Ich setze die Präsentation meiner Neuzugänge mit einem großen Sprung ans Ende des 18. Jahrhunderts zu Georg III. fort.
In den Jahren 1781 und 1791 waren die Prägestätten des Kurfürstentums in Hannover und Zellerfeld geschlossen worden, nur noch Clausthal war in Betrieb. Ende des 18. Jahrhunderts kamen Pläne auf, die Münze in Hannover wieder zu eröffnen. Ende 1796 befahl Georg III. die Wiederherstellung der Münze, die Ausführung verzögerte sich jedoch bis ins Jahr 1800.
Dr. Joh. Kretzschmar hat in „Die königliche Münze zu Hannover“, veröffentlicht in Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen, 1902 ausführlich darüber berichtet:
„Am 8. Mai 1801 konnte die Münzcommission … dem Ministerium die ersten Probemünzen überreichen: Je 10 Thaler in beschickten 2/3 Stücken und in kassenmäßigen 1/1, 1/2 und 1/12 Th.-Stücken.
Die Münzcommission rühmte die Sauberkeit des Stempels, den Haase geschnitten hatte, und die Vorzüglichkeit an Schrot und Korn; sie mußte ihre Verwunderung aussprechen, daß es Haase mit den unzulänglichen Hülfsmitteln und gänzlich ungeübtem Arbeitermateriale gelungen war, gleich beim ersten Male so vorzügliche Münzen zu liefern. Sie rühmten seine Kenntnisse in der Chemie, Mechanik, Stahl- und Eisenarbeit, die ihn befähigte, zusammen mit seiner Erfindungsgabe die Fehler, die jedem Anfange eines Betriebs anhaften, zu beseitigen; daneben sei er auch ein guter Graveur.
Im Ganzen waren bei der ersten Probemünze 2250 St. Banco-Speciesthaler eingeschmolzen worden, die zu 1522 Reichsthalern in R. 2/3, 126 Reichsthalern in kassenmäßigen 1/1 Thalern, 186 Reichsthalern in ebensolchen 1/2 Thalern und 732 Reichsthaler in 1/12 Thalern umgeprägt worden waren; der Gewinn berechnete sich nach Abzug aller Kosten auf 88 Reichsthaler 23 Mariengroschen 2 Pfennige.
Das Ministerium besichtigte am 22. November 1801 das Münzgebäude und seine Einrichtungen und bezeugte seine Zufriedenheit mit dem Erfolge … Die Probemünzung ließ es an die Münzen in Braunschweig und Hamburg zur Prüfung senden, die völlig zur Zufriedenheit der Münzcommission ausfiel.
Die Münzthätigkeit nahm nun ihren Fortgang, obwohl die definitive Gestaltung sowie die Ernennungen des Personals in London noch nicht genehmigt waren. Man wollte aber namentlich die Arbeiter nicht wieder außer Übung kommen lassen.“
Kurt Jaeger hat sich in Band 8 von „Die Münzprägungen der deutschen Staaten vor Einführung der Reichswährung“ auch zu diesen Münzen geäußert (S. 15f.): „HANNOVER prägte seit Ende des 17. Jahrhunderts nach dem Leipziger 12-Taler-Fuß ... Die Münzen nach diesem Fuß wurden, da sie allein an den öffentlichen Kassen zugelassen waren, amtlich als Kassengeld bezeichnet.
'I Taler Hannoverisch Cassengeld' wurden jedoch nur einmal als 'Probemünzung' im Jahr 1801 in 126 Exemplaren geprägt. Gleichzeitig wird berichtet, daß 372 halbe Cassenthaler, 2030 '2/3 Stücke' und 8780 Stücke zu 1/12 Taler hergestellt wurden.“
Zwischendurch angemerkt: Jaegers Berechnungen auf Basis der Angaben von Kretzschmar kann ich bezüglich des Cassengelds nachvollziehen, hinsichtlich der 2/3 Stücke jedoch nicht (aber das steht auf einem anderen Blatt Papier).
Kommen wir nun endlich zu meinen beiden Neuzugängen. Da ist zum einen der 2/3 Taler, der nicht nur im Jahr 1801, sondern auch noch 1802 geprägt worden ist. Als Stück aus 750/1000 feinem Silber hat die Münze ein Sollgewicht von 17,32 g, dem das tatsächliche Gewicht meines Exemplars von 17,26 g recht nahe kommt. Somit nach meinem Verständnis alles in Ordnung.
Braunschweig-Calenberg-Hannover: 2/3 Taler 1802, Welter 2810, Schön 369, Kahnt 193
Zum anderen habe ich einen ½ Taler Hannoverisch Cassengeld ersteigern können. Dieser sollte nach meinem Verständnis 9,74 g Silber fein (1/24 Mark) enthalten, was – falls er ebenfalls aus 750er Silber ist (was Schön so zu seiner Nr. 367 angibt) – zu einem rechnerischen Raugewicht von 12,99 g führt. Tatsächlich wiegt mein Stück nur 12,16 g, laut Schön sollen es 12,5 g sein.
Von mir beobachtete Auktionsangebote der ganzen Cassengeld-Taler, soweit sie denn Gewichtsangaben enthalten, geben Gewichte im Bereich von 24,41 bis 24,67 g an. Schön liegt hier bei 25 g. Rechnerisch müssten es 25,98 g sein.
Liege ich mit meinen Überlegungen richtig? Falls ja, welche Erklärungen gibt es für das Untergewicht?
Nicht vollwertig ausgeprägt? Einen Hinweis darauf gibt
wikipedia bei den Kuranttalern nach 1750, wo von einer Ausprägung im 12 1/3-Taler-Fuß ausgegangen wird. In der Fußnote dazu werden sogar weitere Münzfüße genannt.
Oder haben die Kommission oder Kretzschmar bei der hohen Qualität der Münzen deutlich übertrieben?
Vielleicht hat ja jemand von euch Erklärungsansätze?
Braunschweig-Calenberg-Hannover: ½ Taler Cassengeld, Welter 2820, Schön 367, Kahnt 190a
Zum Abschluss zwei Bemerkungen:
1. Die von Jaeger genannte Stückzahl von 372, die noch heute immer wieder genannt wird, ist meiner Meinung nach zu niedrig. Es dürften nach der ersten Probeprägung weitere Münzen geprägt worden sein. Zum einen wird der halbe Taler nicht sooo selten angeboten, zum anderen gibt es sogar zwei Varianten dieses Typs, die sich am einfachsten an der Schreibweise von CASSEN GELD unterscheiden lassen – einmal mit Bruchstrichen, einmal ohne.
2. Warum gibt es nur Münzen für 1801 und 1802? Ich zitiere wieder Kretzschmar: „Am 5. Juni 1803 rückten die Franzosen in Hannover ein und bereiteten dem ganzen Beginnen ein jähes Ende. Alle Silberbarren wurden nach England gebracht, von wo sie erst 1816 wieder zurückkamen. Während der ganzen Occupationszeit war es in der Münze still.“