Neuzugänge in eurer Altdeutschland-Münzsammlung

Damit beginnen Deine Ausführungen
Anlass war, wie auch erwähnt, daß immense Interesse an Hessen bei der aktuellen Wago und der an mich herangetragene Wunsch einiger Forianer, auch hier mal etwas nicht alltägliches dieses Gebietes zu veröffentlichen.

Welches von den vorgestellten Stücken ist denn neu in Deiner Sammlung?
Ein Taler der Rother Ausbeute

Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen, ich finde Deine Ausführungen sehr interessant, sie haben eigentlich einen eigenen Thread verdient
Danke für die "Blumen"
Um kein Mißverständnis aufkommen zu lassen:), dieser Thread wird im Altdeutschlandteil wahrscheinlich von den meisten Usern verfolgt und somit kann ich einem maximal breitem Kreis möglicher Interessenten etwas an Hintergründen hessischer Münzgeschichte mit auf den Weg geben.
Denn viele unserer kleinen Schätzchen erzählen so interessante Geschichten;).................leider ist davon viel zu wenig zu lesen.

Die Moderatoren können aber auch gerne verschieben oder einen eigenen Thread eröffnen.
 
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Heute bei mir eingetroffen ist dieser Celler Reichstaler mit einem Brustbild des Herzogs Friedrich, geprägt 1642 in Clausthal unter dem Münzmeister Leopold Weber (Lippold Wefer).
Die umfangreichen Titel des Herzogs werden in der Umschrift der Vorderseite in gotischer Schrift benannt: Frideri(ch) Hert(zog) zu B(raunschweig) u(nd) L(üneburg) Coadj(utor) d(e)s Stift(s) Ratz(e)b(urg) Thump(ropst des) E(rzstifts) B(remen)
Auf der Rückseite der weise Spruch „Fried Ernehrt – Unfried verzehrt“, der nicht nur 1642 im Dreißigjährigen Krieg seine Berechtigung hatte.

Braunschweig-Lüneburg-Celle Reichstaler 1642, Welter 1414
BS LG Celle W1414 1642 Reichstaler Av.jpg BS LG Celle W1414 1642 Reichstaler Rv.jpg BS LG Celle W1414 1642 Reichstaler Avschräg.jpg BS LG Celle W1414 1642 Reichstaler Rvschräg.jpg


Die letzten Prägungen dieses Taler-Typs erfolgten 1643, danach erschienen die Taler mit Umschriften in lateinischer Schrift. Auf meinem Exemplar aus dem Jahr 1645 lautet diese: V G G FRIDERICH HERTZOG ZU BR U LU P C D S R E D P D E B.
Fast noch unverständlicher als zuvor. Im Klartext: Von Gottes Gnaden Friedrich Herzog Zu Braunschweig Und Lüneburg - Postulierter Coadjutor Des Stifts Ratzeburg - Erwählter DomPropst Des Erzstifts Bremen

Hier mal beide Taler zum Vergleichen.
BS LG Celle W1414 u 1415 Reichstaler 1642 u 1645 Av.jpg BS LG Celle W1414 u 1415 Reichstaler 1642 u 1645 Rv.jpg


Und jetzt noch eine Frage an euch. Mein Neuzugang war vor ca. 1 ½ Jahren schon einmal versteigert und zu einem deutlich höheren Preis zugeschlagen worden. Nun hatte ich Bedenken, dass mit diesem Stück etwas „nicht in Ordnung“ ist. Außer dem in der Auktionsbeschreibung erwähnten „ganz leichten Belag“ und den nicht erwähnten feinen Kratzern im Feld der Vorderseite habe ich aber nichts feststellen können. Fällt euch etwas Besonderes auf?
 
könnte es sein, das Teile des Münzbildes ( sehr gut ) nachbearbeitet sind ?
Ich hoffe nicht. Das Stück ist als Prachtexemplar in vz-st angeboten worden. Von daher erwarte ich, dass Original-Details noch gut erkennbar sind - und nicht nachträglich wieder "eingefügt" worden sind. Als Laie auf diesem Gebiet bin ich dabei aber vorsichtig.
Möglicherweise erkennt man mehr auf dem Scan der Vorderseite, den ich jetzt mal erstellt habe.
BS LG Celle W1414 1642 Reichstaler Av Scan.jpg
 
Das Stück ist als Prachtexemplar in vz-st angeboten worden.
Das ist in der heutigen Zeit keine Garantie für ein " einwandfreies " Stück .
Die möglichen Bearbeiter der Münzen bei diesem Auktionshaus haben eine sehr unterschiedliche "Mentalität" und Sichtweise beim Beschreiben der Ware.
Möglicherweise erkennt man mehr auf dem Scan der Vorderseite, den ich jetzt mal erstellt habe.
Wenn Details ( sehr gut ) nachgeschnitten sind, ist das nur in der Hand ersichtlich.
Ich habe zu Deinem Stück zwar ein " Gefühl ", aber mein Bauchgefühl wird hier auch keine Klarheit schaffen.
Dein Scan läßt aber möglicherweise auch minimalst bearbeitete Felder vermuten und nach Begutachtung des aktuellen Auktionsbildes sollte die Frage nach der Art des Belages gestattet sein.
Handelt es sich um Fundbelag oder möglicherweise um eine chemisch manipulierte Oberfläche, die kleinere Bearbeitungen kaschieren soll ?
 
Zuletzt bearbeitet:
Vorab die Information über die Fotos:
Das Stück zu 10 Kreuzern von 1867 (oben rechts) ist in dieser Woche eingetroffen

Auf dem Foto sind zu sehen die Stücke zu 5 und 10 Kreuzer des ersten und des letzten Prägejahres aus der Münzstätte Wien (Jäger 332, 333, 324 und 325)

Einige Jahrgänge wurden auch in den anderen Münzstätten geprägt, besonders selten sind die Buchstaben B (Kremnitz) und E (Karlsburg).

Der Jahrgang 1867 mit dem veränderten Porträt wurde nur in Wien geprägt.

Da die Nominale 5 und 10 Kreuzer in der damaligen Zeit ungewöhnlich sind, in Süddeutschland gab man Stücke zu 3 und 6 Kreuzern heraus, folgt etwas über den historischen Hintergrund.

In den Münchener (1837) und Dresdener (1838) Verträgen haben die Staaten des Deutschen Bundes die ersten Schritte zu einer Vereinfachung der Währungsverhältnisse innerhalb des Bundes getan.
Es nahmen nicht alle Staaten teil, vor allem die Hansestädte und Mecklenburg fehlten, aber auch die Führungsmacht innerhalb des Deutschen Bundes, Österreich, war nicht einbezogen.
Österreich sah darin zu Recht einen verstärkten Einfluss Preußens auf die anderen Staaten.
Schließlich war der doppelte preußische Taler die Verbindungsmünze zwischen dem nord- und dem süddeutschen Währungsgebiet geworden (VII Eine Feine Mark = 2 Taler = 3 ½ Gulden)
Dem wollte Österreich entgegenwirken.
Man lud nach Wien ein.

Das Ergebnis ist der Wiener Vertrag von 1857.
Mit mehr oder weniger Abwertung der bisherigen Währungen brachte man eine für damalige Verhältnisse brauchbare Relation zwischen den drei Währungsgebieten zustande. Bei dieser Gelegenheit löste man den Bezug zur kölnischen Mark ab zugunsten des Zollpfundes zu 500 Gramm.

Weiterhin ordnete Österreich seine Währungsverhältnisse gleich so, dass die Landeswährung Gulden (Abkürzung FL = Floren) nicht nur zum Talersystem (neuer Name Vereinstaler) der anderen Länder passte (1 Gulden = 2/3 Vereinstaler) sondern auch so, dass der Gulden zu 100 Kreuzer gerechnet wurde, man führte also das Dezimalsystem ein. Dazu brauchte man einen geänderten Kreuzer, vorübergehend Neukreuzer genannt.

Das hatte allerdings auch eine unschöne Seite, es gab nun den süddeutschen Kreuzer, von dem 105 einen Vereinstaler ausmachten und den österreichischen Kreuzer, von dem man 150 für einen Vereinstaler benötigte. Eine schöne Folge der Neuordnung war, dass der österreichische Viertelgulden und der norddeutsche Sechsteltaler gleichwertig waren.

D.h. Österreich gab ab 1857 parallel Münzen in Vereinswährung heraus, den Vereinstaler und den doppelten Vereinstaler (mit deutscher Um- und Randschrift) und die Landesmünzen zu 2 Gulden, 1 Gulden und ¼ Gulden mit lateinischer Um- und Randschrift.

Auch die Kleinmünzen zu 10, 5, 4, 1 und 5/10 Kreuzer waren Landesmünzen, ein wenig inkonsequent mit deutscher Inschrift.

Die Landesmünzen waren teilweise auch in den anderen deutschen Staaten beliebt, obwohl sie nicht für diese gedacht waren. So wird z.B. der Gulden als Grund dafür angesehen, dass man bei der Einführung der Mark das Zweimarkstück schuf.

Nun zurück zu den Fotos.
Der Jahrgang 1867 ist ein eigener Typus aufgrund des Porträts.
Franz Joseph war inzwischen „zugewachsen“ und älter geworden.

Im Jahre 1867 war aber auch der „Österreichisch-Ungarische Ausgleich“, ab dann gab es getrennte Münzausgaben für die beiden Kronländer. Der Gulden hieß nun in Ungarn Forint.
Das bedeutete das Ende der Prägung der vorgestellten Stücke.
Die höheren Werte, aber auch die 1 Kreuzer und die 5/10 wurden für Österreich alleine weitergeprägt, vor allem die Gulden und Doppelgulden.
Das Nominal zu 5 Kreuzern wurde vollständig eingestellt, das zu 10 Kreuzer bekam ein neues Design.

Die Guldenwährung lief bis 1892 und wurde dann in beiden Ländern durch die Krone zu 100 Hellern abgelöst.
Der Grund dafür war die (reichlich verspätete) Umstellung der Währung von Silber auf Gold.
Der Gulden lief noch ein paar Jahre bis 1900 als 2 Kronenstück um, aber so etwas kennt man ja auch aus dem Deutschen Reich in Bezug auf den Taler.
 

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Vielen Dank an joro_73 und Medaillenfreund für eure Einschätzungen.
Ich habe leider aktuell und in den nächsten Tagen keine Zeit, um mich näher mit der Münze zu beschäftigen. Das einzige, was ich jetzt noch geschafft habe, ist ein weiteres Exemplar zu finden, das mit denselben Stempeln geprägt worden ist. Dies ist leider nicht so gut erhalten.
Auktionsplattform für Münzen, Medallien & Co | Sixbid

Vielleicht hilft es aber dennoch bei der weiteren Beurteilung, falls sich jemand mit der Frage der Nachbearbeitung noch beschäftigen möchte.

Handelt es sich um Fundbelag oder möglicherweise um eine chemisch manipulierte Oberfläche, die kleinere Bearbeitungen kaschieren soll ?
Zu der Art des Belags kann ich nichts sagen – und andere, ohne die Münze näher untersuchen zu können, vermutlich auch nicht. Mal schauen, ob und wie ich dieses Dilemma lösen kann.
 
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