Im Auftrag einer Reichsbehörde...

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... fand vom 27. bis 30. Oktober 1941 eine Versteigerung von insgesammt 1832 Losen duch das Auktionshaus Ludwig Grabow in Rostock statt.
Allein 546 Lose entfielen auf Gold, darunter 53 Reichsgoldmünzen, deren spektalukärstes Stück die Losnummer 455 ist.

In den Versteigerungsbedingungen wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für sämtliche Goldmünzen eine Freistellungsbescheinigung von Seiten der Reichsbank vorlag.
Ausländische Kunden wurden um Zahlung in Devisen gebeten ( nicht etwa in wertlosen Reichsmark ).

Ich fand die Fülle des Angebotes erstaunlich. Woher kamen im 3 . Kriegsjahr all die Münzen ? Hereingekommen durch die Ablieferungspflicht vom Jahre 1938 ? Beutegut ? Beschlagnahmung von " Nichtariern ", wie es im damaligen Jargon hiess ? Und wer ist die Reichsbehörde, die da nicht genannt wird ?

Beim Durchblättern des Kataloges habe ich mich gefragt, wem die Stücke einst gehört haben mögen und was aus den ehemaligen Besitzern ( und den Münzen ) geworden sein mag.

Hier geht es zum Katalog : klick
 
Ich denke, dass die Umschreibung "im Auftrag einer Reichsbehörde" für sich spricht.

Die Vermutung, dass es sich um beschlagnahmte Münzen handelt, drängt sich da fast auf...
 
...
Ich fand die Fülle des Angebotes erstaunlich. Woher kamen im 3 . Kriegsjahr all die Münzen ? Hereingekommen durch die Ablieferungspflicht vom Jahre 1938 ? Beutegut ? Beschlagnahmung von " Nichtariern ", wie es im damaligen Jargon hiess ? Und wer ist die Reichsbehörde, die da nicht genannt wird ?

Ablieferungspflicht halte ich für ausgeschlossen, da es sich hier praktisch
ausschließlich um numismatische Stücke handelt.
Siehe auch Freistellungsbescheinigung der Reichsbank.

Es sieht auch nicht nach einem Goldhort sondern nach einer Sammlung aus.
Ich würde jetzt sagen entweder da hatte jemand Steuerschulden oder
die Sammlung wurde von jemand beschlagnahmt aufgrund verbrecherischer
Gesetze
 
... fand vom 27. bis 30. Oktober 1941 eine Versteigerung von insgesammt 1832 Losen duch das Auktionshaus Ludwig Grabow in Rostock statt.
Allein 546 Lose entfielen auf Gold, darunter 53 Reichsgoldmünzen, deren spektalukärstes Stück die Losnummer 455 ist.

In den Versteigerungsbedingungen wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für sämtliche Goldmünzen eine Freistellungsbescheinigung von Seiten der Reichsbank vorlag.
Ausländische Kunden wurden um Zahlung in Devisen gebeten ( nicht etwa in wertlosen Reichsmark ).

Ich fand die Fülle des Angebotes erstaunlich. Woher kamen im 3 . Kriegsjahr all die Münzen ? Hereingekommen durch die Ablieferungspflicht vom Jahre 1938 ? Beutegut ? Beschlagnahmung von " Nichtariern ", wie es im damaligen Jargon hiess ? Und wer ist die Reichsbehörde, die da nicht genannt wird ?

Beim Durchblättern des Kataloges habe ich mich gefragt, wem die Stücke einst gehört haben mögen und was aus den ehemaligen Besitzern ( und den Münzen ) geworden sein mag.

Hier geht es zum Katalog : klick


Eventuell die "Reichszentrale für die jüdische Auswanderung"?! Den Antisemitismus des dritten Reiches als einem der Schwerpunkte der nationalsozialistischen Gesinnung brauche ich wohl nicht näher zu erläutern. Mit den Nürnberger Rassengesetzen vom 15. Sept. 1935 schufen sich die Nationalsozialisten die juristische Grundlage für ihre antisemitische Ideologie. Durch das sogenannte Blutschutzgesetz und ferner das Reichsbürgergesetz wurde der systematische Ausschluß der Juden aus der staatlichen Gemeinschaft bezweckt. Nur in wirtschaftlichen Bereichen durften sie vorerst noch weiter tätig bleiben. Jedoch mit dem Gesetz zur Änderung der Gewerbeordnung vom 6. Juli 1938 änderte sich auch dies grundlegend, denn mit Selbigem ergingen Berufsverbote und jüdische Firmen wurden zu Spottpreisen der Arisierung zugeführt.

Kurz darauf wurden die ersten polnischen Juden ausgewiesen. Ein daraufhin verübtes Attentat in der deutschen Botschaft in Paris auf den deutschen Diplomat vom Rath, welcher zwei Tage später an den Folgen seiner Verletzungen verstarb, nahm die nationalsozialistische Führung zum Anlaß für die sogenannte "Reichskristallnacht". In der Nacht vom 9. auf den 10. Nov. des Jahres 1938 wurden im gesamten Deutschen Reich Einrichtungen jüdischer Bürger zerstört. Dies betraf mehr als 1 400 Synagogen, Betstuben und sonstige Versammlungsräume, sowie tausende Geschäfte, Wohnungen und jüdische Friedhöfe. Noch am 10. Nov. begann die Inhaftierung von ca. 30 000 männlichen, meist wohlhabenden Juden. Sie wurden in die Konzentrationslager Buchenwald, Dachau und Sachsenhausen verschleppt, wo viele ums Leben kamen. Es wurde durch die Nazi - Führung entschieden, die Juden forciert zur Auswanderung zu drängen und so kam es am 11. Febr. 1939 auf Weisung Görings zur Einrichtung oben genannter Reichsbehörde in Berlin.

Die deutschen Juden mußten sich zur "Reichsvereinigung" zusammenschließen mit dem Ziel, daß wohlhabendere Juden den ärmeren die Ausreise finanziell ermöglichten. Bis zum Ausbruch des Krieges waren so von rund 500 000 Juden etwa 260 000 zwangsausgewandert. Aber auch die Selbstmordrate stieg an. Viele Betroffene, ja sogar ganze Familien nahmen sich das Leben, wenn sie keine Chance mehr sahen Deutschland verlassen zu können. Insgesamt verringerte sich die Zahl der Juden in Deutschland zwischen dem 17. Mai 1939 und dem 30. September 1941 dadurch um etwa weitere 70 000 Personen. Bruno Blau, langjähriger Herausgeber der "Zeitschrift für Demographie und Statistik der Juden" registrierte beispielsweise am 1. Okt. 1941 nur noch 163 696 Juden in Deutschland.

Am 18. Oktober 1941 begannen die Massendeportationen von Juden aus dem Deutschen Reich mit einem Transport aus Berlin, welcher über 1 000 Menschen in das Ghetto nach Litzmannstadt (heute: Lódz) brachte. Innerhalb von nur drei Wochen (bis zum 3. Nov. 1941) gelangten in zehn Transporten etwa 10 000 deutsche Juden in überfüllte polnische Ghettos. Weitere etwa 5 000 Juden wurden ins weißrußische Minsk, ca. 4 000 nach Kowno (heute: Kauen) in Litauen und ferner mehr als 9 000 Juden ins Ghetto der lettischen Hauptstadt Riga verschleppt. Bis zum Ende des Jahres 1941 waren in 28 Transporten mehr als 28 100 Personen aus dem Deutschen Reich "nach Osten" deportiert worden, sodaß die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland in Vorbereitung der sogenannten Wannsee - Konferenz am 1. Januar 1942 die Zahl von 131 828 Juden in Deutschland meldete.

Am 20. Januar 1942 fand in Berlin dann die oben genannte Konferenz statt, an welcher hochrangige Vertreter von nationalsozialistischen Reichsbehörden und Parteidienststellen teilnahmen. Den Vorsitz hatte SS - Obergruppenführer Heydrich, der von Göring mit der Gesamtorganisation der so genannten Endlösung der Judenfrage beauftragt worden war. Bei der Konferenz ging es vor allem darum, den bereits begonnenen Holocaust der Juden im Detail zu planen, zu organisieren und die Zusammenarbeit aller Instanzen zu sichern. In ziemlich deutlichen Worten wurde während der Konferenz beraten, wie die totale Vernichtung aller europäischen Juden erfolgen sollte ...

Gewiß gab es auch unter der damaligen jüdischen Bevölkerung Menschen, denen eine gepflegte Münsammlung das Herz in der Brust höher schlagen ließ bzw. auch solche, die ihre eventuellen Münzschätze zur Errettung ihres nackten Lebens versteckt hielten und ferner ist irgendwie das zeitliche Zusammentreffen dieser Versteigerung des oben benannten Auktionshauses mit dem Beginn der Massendeportationen im Oktober 1941 (welche sicherlich zeitlichen Vorlaufes bedurften) doch recht augenscheinlich. Warum die betreffende Reichsbehörde in diesem Zusammenhang nicht unbedingt genannt wurde liegt auf der Hand.



P.s.: Ich glaube, damit könnte auch Deine Frage "wem die Stücke einst gehört haben mögen und was aus den ehemaligen Besitzern geworden sein mag." wohl leider beantwortet sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die " Reichszentrale für jüdische Auswanderung " könnte die Behörde , die nicht genant werden sollte, sein. So kann jeder fleissig mitarisieren , ohne es so genau wissen zu müssen...

Das Schicksal der Vorbesitzer ist mir schon klar, meine Frage ware eher rethorischer Natur. Beim Durchlesen des Kataloges , versuchte ich mir den einzelnen Menschen und ein Schicksal vorzustellen.

In einem in den 70er Jahren erschienen Buch, in dem Sammler über ihr Sammlerleben berichten, wird an verschiedenen Stellen erwähnt, dass die Sammeltätigkeit im 3. Reich so ziemlich am Boden lag. Anhand dieser Auktion gewinnt man nicht den Einruck, leider fehlen Preisangaben , das wäre, wie Fusselbär schreibt auch von Interesse.

Helmut Caspar hat vor zwei Jahren in einer Zeitschrift etwas zum Münzenmarkt im 3. Reich veröffentlicht, leider habe ich den Artikel nicht.
 
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... fand vom 27. bis 30. Oktober 1941 eine Versteigerung von insgesammt 1832 Losen duch das Auktionshaus Ludwig Grabow in Rostock statt.
Allein 546 Lose entfielen auf Gold, darunter 53 Reichsgoldmünzen, deren spektalukärstes Stück die Losnummer 455 ist.

In den Versteigerungsbedingungen wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für sämtliche Goldmünzen eine Freistellungsbescheinigung von Seiten der Reichsbank vorlag.
Ausländische Kunden wurden um Zahlung in Devisen gebeten ( nicht etwa in wertlosen Reichsmark ).
Wer sich für das Thema " Münzensammeln und Münzenmarkt im 3. Reich " interessiert, dem sei das im September 2022 erschiene Sonderheft der " Geldgeschichtlichen Nachrichten ", das unter dem Titel " Münzsammlungen in Deutschland zwischen 1933 und 1945 - Erwerbungsquellen und Normdaten " der Frage nachgeht, wie jüdische Händler und Sammler nach der Machtergriefung Hitlers um ihren Besitz gebracht wurden und welche Spuren sich bis heute davon in öffentlichen Sammlungen noch finden.
Im Artikel " Wenn irgendwann lässt sich das jetzt verwirklichen. Die Erwerbung antiker Münzen für die Universität Rostock im Jahr 1939 " wird auch auf die Auktion Grabowaus dem Jahr 1941 eingegangen.
Ludwig Grabow aus Rostock war dem Artikel zufolge neben Waldemar Wruck aus Berlin einer der massgeblichen Münzhändler, mit denen die Behörden bei der Verwertung aus jüdischem Besitz stammenden Münzen zusammenarbeiten. Der Herkunftsnachweiss " im Auftrag einer Reichsbehörde " zielt vermutlich direkt auf die Reichsbank ab.
Ausländischen Kunden waren verpflichtet, in Devisen zu zahlen. Die Reichsmark war 1933 eine reine Binnenwährung geworden.
Sehe ich auch so!
Die Zuschlagpreise wären auch mal interessant.
Für die obengenannte Auktion habe ich keine Zuschläge gefunden. Auf einer 1939 stattgefundenen Auktion, in der die Uni Rostock über Grabow antike Münzen aus dem Lager der ehemaligen Münzhandlung Ball erwarb, lagen die Rufpreise 50 % unter den Listenpreisen Balls, die Zuschläge dann noch einmal ca 20 % unter den Rufpreisen .Im Artikel wird angemerkt, dass mit Kriegsausbruch eine Flucht in die Sachwerte einsetzte, was die Münzpreise anziehen liess. Der Artikel verweisst auf die Unterschiede zwischen den Rufpreisen bei Grabow 1939 und der Auktion des Münchner Händlers Otto Helbing 1940, Bei Helbing haben die Rufpreise demnach 180 % über dem Niveau von Grabow 1939 gelegen und wurden von den Zuschlägen übertroffen. Man darf davon ausgehen, dass dies auch für Grabow 1941 angenommen werden darf, sodass man davon ausgehen kann, dass die dort erzielten Preise eher über als unter Ruf lagen.
 
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