Münzenprägungen vom Mittelalter bis Heute

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Hallo Münzenfreunde,

Die Bücher über die neuesten Münzen wurden vor rund 200 Jahren "Münzbelustigungen" genannt.

Mit diesem kleinen Beitag möchte ich daran anknüpfen und der Sammlergemeinde einige Informationen zukommen lassen, wie von Damals bis Heute Münzen hergestellt wurden und welche Fehler dabei auftreten können, die heute unter dem allgemeinen Begriff "Fehlprägungen" geführt werden.

In der Talerzeit gab es auch schon Abweichungen von der Norm,
aber was waren die Ursachen ---> Eine Fehlprägung?

Erst letztens habe ich eine etwas größere Münze bekommen, bei der die Buchstaben der Umschrift etwas komisch aussehen, könnte das eine Fehlprägung sein?

Taler-1560-August.jpg

Taler-1560-Details.jpg

Eine Erklärung wäre hier sehr hilfreich, damit man sie richtig einordnen kann.

Gruß diwidat
 
Ein Forumsmitglied schrieb mir, dass es möglicherweise Doppelsenkungen sein könnten.
Ein Anderer meinte, daß es Fälschungen sein könnten - verglichen mit seinen, sei aber kein richtiger Hinweis zu erkennen.

Um die Feststellung einer Fälschung ist es mir eigentlich dabei auch nicht gegangen, sondern eher um den Begriff "FEHLPRÄGUNG" bei alten Münzen zu klären.

Damals im 16. Jh. sind die Münzstempel fast komplett von Hand geschnitten worden (unter Verwendung einiger Punzen, die aber Eigentum des Stempelschneiders waren), daher gibt es oft diese "besoffenen" Buchstaben.

Die Münzen sind dann mit Ober- und Unterstempel auch noch von Hand geprägt worden. Bei den großen Schrötlingen konnte das aber nicht mit einem Schlag erfolgen, sondern es wurde mit vier bis fünf Schlägen (besonders in Sachsen??) das Bild des Stempels auf die Schrötlinge übertragen. Dazu schlug der Präger von verschiedenen Richtungen (Winkeln) auf den Oberstempel, ohne ihn zu verdrehen.

Bei den folgenden Münzen ist das sehr gut zu erkennen.

Taler-Joh-Georg-II.jpg

Taler-Vikariat.jpg

Die einzelnen Flächen kann man im Gegenlicht sehr gut unterscheiden. Bei der Pferdemünze sind die Flächen zusätzlich gekennzeichnet.
Die Doppel- oder Prellschläge erzeugen dabei dann auch Doppellinien und -Buchstaben. Also keine Fehlprägung, sondern einfach nur herstellungsbedingte Prägefehler.

Gruß diwidat
 
Hallo Münzfreunde,

mit der Prägung von Münzen habe ich mich schon eine ganze Weile beschäftigt. Wie prägten die Römer, die Münzer des Mittelalters, was lief in der Talerzeit, und was ist eine Prägung im Ring und warum sind die Sammler so scharf auf verprägte und verdorbenen Münzen der Gegenwart?

Im Mittelalter war das Silber noch besonders wertvoll. Für 10 Kilo Silber mußte ca.1 Kilo Gold bezahlt werden,
heute reichen ca. 158 Gramm Gold für die 10 Kilo Silber.

Entsprechend wurden auch die Silbermünzen gehandhabt. Bei der aufblühenden Wirtschaft im Mittelalter wurde aber viel Geld gebraucht.
Man sieht es am Herstellungsprozess der Pfennige und Heller.
(des Bild zeigt die Herstellung von Vierschlaghellern)

Muenzwerkstatt-MA.jpg

Auch größere Münzen wurden in den Münzstätten schon fast wie am Fließband hergestellt. Die dazu gehörigen Stempel haben aber noch keine Ähnlichkeit mit unseren heutigen Prägewerkzeugen.

Münzprägung-2.jpg

Münzprägung-3.jpg

Die Oberstempel wurden von Hand geführt und dann mit einem Hammer kräftig darauf geschlagen. -> Achtung Daumen einziehen :D

Münzprägung-4.jpg

Praegestempel alt.jpg -> Stempelpaar für die Prägung kleiner doppelseitiger Münzen

Die Hülsenprägung wurde bei den einseitigen Pfennigen und den größeren Brakteaten benutzt. Es gab dabei nur einen Stempel mit der Gravur, die Gegenseite war Leder, Holz oder andere uns unbekannte Materialien in einer Hülse.

Gruß diwidat
 
In Fortsetzung des obigen Artikels eine Darstellung der moderneren Münzenproduktion im 18. und 19. Jh.

Die Münzenprägung hat sich im Laufe der Zeit ständig weiter verbessert, einfach nur, um mit weniger Personal mehr Münzen produzieren zu können.

Das einfachste Werkzeug war die Prägezange, mit der man schnell und einfach kleinere Münzen in großen Mengen erzeugen konnte.

Praegezange.jpg

Die Sachsen Münzer mußten noch 4 -5 mal auf einen Talerschrötling schlagen, bevor er fertig gestellt war. Mit dem großen Balancier konnten die schweren Münzen aber mit einem Schlag gefertigt werden, was auch der Präge-Qualität zu Gute kam.

Praegung 2.jpg

eine kleine, aber sehr effiziente Maschine war die Uhlhornsche Kniehebelpresse. Auf dieser Maschine wurden die Halbtaler und Gulden in großen Mengen hergestellt. In Berlin standen sie in langen Reihen, um den Münzenbedarf zu decken.

Kniehebel kommt daher daß die Kraft die auf den Stempel drückte mit einem Knickgelenk, ähnlich einem menschlichen Bein bei dem jemand auf die Kniescheibe drückt, erzeugt wird

Uhlhorn-Praegemaschine.jpg

das folgende Bild entspricht, bei aller künstlerischen Freiheit, der Installation der darauf folgenden Maschine in einer Münzstätte.

Münze Prägung.jpg

Diese Maschine von Thonnellier ist der große Bruder der Uhlhornschen Kniehebel Presse, mit wesentlich größerer Kraft und automatischer Rohlingszufuhr.
Die Prägung von Doppeltalern, die früher mit dem Balancier geprägt wurden, war auf dieser Maschine dann kein Problem mehr.

Praegemaschine1.jpg

Diese Prägepressen arbeiteten anfangs noch ohne Prägering.
Die Rädelung (Blätter, Ranken, Riffelungen etc.) wurde manchmal sogar erst nach dem Prägen angebracht.

Gruß diwidat
 
Noch eine Runde Münzenprägung.

Mit der Einführung der Prägung im Ring hat sich das Aussehen der Münzen und die gesamte Prägetechnik verändert. Erstmals konnten hiermit Münzen (und Medaillen) mit definierten Durchmessern und vertieften Randschriften geprägt werden.

Muenz Praegung.jpg

Für die Prägung im Ring mußte der Rohling entsprechend vorbereitet werden. Die aus der Zaine ausgestanzte Ronde wurde in der Rändelungsmaschine vom Rand her so angestaucht, dass am Rand ein starker Grat entstand, aus dem sich später das Randstäbchen bildet, in einem weiteren Arbeitsgang wurden sie mit der entsprechenden Randschrift versehen.

Münze Ringprägung.jpg

Randschrift-Münzen wurden dann in glatten Prägeringen geprägt, damit die Einprägung der Randschrift nicht wieder zerstört wurde. Münzen mit Riffelung werden in geriffelten Ringen geprägt, da man diese Riffelung nicht vorher anbringen kann.

Aus der Befestigung der Stempel kann man schon entnehmen, daß eine leichte Verwechselung von Ober- und Unterstempeln nicht möglich ist und auch nicht einfach zufällig entstehen kann, es ist immer eine entsprechende Manipulation dazu nötig.

Muenze Prägung.jpg

Der Prägering wird so auf dem Maschinentisch befestigt, so daß der Ober- und Unterstempel in ihm zusammen treffen.
Bei der Prägung fährt der Oberstempel hoch, der Rohling wird in den Ring gelegt, der Oberstempel fährt herunter und beprägt den Rohling innerhalb des Ringes, dann fahren beide Stempel zusammen hoch und stoßen die fertige Münze aus.

Praegung 4.jpg

Die Ansicht zeigt den Prägesaal von Karlsruhe in den 70er Jahren vor dem großen Umbau der Münzstätte.
Deutlich sind die Vorratsbehälter und die Rohlings-Zuführungen an den Maschinen zu erkennen. Eine falsch Rohling-Materialfarbe (z.B. gelb statt rot oder so) leuchtet hier schon von weitem und ist sofort zu erkennen.

Praegung 5.jpg

Nach dem Umbau sind alle Maschinen mit Lärmschutzhauben versehen worden.
Der Ablauf der Münzenprägung und der Kontrollen nach der Prägung haben sich aber nicht geändert.
Für die Münzmanipulationen in den 70er Jahren in der Münze Karlsruhe sind die Beteiligten mit Gefängnis bestraft worden. Die Ausgangskontrolle hat daher an dieser Münzstätte einen besonders hohen Standard.

Gruß diwidat
 
Und nun noch die letzte Runde zur Münzenprägung, die Rändelung.

Im Laufe der Entwicklung, unser Geld von Hand herzustellen, hat sich die Gestaltung der Münzenränder auch mit verändert.
Ursprünglich wurden diese Metallscheiben mit Locheisen aus den Zainen heraus gehauen, auch geschrotet wie der Schmied sagt. Daher der Name Schrötling für das ungeprägte Stück Metall.
Bei den älteren Münzen ist dieses Verfahren noch an den scharfen Rändern zu erkennen.
Zur Verhinderung von Metallabtragungen vom Rand der Münzen (Münzen beschneiden), wurden die Ränder später mit einem Muster versehen. Da findet man Lorbeerzweige, Ketten von Ringen, Riffel schräg und senkrecht und was es sonst noch an endlos Mustern gab.
Die Sachsen z.B. haben ihre Münzen einfach rundherum behämmert.

Eine Justierung der Münzen am Rand war dann nicht mehr möglich, daher wurde auf der Fläche justiert, wovon in Bayern die Madonnen Taler ein gutes Beispiel abgeben.

Die Rändelung ist von Anfang an mit Maschinen vollzogen worden in denen ein Randeisen eingespannt war und die Münzen mit starkem Druck darauf abgerollt wurden.

Münze Rändelung 1.jpg Rändelmaschine-2.jpg


Später hat man die Handkraft durch andere Antriebe ersetzt, die ein kontinuierliches Arbeiten erlaubten und weniger Personal benötigten.

Münze Rändelung 2.jpg

Das Randeisen ist eine feststehende Prägeform mit einer Rille, in der die Randschrift graviert ist.
Verwechselungen der Randeisen kommen auf jeden Fall nicht vor, da bin ich sicher.
Eher werden mal die gerändelten Rohlinge (so heißen die Schrötlinge heute) an der falschen Prägemaschine abgesetzt, in der die Stempel für einen andern Münztypen montiert sind - da geschieht eine Verwechselung recht leicht, wenn man nicht aufpasst.

Muenze Randprägung.jpg

Die Stauchung des modernen Rohlings wird in einem Arbeitsgang ausgeführt und die Prägung der Randschrift in einem anderen.
Angetrieben von dem Treibrad wird der Rohling in den für seinen Rohdurchmesser zu engen Spalt zwischen Rad und Staucheisen gepresst und abgerollt, er verringert dabei seinen Durchmesser, das überschüssige Material erscheint als Randstauchung. Die Randschrift wird in einem weiteren Arbeitsgang über einem Randeisen eingepresst.
Ungenauigkeiten in diesem Zusammenspiel können zu fehlerhaften Randschriften führen.
Der aufgestauchte Rand (Grat) erscheint an der geprägten Münze später als Randstäbchen.

Da die Randschrift vor der Prägung angebracht wird, ist in statistischen 50% der Münzen die Randschrift von der Rückseite zu lesen.
Das ist KEINE Besonderheit, sonden ein ganz normaler Vorgang.

Rand Praegung.jpg

Jetzt ist die Reihenfolge der Bilder in der Gesamtdarstellung zwar nicht mehr ganz chronologisch, aber die geübten Betrachter in diesem Forum werden den Zusammenhang schon richtig erkennen können.
Die Darstellung der Prägetechniken von alters her ist für den Sammleranfänger gedacht, um sich ein Bild über die Herstellung der Münzen zu machen und welche Fehler dabei gemacht werden können, die nach allgemeiner Auffassung zu Fehlprägungen führen.

Fehlprägungen an alten Stücken bedingten eine Wertminderung, da die Sammler eher die perfekten Münzen bevorzugten.

Diese Betrachtung hat sich heute umgekehrt und den Markt verändert.

Gruß diwidat
 
Hallo diwidat,

vielen Dank für diesen wirklich sehr informativen Threat:).

Und :respekt:für Deine genauen Ausführungen und den sehr guten Bildern. Ich war noch nie in einer Prägestätte, hoffe aber, dass es dieses Jahr mal klappt mit einer Besichtigung.

Ich finde solche Beiträge gibt es hier einfach zuwenig...
 
Hallo ihr beiden -
jetz sind wir schon zu dritt, die sich für die Herstellung von Münzen interessieren.

Unsere anderen Kollegen suchen immer noch nach diesen kleinen Bläschen auf den Euros, um sich an einer vermeintlichen Fehlprägung zu erfreuen :D

Happy Hunting in the Wallet - wünscht diwidat
 
Auch ich interessiere mich vor allem für die Werkzeuge aus allen Herstellungsepochen. Das Interessante ist der Umgang mit Ihnen und das Ergebnis.

Fehlprägungen interessieren mich nicht.

Danke für diesen Beitrag. Ich suche Literatur aus dieser Zeit. Bedruckte Seiten sind immer noch besser als PC Seiten.
 
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