Neuzugänge in eurer Altdeutschland-Münzsammlung

Meine Neuzugänge aus Osnabrück sind eingetroffen. Ich präsentiere sie euch quer durch die verschiedenen Linien der Welfen in chronologischer Reihenfolge.

Die unter Herzog Friedrich Ulrich geprägten Wildemanntaler (Welter 1056 und 1057) sind häufig anzutreffen, auch ich habe hier im Forum schon welche vorgestellt. Anders sieht es mit Reichstalern aus, die den Heiligen Andreas auf der Rückseite tragen. Diese sind im Gegenteil nur sehr selten anzutreffen, da sie lediglich im Jahr 1616 geprägt wurden. Umso mehr freut es mich, für meine Sammlung ein solches Exemplar erworben zu haben, das ich euch hier nun zeigen kann. Um die historischen und numismatischen Hintergründe dieser Münzprägung zu erläutern, hole ich etwas weiter aus.

Vereinfacht gesagt wurden die Reichstaler mit dem Heiligen Andreas in der Prägestätte St. Andreasberg mit Silber aus den Andreasberger Bergwerken hergestellt. Wer das Sagen in St. Andreasberg hatte, ließ dort derartige Münzen prägen. Bis 1596 waren dies die welfischen Herzöge der Linie Grubenhagen (St. Andreasberg liegt in deren Fürstentum). Mit dem Tod Philipps II. im Jahre 1596 starb die Linie Grubenhagen aus. Herzog Heinrich Julius aus Wolfenbüttel riss sich das Fürstentum Grubenhagen daraufhin unter den Nagel. Um seine Machtansprüche auch auf Münzen zu dokumentieren, ließ er sofort auch in Andreasberg Münzen mit seinem Namen prägen, so u. a. Andreastaler im bisherigen Stil.

Das Problem: Die Lüneburger Linie protestierte gegen den Anschluss Grubenhagens an Wolfenbüttel, weil sie sich als „erbberechtigter“ ansah, und bekam 1609 vor dem Reichsgericht Recht. Es gelang Herzog Heinrich Julius allerdings, das Wirksamwerden dieses Beschlusses einige Jahre hinauszuzögern. Erst 1617 musste sein Sohn und Nachfolger Friedrich Ulrich das Grubenhagener Erbe an Christian den Älteren, Fürst von Lüneburg, übertragen.

Bis dahin nutzte Heinrich Julius die Zeit und ließ aus Andreasberger Silber Münzen mit dem Heiligen Andreas prägen (bis 1612), in den letzten beiden Jahren jedoch nicht in St. Andreasberg, da dort die Prägestätte Ende 1610 wegen Baufälligkeit den Betrieb eingestellt hatte.

Nach dem Tod Heinrich Julius' im Jahr 1613 ließ sein Sohn Friedrich Ulrich zunächst keine Andreasmünzen prägen. Erst im Jahr 1616, als es Herzog Georg von der Linie Lüneburg-Celle gelang, beim Reichshofrat in Prag die Verfügung zur Herausgabe der Gebiete zu erwirken und sich die Übertragung des Fürstentums Grubenhagen nicht mehr verhindern ließ, änderte sich dies.

Münzmeister Heinrich Oeckeler (Münzmeisterzeichen: gekröntes, mit Pfeil und Zainhaken durchstoßenes Herz) prägte einmalig für Herzog Friedrich Ulrich und letztmalig für das Haus Braunschweig Andreasmünzen als ganze Reichstaler aus Andreasberger Silber. Daneben wurden auch Dicktaler im Gewicht von 2 Talern geprägt.

Ich kann mir vorstellen, dass bei dieser besonderen Emission eine Portion Trotz und etwas Muskelspielerei eine Rolle spielten - ein besonderer „Gruß“ an die Lüneburger Verwandtschaft.

Geprägt wurden diese Münzen übrigens in Zellerfeld, wohin das Andreasberger Silber nach der Schließung der dortigen Münzstätte zur Vermünzung geliefert wurde.

Braunschweig-Wolfenbüttel: Reichstaler 1616, Welter 1044, Donau 40
Braunschweig Wolfenbüttel W1044 Taler 1616 Av1.jpgBraunschweig Wolfenbüttel W1044 Taler 1616 Avschr.jpgBraunschweig Wolfenbüttel W1044 Taler 1616 Rv1.jpgBraunschweig Wolfenbüttel W1044 Taler 1616 Rvschr.jpg
 
Die drei betroffenen Münzen zu 1/4 Gulden, einem und zwei Gulden sind deshalb alle nicht häufig.
Einen Dukaten gibt es auch noch, auch ein Einjahrestyp (es gibt auch noch 4 Dukaten, der ist mir allerdings zu teuer)
 

Anhänge

  • 2171 OU KM2265 J337 1866 A a.JPG
    2171 OU KM2265 J337 1866 A a.JPG
    282,4 KB · Aufrufe: 72
  • 2171 OU KM2265 J337 1866 A b.JPG
    2171 OU KM2265 J337 1866 A b.JPG
    325,3 KB · Aufrufe: 73
Fried' ernährt, Unfried' verzehrt.


Das Motto von Herzog Friedrich von Celle gefällt mir. Es hatte nicht nur zu seinen Lebzeiten im Dreißigjährigen Krieg Gültigkeit, sondern hat auch heute noch seine Bedeutung und Richtigkeit.


Wildemanntaler aus der Zeit Friedrichs gibt es mit Angabe von Münzmeister und Jahr, aber auch ohne (so wie bei meinem Taler). Und es gibt sie mit dem Baumstamm in der linken, aber auch in der rechten Hand des Wilden Manns.

Aus den Münzen mit Angabe der Jahreszahl ergibt sich eine Prägedauer von 1643 bis 1645 und aus dem Münzmeisterzeichen HS, dass diese Münzen in der Münzstätte Zellerfeld unter Henning Schlüter geprägt wurden.

Braunschweig-Lüneburg-Celle: Reichstaler o. J. (ca. 1644), Welter 1417
BS LG Celle W1417 oJ 1644 Reichstaler Av1.jpgBS LG Celle W1417 oJ 1644 Reichstaler Avschr.jpgBS LG Celle W1417 oJ 1644 Reichstaler Rv1.jpgBS LG Celle W1417 oJ 1644 Reichstaler Rvschr.jpg
 
Vor kurzem hatte ich einen Andreastaler aus dem Jahr 1705 (Welter 2137) vorgestellt, Stichwort: Tuscheziffer. Möglicherweise erinnert sich jemand.
Hier nun das Vorgängermodell (Welter 2136), das bis 1705 geprägt worden ist. Die beiden Typen unterscheiden sich im Wesentlichen nur in der Stellung der Jahreszahl: Beim Welter 2136 noch neben dem Wappen angebracht, wandert die Jahreszahl beim Welter 2137 in die Umschrift, die zudem an unterschiedlichen Stellen beginnt.

Braunschweig-Calenberg-Hannover: Reichstaler 1704, Welter 2136, Schön 11

Hannover W 2136 1704 Ausbeutetaler Av.jpgHannover W 2136 1704 Ausbeutetaler Avschr.jpgHannover W 2136 1704 Ausbeutetaler Rv1.jpgHannover W 2136 1704 Ausbeutetaler Rvschr.jpg

Und hier noch beide zum Vergleich:
Hannover W 2136 1704 u 2137 1705 ATaler Av.JPGHannover W 2136 1704 u 2137 1705 ATaler Rv.JPG
 
Zum Abschluss komme ich zu einem Herzog, der bereits vor seinem Tod eine „lebende Legende“ war und dessen Tod in der Schlacht bei Quatre-Bras ihn dann zum Helden machte. Es geht um den „Schwarzen Herzog“ Friedrich Wilhelm.

Im Jahr 1806 hätte er nach dem Tod seines Vaters Carl Wilhelm Ferdinand, der an den Folgen seiner in der Schlacht bei Auerstedt erlittenen Verletzungen gestorben war, Regent in Braunschweig werden sollen, was aber nicht ging, weil Napoleon Braunschweig-Wolfenbüttel zu einem Teil des Königreichs Westfalen machte und dort seinen kleinen Bruder Jerome als König einsetzte.

Erst nach den Befreiungskriegen konnte Friedrich Wilhelm 1813 die Regierungsgeschäfte in Braunschweig übernehmen. Die Münzprägung erstreckt sich daher nur über den kurzen Zeitraum von 1813 bis 1815. Bei den Großsilbermünzen gibt es nur einen Typ, nämlich die 24 Mariengroschen, die 1814 und 1815 geprägt wurden.
Münzmeister in der Prägestätte Braunschweig war Friedrich Ritter.

Herzogtum Braunschweig: 24 Mariengroschen 1814, AKS 7, Welter 2940, Kahnt 143
Braunschweig AKS 7 24 MG 1814 Av1.jpgBraunschweig AKS 7 24 MG 1814 Avschr.jpgBraunschweig AKS 7 24 MG 1814 Rv1.jpgBraunschweig AKS 7 24 MG 1814 Rvschr.jpg
 
Als Zugabe hier noch ein verfrühtes Ostersuchspiel:
Welche der vier Münzen könnte etwas Besonderes sein?

1822-23-23-24 1.12 Taler AKS 43 Rv.jpg


Das Rätsel dürftet ihr gelöst haben, so schwierig war es wohl nicht.
Münzmeister in Hannover war Anfang der 1820er Jahre Ludwig August Brüel, der die Münzen anfangs mit L • A • B • und später kürzer mit L • B • oder sogar nur mit B (•) kennzeichnen ließ.
Den 1/12 Taler ohne Punkte beim Münzmeisterzeichen habe ich in der Bucht entdeckt. Mir war diese Variante vorher nicht bekannt, sie ist auch in den mir vorliegenden Standardkatalogen nicht verzeichnet. Bei einer daraufhin durchgeführten Internetrecherche habe ich noch ein weiteres Exemplar dieser Variante gefunden.

Falls jemand Näheres zum Vorkommen dieser Variante weiß, bitte gerne hier posten.

Königreich Hannover: 1/12 Taler 1823, Welter 3020, AKS 43, Jaeger 21 (unedierte Variante ohne Punkte beim Münzmeisterzeichen)

1823 1.12 Taler AKS 43 ohne Punkte beim Mmz Av.jpg1823 1.12 Taler AKS 43 ohne Punkte beim Mmz Rv.jpg

Und hier noch die Vorderseiten der vier Münzen:

1822-23-23-24 1.12 Taler AKS 43 Av.jpg
 
Einen habe ich noch!

Königreich Hannover: 16 Gute Groschen 1830, AKS 66, Kahnt 211
Hannover AKS 66 1830 16 GG K 211 Grundform Sub2 Av.jpgHannover AKS 66 1830 16 GG K 211 Grundform Sub2 Rv.jpg

Das Stück ist an sich nicht außergewöhnlich, es entspricht sowohl Avers als auch Revers der Grundform dieses Typs. Interessant wird es, wenn man einen Vergleich mit anderen Münzen vornimmt. Dazu folgendes Foto:
Hannover AKS 66 1830-31-31 16 GG K 211 Av stempelgleich Av.jpg

Ich gehe davon aus, dass alle drei Münzen mit demselben Vorderseitenstempel geprägt worden sind.
Die Rückseiten dieser Münzen unterscheiden sich hingegen:
Hannover AKS 66 1830-31-31 16 GG K 211 Av stempelgleich Rv.jpg

Auch die anderen beiden Münzen entsprechen der Grundform, stammen allerdings aus dem Jahr 1831 (und von unterschiedlichen Stempeln). Eine mögliche Schlussfolgerung: Aufgrund der gemeinsamen Vorderseite wurde die 1830er Münze am Ende des Jahres, die beiden 1831er Münzen entsprechend am Anfang des Folgejahres hergestellt.

Sicherlich keine Erkenntnis, die die Menschheit entscheidende Schritte voranbringt, für mich aber ein kleines „Erfolgserlebnis“ bei der Systematisierung der 16 Guten Groschen.
 
Zu Ostern gibt es einen preußischen Siegestaler mit etwas ungewöhnlicher Patina. Erhaltung dafür top.
 

Anhänge

  • IMG_20230408_113041_edit_752205653607091.jpg
    IMG_20230408_113041_edit_752205653607091.jpg
    586,2 KB · Aufrufe: 62
  • IMG_20230408_113033_edit_752195249846155.jpg
    IMG_20230408_113033_edit_752195249846155.jpg
    572,3 KB · Aufrufe: 58
  • IMG_20230408_113020_edit_752180119029491.jpg
    IMG_20230408_113020_edit_752180119029491.jpg
    546,6 KB · Aufrufe: 60
  • IMG_20230408_113012_edit_752156826230015.jpg
    IMG_20230408_113012_edit_752156826230015.jpg
    584,5 KB · Aufrufe: 67
  • IMG_20230408_112941_edit_752143649855538.jpg
    IMG_20230408_112941_edit_752143649855538.jpg
    423,4 KB · Aufrufe: 60
  • IMG_20230408_112908_edit_752104063568565.jpg
    IMG_20230408_112908_edit_752104063568565.jpg
    464,5 KB · Aufrufe: 61
  • IMG_20230408_112825_edit_752082192506068.jpg
    IMG_20230408_112825_edit_752082192506068.jpg
    614,6 KB · Aufrufe: 70
  • IMG_20230408_112804_edit_752063058143571.jpg
    IMG_20230408_112804_edit_752063058143571.jpg
    240,9 KB · Aufrufe: 61
Altdeutschland
Königreich Bayern
1 Kreuzer (Kupferkreuzer für Tirol)
Prägejahr : 1806
Katalog-Nr. : J 1
Erhaltung : ss

Mit dem Frieden von Preßburg am 26. Dezember 1805 musste Österreich Tirol an Bayern abtreten.
Die Münzstätte in Hall wurde auch unter bayerischer Herrschaft beibehalten.
Die Bayern versuchten, das schlechte österreichische Papiergeld durch Abwertung zu verdrängen.
Ebenfalls abgewertet und dann ganz verboten wurde minderwertiges österreichisches Kleingeld.
Um der Geldknappheit zu begegnen wurde die Prägung eigener Kupfermünzen für Tirol angeordnet.
Nachdem die vom Münchner Graveur Losch angefertigten Prägestempel in der Münzstätte Hall eingetroffen waren, wurde am 29. April 1806 mit der Prägung begonnen.
 

Anhänge

  • J 1 (1).JPG
    J 1 (1).JPG
    425,1 KB · Aufrufe: 51
  • J 1 (2).JPG
    J 1 (2).JPG
    489,5 KB · Aufrufe: 51
Zurück
Oben
Sie nutzen einen Adblocker

Sicherlich gibt es Seiten im Internet, die es mit Werbung übertreiben. Dieses Seite gehört nicht dazu!

Aus diesem Grunde bitte ich Sie, Ihren Adblocker zu deaktivieren. Danke!

Ich habe den Adblocker für diese Seite ausgeschaltet