Numismatischen Arbeitskreis) am Freitag ein paar "größere" Silbermünzen mit?

Aus Sicherheitsgründen werden nur Nachprägungen dargestellt. Die Originale sind sicher verwahrt.
Ich wusste garnicht, dass Du in Deiner Sammlung auch Originale hast (vermutlich beim Kauf nicht richtig aufgepasst....)
 
Die Originale habe ich aus Sicherheitsgründen einfach beim Händler im Tresor belassen.
 
Wieder ein sehr schöner, informativer Beitrag! :respekt:

Gruß Razorback
 
Ein wirklich sehr interessanter Beitrag.

Allerdings habe ich noch eine (vermutlich dumme ;)) Frage. Du schreibst, dass unter Ferdinand I. eine Münzordnung durchgesetzt wurde. Dann schreibst Du, dass sich "Kreise" bildeten und diese einen gemeinsamen "Talerfuß" durchsetzten.
Habe ich das richtig verstanden, dass also "eine Seite" des Talers jeweils in den Kreisen identisch war, aber sich von Kreis zu Kreis unterschieden? Oder haben sich alle Kreise auf dieselbe Talerseite verständigt?

Hat mal zufällig jemand von Euch Beispielbilder hierzu- nur wenn es nicht zuviel Mühe macht?!

Dank Euch im Vorhinein für die Antworten...
 
Das hat mit der Gestaltung der beiden Talerseiten nichts zu tun. Der "Talerfuß" bezieht sich lediglich auf das Gewicht und den Silbergehalt der jeweiligen Münze, also die "Werthaltigkeit", die Gestaltung der Münzen konnte durchaus völlig unterschiedlich sein.
Gruß
corrado26
 
Hallo Marco,
wenn Du Dich nicht schämst auch mal bei den kleinen Silbermünzen vorbei zu schauen, erlebst Du die gleiche Situation auch bei den Denaren.
Hier war es ein Herrschaftsbereich (die Karte zeigt sehr gut, wie groß er war) in dem die Münzen alle die gleiche "Wertigkeit", aber ein sehr unterschiedliches Aussehen hatten.

Bei den Guldinern war es jetzt nicht mehr ein geschlossener Herrschaftsbereich (obwohl der Kaiser die Oberhoheit hatte), aber im Laufe der Jahre die Herzöge und Fürsten zum großen Teil ihre eigene Münzhoheit erlangt hatten.
So mußte man verhandeln (genau so wie bei der Einführung des Euro), bis man eine einheitliche Grundlage für eine Münzenprägung hatte, die bei allen Verhandlungspartnern anerkannt wurde, egal wie die Münzen aussahen.
Hauptmerkmal war, dass diese Silbermünze den gleich Wert wie ein Goldgulden hatte, den der Kaiser kontrollierte.
Die Darstellung stand jeden offen, wenn ein falsches Erscheinungsbild gewählt wurde (wie BRD 100 Jahre Fernsehen) blieb die Münze einfach liegen und das Geschäft war nicht gelaufen.
 
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