Neuzugänge in eurer Altdeutschland-Münzsammlung

Nach dem Motto „Du hast keine Chance, aber nutze sie!“ biete ich immer mal wieder bei Künker-Auktionen mit. Die dort erzielten Zuschläge zeigen meinen Höchstgeboten jedoch in den allermeisten Fällen ihre Grenzen auf. Diesmal hat es aber geklappt, sowohl in der Auktion Nr. 335 als auch in der e59. Außerdem habe ich bei einem Händler weitere Münzen erworben. Ich werde euch diese Münzen in den nächsten Tagen vorstellen – in der Hoffnung, dass mir bald alle Münzen vorliegen, denn auch bei Künker klappt es mit dem Versand im Moment nicht so schnell, so dass bei mir erst die Münze aus der Auktion 335 angekommen ist.

Diese Münze stand zwar nicht ganz oben auf meiner Wunschliste, ist aber dennoch sehr interessant.
Es geht weit zurück in die Zeit Kaiser Konrads II., dem mein Heimatort seine erste urkundliche Erwähnung verdankt (so jedenfalls die offizielle Lesart). Nach einer Münze aus der königlichen Münzstätte in Dortmund, die ich vor einiger Zeit präsentiert habe, ist nun auch eine Münze aus Köln in meine Sammlung gekommen. Diese liegt in mehrfacher Hinsicht am äußersten Rand meiner Heimatsammlung; mit diesen Pfennigen kenne ich mich kaum aus. Ich zitiere daher hier lieber Bernd Kluge, der in „Deutsche Münzgeschichte von der späten Karolingerzeit bis zum Ende der Salier“ auf Seite 71 schreibt: „Die bedeutendste Münzstätte Niederlothringens wie des ganzen Reiches ist Köln. In salischer Zeit war die Münzprägung eindeutig in der Hand des Erzbischofs. Pilgrim (1021-36) setzt als erster Erzbischof seit Bruno (953-65) seinen Namen auf die Münzen, die außerdem auch noch Namen und zum Teil Bild Kaiser Konrads II. enthalten.“

Das Bild des Kaisers ist auf meiner Münze schon nicht mehr dargestellt. Auf der Vorderseite ist ein Kreuz zu sehen, in den Winkeln PI - LI / GR – IM. Die Umschrift verweist auf den Kaiser: + CHVONRADVS IMP(erator). Auf der Rückseite ein fünfsäuliges Kirchengebäude mit spitzem Giebel. Bei der Umschrift, die eigentlich SANCTA COLONIA lauten sollte, ist dem Stempelschneider ein Schreibfehler unterlaufen: Statt COLONIA steht dort OCLONIA. Münzen mit diesem Stempelfehler scheinen recht selten zu sein, ich habe jedenfalls bei meiner kurzen Internetrecherche kein weiteres Exemplar gefunden.

Da Pilgrim von 1021 bis zu seinem Tod 1036 Erzbischof von Köln und Konrad II. von 1027 bis 1039 Kaiser war, lässt sich der Prägezeitraum dieser Münze auf die Jahre 1027 bis 1036 eingrenzen.

Eine zentriert und gut ausgeprägte Münze, die Umschrift voll lesbar, vorzüglich erhalten, mit 1,54 g recht schwer - und mit viel Geschichte dahinter. Das freut mich!

Erzbistum Köln, Pilgrim und Kaiser Konrad II., Pfennig o. J. (1027 – 1036), Dbg 381, Häv 222, Kluge 363

Köln Pfennig Dbg 381 Av2.jpg Köln Pfennig Dbg 381 Rv1.jpg Köln Pfennig Dbg 381 RvTA OCL1.jpg
 
Im Jahre 1763 gab es bei den Münzen der Stadt Hildesheim testweise eine Serie von Kleinmünzen, bei denen die Darstellung des Stadt-Wappens verändert worden ist.
Die vier einzelnen Flächen des Schildes wurden den heraldischen Regeln seiner Zeit nach erstmals korrekt dargestellt, sodass diese folgerichtig bei diesen Münzen die Farben rot und gold symbolisieren.
Dies war mir lange Zeit über ganz entgangen. Jetzt konnte die beiden besagten Kleinmünzen für meine Sammlung erwerben.
rechts: Jahrgang 1763
links: frühere Vergleichs-Jahrgänge

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Kurfürstentum Sachsen

Friedrich August III.
1 Taler 1780
geprägt in Dresden

In natura sieht das Stück noch besser aus. Auch wenn der Kurfürst ein paar Narben im Gesicht hat, ist das ein tolles Stück mit einer super Patina.
Mein bester Treffer vom letzten Sonntag.

Normalerweise bin ich ein Gegner davon, unterschiedliche Erhaltungsangaben für jede Münzseite zu machen, aber hier ist Revers wirklich super erhalten. Beim Avers gefällt mir die alte Patina.
 
Ein weiterer badischer Kronentaler ist bei mir eingetroffen, und zwar eine (von mir gefundene) recht seltene Untervariante der bei Kahnt 16e beschriebenen Variante mit enger Jahreszahl, jedoch mit einer anderen Anzahl und Verteilung der Oliven in den Zweigen auf der Wertseite. Von dieser Untervariante konnte ich in zurückliegenden Auktionen lediglich zwei Angebote aus den Jahren 2007 und 2012 finden.

Großherzogtum Baden
Ghzg. Karl (1811-1818)

1 Kronentaler 1814

Katalog:
Kahnt 16e (Untervariante)
AKS 24 Variante
Kronentaler-14-07-a.jpg Kronentaler-14-07-r.jpg
 
Zuletzt bearbeitet:
Mir gefallen die Anhalter, der ist weit weg von perfekt aber trotzdem schön. Manchmal kann ich den Auflagezahlen in den Katalogen nicht so recht trauen. Großes Angebot, verhältnismäßig niedrige Preise und dann so geringe Auflagen? Mir solls recht sein.
 

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Da die Münzen von Künker noch nicht bei mir eingetroffen sind, weiche ich von meinem Plan, euch die Münzen in chronologischer Reihenfolge zu zeigen, ab und komme zu einer Münze aus Diepholz.

Die Edelherren von Diepholz hatten zwar kein Prägerecht, prägten aber trotzdem Münzen. Dabei ahmten sie andere Münzen nach, blieben in Schrot und Korn jedoch in der Regel unter den Vorgaben der Originale. Mein Neuzugang ist ein Beischlag zu einem böhmischen Weißpfennig (Putschänel) unter König Wladislaus II., der aller Wahrscheinlichkeit nach ausschließlich zum Umlauf in Böhmen bestimmt war. Münzherr ist der Edelherr Rudolf VIII. (NOBL RODOLF D DIPHOLT), der in Diepholz bis zu seinem Tod 1510 regierte. Entstanden ist die Münze Ende des 15. oder Anfang des 16. Jahrhunderts, sie wiegt gerade mal 0,35 g.

Herrschaft Diepholz, einseitiger Pfennig o. J. (um 1500), Giesen 6.1
Diepholz Giesen 6.1 Pfennig Rudolf.jpg


Nach dem Tod Rudolfs regierte in Diepholz sein Sohn Konrad XII. mit seinen Brüdern. Ich habe in meiner Sammlung einen Pfennig, der in seiner Umschrift NOBL CONRAT D DIPHOL eben diesen Konrad nennt. Angesichts der Entwicklung der Löwendarstellungen war er aber möglicherweise gar nicht der Münzherr, sondern bereits sein Vater Rudolf.

Hier beide Münzen (Giesen 6.1 und 6.2) zum Vergleichen:
Diepholz Giesen 6.1 u 6.2 Pfennige Rudolf u Konrad.jpg
 
Auch der dritte Neuzugang liegt am Rand meiner Heimatsammlung. Es handelt sich um einen Witten aus Lüneburg aus der Zeit des Wendischen Münzvereins, und zwar aus dem Jahr 1502.
Warum habe ich mir dieses Stück gekauft, wenn ich doch in der Regel Münzen der Welfen zeige?

Meine Heimat liegt in der ehemaligen Grafschaft Hoya, die im Jahr 1582 nach dem Tod des letzten Grafen von Hoya an die Welfen fiel (zum größten Teil jedenfalls). Für die Zeit vor 1582 versuche ich daher, Münzen der Grafen von Hoya zu sammeln. Diese sind jedoch rar gesät und - wenn überhaupt erhältlich - dann recht teuer. Deshalb habe ich mir überlegt, mir einen besonderen Umstand „zunutze“ zu machen: Die Hoyaer Münzen waren Beischläge zu anderen Münzen, die in der Grafschaft umliefen. Diese Vorbilder kommen weniger selten vor und sind daher eher zu ergattern. Damit kann ich meine Lücken zumindest dokumentieren.

Und so ist denn auch dieser Lüneburger Witten ein Vorbild für den in der Grafschaft Hoya unter Graf Jobst II. (eventuell schon unter seinem Vater Jobst I.) geprägten Witten (Giesen 35).

Die Städte des Wendischen Münzvereins hatten sich im Rezess von 1502 auf einen neuen Münzfuß geeinigt. Die Witten zeigen auf der Rückseite ein Kreuz und auf der Vorderseite das Wappen der jeweiligen Stadt. Auf den Lüneburger Witten ist daher ein Stadttor mit drei Türmen zu sehen, im Tor ein Schild mit dem Löwen. Die Umschrift lautet auf der Avers-Seite MONETA LUNEB 1502 und auf der Revers-Seite O CRUX GLORIOSA.

Beim Hoyaer Beischlag wird der Löwe im Schild durch die Hoyaer Bärentatzen ersetzt, die Umschrift lautet MONETA NOVA HOIEN. Bei der Umschrift auf der Rückseite heißt es hier O CRUX ADORANEA. Somit eine ziemlich genaue Nachahmung. Dass die Umschriften ein wenig vom Original abweichen, dürfte weniger von Bedeutung gewesen sein, da die meisten Leute eh nicht lesen konnten.

Ich hätte euch zum Vergleichen ja gern zumindest einen Link in diesen Beitrag eingefügt, aber ich habe im Internet nicht einen einzigen Hoyaer Witten zum Verlinken gefunden. So müsst ihr mit dem Exemplar aus Lüneburg vorliebnehmen.

Stadt Lüneburg, Witten 1502, Jesse 594
Witten 1502 J594 Av.jpg Witten 1502 J594 Rv.jpg
 
Nun liegen mir alle Münzen vor, so dass ich jetzt auch die übersprungene Münze zeigen kann. Ich hätte sie gern zusammen mit dem gestern gezeigten Lüneburger Witten vorgestellt, da sie den gleichen Hintergrund hat. Es handelt sich nämlich um einen weiteren Witten, der Vorbild für eine Hoyaer Münze war.

Diesmal stammt der Witten aus der Hansestadt Lübeck aus der Zeit vor Gründung des Wendischen Münzvereins 1379 und ist ein mögliches Vorbild für den unter Graf Otto III. in der Niedergrafschaft Hoya geprägten Witten (Giesen 31). Dabei sind die Münzbilder der Rückseite sehr ähnlich: Ein Kreuz, in der Mitte ein Vierpass (mit einem Punkt). Die Umschriften: Auf dem Lübecker Witten steht CIVITAS IMPERIAL, auf dem Hoyaer MONETA IN HOYA CIVIT. Auf der Vorderseite finden sich die Wappen, die allerdings mehr voneinander abweichen: Der doppelköpfige Adler aus Lübeck bzw. die Bärentatzen aus Hoya. Die Umschriften: MONETA LVBICENS und OTTO COMES IN HOYA

Und auch heute kann ich euch leider kein Hoyaer Vergleichsstück anbieten. Wer jedoch Zugang zu den von Hermann Grote herausgegebenen Münzstudien hat, kann im Vierten Band, Heft X (1865) den Beitrag „Geld- und Münzgeschichte der Grafschaft Hoye“ nachlesen und in der Tafel 8 die beiden Witten von gestern und heute anschauen. Wie ich beim Verfassen dieses Textes feststellen musste, werde ich den Hoyaer Witten wohl nie besitzen können, denn Giesen kennt gerade mal zwei Nachweise, bei denen es sich aber auch noch um ein und dieselbe Münze handeln könnte. Und die dürfte heute im Landesmuseum Hannover liegen.

Hansestadt Lübeck, Witten o. J. (1365 - 1379), Jesse 302
Lübeck Witten oJ vor 1379 J302 Av1.jpg Lübeck Witten oJ vor 1379 J302 Rv1.jpg
 
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