M&S 3/2021 "Byzantinerschatz aus der Nähe Trojas"

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Als Byzanzsammler habe ich mich heute gefreut, in der neuesten M&S - ich glaube, seit Beginn meines Abos zum ersten Mal - einen ausführlichen Artikel über byzantinische Münzen zu finden. Alexander Glück berichtet von einem Münzfund in der Troas und gibt nebenher eine im Großen und Ganzen recht anschauliche Darstellung der Entwicklung der byzantinischen Goldwährung. Wie wenig bekannt aber die Geschichte und wie unvertraut die Münzen von Byzanz bei uns im Westen sind, zeigt sich an einem groben Schnitzer: Gefunden worden seien Münzen Justinians I. und seines Nachfolgers Justinian II. Das lässt aufhorchen, liegen doch zwischen diesen beiden Kaisern anderthalb Jahrhunderte! Da wäre es schon sehr seltsam, wenn man Münzen dieser beiden an einem Ort zusammen finden sollte, aber gleichzeitig keine Stücke von den zahlreichen Kaisern, die es dazwischen auch noch gab. Der Fehler liegt natürlich in einer schlichten Namensverwechslung: Gemeint ist nicht Justinian II., sondern Justin II., der in der Tat Nachfolger Justinians I. war. Abgebildet werden aber tatsächlich Münzen Justinians II., die nun doch deutlich einen ganz anderen Stil aufweisen und eine völlig neue Bildwelt bieten. Justinian II. (685-695 und nochmals von 705-711) war der erste, der Jesus Christus auf seinen Münzen abbilden ließ! Oder zumindest erkennbar abbilden ließ, denn die vermutliche Abbildung Christi auf einem minimal älteren westgotischen Tremissis König Erwigs (680-87; s. MEC 1,267) bietet eher ein Strichmännchen, das mit dem Gottessohn zu identifizieren schon einer guten Portion Phantasie bedarf. Die Darstellung auf den Münzen Justinians II. ist dagegen eindeutig, auch wenn es Variationen gibt: Auf den Münzen der ersten Regierungszeit wird Christus mit langen Haaren und Vollbart dargestellt, also dem bis heute vorherrschenden Bild entsprechend; während er in der zweiten Regierungszeit mit kurzem Bart und gekräuselten Locken zu sehen ist, in der Numismatik "syrischer Typus" genannt.
Münzen Justinians I. und Justins II. sind zumeist recht häufig und vergleichsweise günstig zu bekommen, während Münzen Justinians II. demgegenüber selten und a...teuer sind, speziell die Goldmünzen mit dem Porträt Christi. Von daher kann ich hier leider (noch?) kein passendes Bildmaterial einstellen ...
Mein Fazit: 1. Man soll nicht alles glauben, was geschrieben steht; 2. es täte "uns Westlern" gut, ein bisschen mehr wenigstens über die Grundzüge der byzantinischen Geschichte zu wissen. Rom endet eben nicht im Jahre 476, und seine Verdienste, die auch dem Westen noch ein Jahrtausend lang zugute kamen - Verteidigung gegen diverse Gefahren aus Richtung Osten, Bewahrung wenigstens eines Teils des antiken Literaturerbes etc. - sind durchaus der Erinnerung und Würdigung wert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Auch von mir herzlichen Dank für die Rezension des Artikels. Oi romanoi nannten sich die östlichen Römer bis zum Fall Konstantinopels und Ich glaube, die griechischstämmigen Türken, haben sich noch bis in unsere Tage so genannt.
 
In der modernen Türkei bezeichnet man als Rhomäer bzw. Römer (türkisch: Rumlar) alle Griechen, die außerhalb Griechenlands leben, namentlich diejenigen, die in Zypern oder als türkische Staatsangehörige in der Türkei leben.
 
Etwas offtopic was Münzen angeht aber ich möchte hier nocheinmal den Bezug zu Rum kurz wieder aufnehmen.

Hier eine griechische Kirche in Istanbul die von meiner Oma ihrer ehemaligen Wohnung nur 30 - 50 Meter entfernt war.
Bilder sind von Google Maps (streetview) entliehen.


Google Maps1.JPG
Google Maps2.JPG


Kumkapi ist ein Stadtteil von Istanbul. Die Gegend war sogar bis zu der Zeit als meine Mutter noch ein Kind bzw. Teenagerin war von vielen Griechen und Armeniern bewohnt. Später zogen immer mehr und mehr Landbewohner aus Ostanatolien dazu was zu folge hatte das das Viertel immer mehr verwahrloste.

Panayia Elpida (das ist griechisch und konnte von mir, selbst mit google translate nicht übersetzt werden)

Rum ortodoks Kilisesi (Hier wieder die Bezeichnung für die in der Türkei lebenden Griechen) Griechisch orthodoxe Kirche
 
Von den "Römern" gibt es nur schon seit den 1920er Jahren nicht mehr so sehr viele in der Türkei, so dass die meisten Kirchen kaum noch für ihren gedachten Zweck genutzt werden...
Der griechische Versuch, an alte Größe anzuknüpfen, ging damals gründlich in die Hose.
 
Der türkische Nationalismus im ersten Weltkrieg und 1955 in Istanbul waren maßgeblich Schuld an der Zerstörung und dem Verschwinden einer seit der Antike in Anatolien, Thrakien und entlang der Ägäis ansässigen Kultur. Aber auch die Revidierung des Vertrags von Sevres durch den Vertrag von Lausanne zu Gunsten der Türkei hat christliche Kulturgüter in die Hände derer gespielt die diese bereits schon versucht hatten zu zerstören.
 
Eine wunderbare Hommage an das griechische Istanbul :
 
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