In die Deutschen Kolonien und zurück... Wertmarken auf dem Schiff und in den Kolonien

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Liebe Sammler,

Dieser Beitrag soll die Verwendung von Wertmarken auf der Reise in die Kolonien und auch die dort verwendeten Wertmarken und auch Münzen behandeln.

Angenommen wir befinden uns im Jahre 1914.
Wir stehen im Hamburger Hafen mit einem kleinen Koffer in der Hand.
Darin ist all unser Hab und Gut.
Wir wollen aufbrechen, Deutschland hinter uns lassen in der Kolonie Deutsch Ostafrika ein neues Leben anfangen.
Wir begeben uns nun auf eines der Schiffe und tauschen 5 Mark in die Bordwährung um uns während der Überfahrt genug Essen kaufen zu können.
Die Münze die wir eintauschen ist 5er aus Hamburg, aus Gold.
Wir bekommen dafür nun ein paar Alu und Zink Münzen


1. Schiffsgeld :

Bei Schiffsgeld handelt es sich um Wertmarken die nur an Bord des Schiffes Gültigkeit hatten, dessen Name auf der Wertmarke vermerkt war.
Diese Wertmarken gab es auch schon während der deutschen Kaiserzeit.
Die Wertmarken haben meist keine Währungsbezeichnung eingeprägt, ebenfalls ist ihr Wert meist in Pfennigen (nicht in Mark) angegeben.

Disskusionsthread zum Thema : siehe hier

Wir sind nun angekommen in Deutsch Ostafrika
Doch es ist nicht so wie wir uns es vorgestellt haben.
Das Land ist groß, es gibt riesige Plantagen und kaum andere Auswanderer.
Wir hören das in Deutsch Südwestafrika eine der beliebtesten Koloien zum Auswandern ist.
Um uns für die Reise quer durch Afrika genug Geld zu verdienen, arbeiten wir in einer Plantage.


2. Plantagengeld :

Bei Plantagengeld handelt es sich ebenfalls um Wertmarken die (wahrscheinlich) nur in der Plantage Gültigkeit hatten, deren Name auf der Wertmarke vermehrt war.
Plantagengeld aus Deutschen Kolonien ist ziemlich selten anzutreffen (viel seltener als Schiffsgeld)

Wir haben nun genug Geld zusammen um uns die Reise leisten zu können.
Wir besitzen nun noch eine Deutsch Ostafrikanische Rupie die wir versuchen in Windhuk in Mark umzutauschen.
Keine Chance.
Es gibt nicht mehr viel Kleingeld.
Doch dann lesen wir in einer Zeitung das das Deutsche Kaiserreich größeren Unternehmen in DSWA gestattet hat eigenes Notgeld auszugeben.
Wir bleiben dort erstmal und finden sogar Arbeit in einer kleinen Fabrik.


3. Notgeld aus Deutsch Südwestafrika :

Bei oben genanntem Notgeld handelt es sich um Wertmarken, die von privaten Unternehmen, die in der Kolonie Deutsch Südwestafrika ansässig waren ausgegeben wurden.
Diese wurden (wahrscheinlich) mangels Kleingeld ausgegeben.
Diese (meist größeren) Unternehmen wurde vom Deutschen Kaiserreich offiziell die Erlaubnis erteil das besagte Notgeld auszugeben.

Kurz vor Ausbruch des ersten Weltkrieges haben wir genug Geld zusammen.
Wir wagen eine besonders lange Reise :
Wir verlassen DSWA und fahren nach Neuguinea.
Da die Neuguinea Mark bereits Außer Kurs gesetzt war mussten wir nicht einmal Geld wechseln.
Als wir ca. 3 Monate später dort ankommen (wir mussten über Deutschland reisen) ist der Erste Weltkrieg bereits ausgebrochen.


4. Warum gab es eigentlich die Neuguinea Mark ?

Diese Frage zu beantworten ist nicht so einfach :
Deutsch Neuguineas Verwaltung unterlag einiger Zeit nicht dem Deutschen Kaiserreich sondern der "Neuguinea Compagnie", die auch das Recht erhielt in der Münze Berlin Münzen für Deutsch Neuguinea zu prägen.
Ähnlich war es ja Anfangs auch bei der "Deutsch Ostafrikanischen Gesellschaft" nur das es hier für den Unterschied der Währungen (Deutsch Ostafrika -> Deutschland) andere Gründe gibt.
Die Münzen der "Neuguinea Compagnie" erhielt natürlich auch den entsprechenden Schriftzug

Es dauerte nicht lange und Deutsch Neuguinea kapituliert ohne großen Wiederstand.
Wir konnte gerade so zurück nach Deutschland flüchten.
Das war er der Traum vom Auswandern...
Der Traum von einem neuen Leben in Deutschlands Kolonien.
 
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Zuletzt bearbeitet:
zu 1)
Da habe ich keine Informationen. Da wäre ich sehr an einer Diskussion bzw. Literaturmaterial interessiert....

zu 2)
Nach Sayers, 1930 (S. 189) und Arning, 1942 (S. 342) sind diese Stücke auch in Deutsch-Ostafrika geprägt worden, wahrscheinlich auch auf den Plantagen selber:
Until the scarcity of small coinage was relieved, some of the plantations and other employers of labour has issued private tokens called "marken". One of such, stamped from brass, was issued by the Afrikanische Plantagen Georg Hirsch, Morogoro. It bears on one side a pair of antlers over the letter "H" enclosing a heart, on the other side the value, the numeral "15"in large figures over the word "Heller".
Diese Münzen [Tabora-Stücke] wurden später von der Mandatsregierung nicht anerkannt und eingewechselt, ebensowenig wie die Zahlungsmittel, welche einige der Unternehmungen zur Entlohnung ihrer Arbeiter herausgegeben hatten, wie z.B. die Ostafrikanische Plantage Georg Hirsch, Morogoro, ein 15-Hellerstück herausbrachte, auf welchem ein hirschgeweih über einem H eingestanzt war.
Auch Krenkel, 1918 (S. 291, Fußnote) berichtet von verschiedenen Pflanzungen, die ihr eigenes Notgeld herausgebracht hatten:
Fast zur gleichen Zeit hatte Bezirksamtmann Auracher in Tanga, in dessen Bezirk die geldnot besonders empfindlich war, so daß sogar einzelne Pflanzungen Notgeld ausgegeben hatten, Versuche anstellen lassen, Münzen zu prägen. Diese Versuche wurden jedoch eingestellt, sobald die Errichtung einer Münze in Tabora gesichert war. Aus Muansa wurden dem Gouvernement Proben einer "Münze" aus vulkanisiertem Kautschuk vorgelegt, was der merkwürdigkeit halber erwähnt werden soll. Von einer weiterverfolgung dieser Erfindung wurde jedoch abgesehen, da die Stücke wenigstens in ihrer damaligen Form zu sehr an Spielmarken erinnerten.
zu 3)
Deutsch-Südwestafrika war bislang noch nicht mein Thema, aber ich kann folgendes Büchlein zum Einstieg empfehlen:

Meinhardt Günther (1955): Die Geldgeschichte der ehemaligen deutschen Schutzgebiete. Heft 1: Deutsch-Südwest-Afrika. Verlag der "Rundschau der Geldzeichensammler".


zu 4)
Zur Neuguinea-Mark kann ich zunächst folgende Quellen nennen:

"Denkschrift über das Geldwesen der Schutzgebiete, außer Deutsch-Ostafrika und Kiautschou (Deutscher Reichstag, 11. Legislaturperiode, I. Session 1903/1905, Drucksache Nr. 665)", sowie deren Anhang D. (1-3.) . Alles zu finden z.B. im Seidel (1973): Die Deutsche Geldgesetzgebung seit 1871, S. 129ff.
Ich habe dort beim Querlesen gefunden, dass die Neu-Guinea-Kompagnie beschlossen hat, Münzen in Berlin prägen zu lassen. Das Recht dazu hatte sie, sie verzichtet später jedoch auf das Rest weitere Prägungen durchführen zu lassen. Eine Außerkurssetzung der Münzen unterblieb (wahrscheinlich, weil die Kosten dafür die Gesellschaft nicht tragen wollte), so dass Sie an Stelle einer Versendung einen Großteil der Münzen einschmelzen ließ. Aus irgendeiner Quelle hatte ich auch gelesen, dass die Neu-Guinea-Kompagnie durch Fehlwirtschaftung sich schnell finanziell ruiniert habe - aber ich weiß im Moment nicht woher.

Eine weitere Quelle nützlicher Informationen bietet Herbert Rittmann (1986): Deutsche Geldgeschichte seit 1914 auf Seite 189ff: Dort erwähnt er kurz, dass wegen eines ständigen Abflusses von Reichsmünzen, immer ein Geldmangel geherrscht habe. Daher hat die Kompagnie sich entschlossen Münzen in Auftrag zu geben.

Schöne Grüße,
JPN
 
zu 1)
Da habe ich keine Informationen. Da wäre ich sehr an einer Diskussion bzw. Literaturmaterial interessiert....

zu 2)
Nach Sayers, 1930 (S. 189) und Arning, 1942 (S. 342) sind diese Stücke auch in Deutsch-Ostafrika geprägt worden, wahrscheinlich auch auf den Plantagen selber:
Auch Krenkel, 1918 (S. 291, Fußnote) berichtet von verschiedenen Pflanzungen, die ihr eigenes Notgeld herausgebracht hatten:
zu 3)
Deutsch-Südwestafrika war bislang noch nicht mein Thema, aber ich kann folgendes Büchlein zum Einstieg empfehlen:

Meinhardt Günther (1955): Die Geldgeschichte der ehemaligen deutschen Schutzgebiete. Heft 1: Deutsch-Südwest-Afrika. Verlag der "Rundschau der Geldzeichensammler".


zu 4)
Zur Neuguinea-Mark kann ich zunächst folgende Quellen nennen:

"Denkschrift über das Geldwesen der Schutzgebiete, außer Deutsch-Ostafrika und Kiautschou (Deutscher Reichstag, 11. Legislaturperiode, I. Session 1903/1905, Drucksache Nr. 665)", sowie deren Anhang D. (1-3.) . Alles zu finden z.B. im Seidel (1973): Die Deutsche Geldgesetzgebung seit 1871, S. 129ff.
Ich habe dort beim Querlesen gefunden, dass die Neu-Guinea-Kompagnie beschlossen hat, Münzen in Berlin prägen zu lassen. Das Recht dazu hatte sie, sie verzichtet später jedoch auf das Rest weitere Prägungen durchführen zu lassen. Eine Außerkurssetzung der Münzen unterblieb (wahrscheinlich, weil die Kosten dafür die Gesellschaft nicht tragen wollte), so dass Sie an Stelle einer Versendung einen Großteil der Münzen einschmelzen ließ. Aus irgendeiner Quelle hatte ich auch gelesen, dass die Neu-Guinea-Kompagnie durch Fehlwirtschaftung sich schnell finanziell ruiniert habe - aber ich weiß im Moment nicht woher.

Eine weitere Quelle nützlicher Informationen bietet Herbert Rittmann (1986): Deutsche Geldgeschichte seit 1914 auf Seite 189ff: Dort erwähnt er kurz, dass wegen eines ständigen Abflusses von Reichsmünzen, immer ein Geldmangel geherrscht habe. Daher hat die Kompagnie sich entschlossen Münzen in Auftrag zu geben.

Schöne Grüße,
JPN

Vielen Dank für diese Vielen Informationen :respekt:

Zu 1) Die Disskussion zu den Schiffsmarken sollte möglichst in dem anderen (oben Verlinkten Thread) stattfinden.

Zu 2) Das finde ich sehr beeindruckt, kann nur nicht ganz verstehen, wie man es schaft, in einer Plantage mit (wahrscheinlich) sehr primitiven Mitteln ein solch gutes Prägebild zu bekommen :respekt:
Ich nehme dort als vergleich immer gerne mal die Tabora Münzen.

Zu 3) Danke für die Empfehlung, hier wäre es ebenfalls nochmal interessant zu wissen wo die Stücke geprägt wurden.

Zu 4) Was meinst du mit
ständigen Abflusses von Reichsmünzen
?
 
Zu 4) Was meinst du mit " ständigem Abfluss von Reichsmünzen ?

Das steht sehr gut im Jaeger erklärt, im Kapitel über die Kolonialmünzen. falls Du den katalog noch nicht besitzt, kann ich seine Anschaffung nur empfehlen, für einen Sammler von Reichs- und kolonialgeld ist er unerlässlich.
 
Heute habe ich mir nun ein Schiffsgeld-Münzlein bestellt und werde es so bald es angekommen ist mal vorstellen:D.
 
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