Plauderthread: Diskussion zu Saal- und Onlineauktionen - Kein Ebay & Co.

Ist es für Münzen des 16. JH nicht eher Zufall, wenn zwei Stempel exakt gleich sind?
Wenn man diesen Gedanken weiter verfolgt, muss jeder Münztyp zig Katalognummern haben. Nein danke.
Allerdings halte ich es für sehr sinnvoll, wenn die bekannten Unterschiede im Katalog erwähnt werden.
 
(Besonder lustig finde ich übrigens die immer mal wieder auftauchende Angabe "Erstabschlag": das kommt in meinen Augen der Behauptung des Verkäufers gleich, er hätte neben der Prägemaschine gestanden und sein Exponat als Erstling selbst "handgehoben" ;-)
Der Begriff Erstabschlag ist sehr unglücklich gewählt. Gemeint ist damit nicht nur die allererste Münze, sondern sogar auch noch die ersten duzend/hundert Stücke. Sofern diese noch alle Details des optimalen Stempels aufweisen. Auf Reichsgold gemünzt würde das bedeuten: Regelmäßiger Perlkrank, keine Stempelrisse, scharfe Kanten an den Buchstaben, messerscharfe Details und keine Spuren von Stempelpflege. Das ist natürlich auch wieder subjektiv und wird im Handel sehr inflationär gebraucht, aber es ist nicht zwangsweise an den Haaren herbei gezogen ;).

Naja, und Varianten können bei der Bewertung von Münzen eben auch in den Auflagen von entscheidender Bedeutung sein: siehe 5 Mark Bremen 1904 ohne Perlkreis.
Hinter dieser Münze steht allerdings eine Anekdote, welche sie interessant macht. Hinzu kommen die Erwähnung und gesonderte Bepreisung im Jägerkatalog. Generell gilt, dass eine Variante nur dann deutlich mehr wert sein kann, wenn sie im Standardwerk benannt und separat bepreist ist. Andernfalls wird es kein breites Publikum dafür geben und somit auch keine gesteigerte Nachfrage. Hierin liegt aber natürlich auch eine Chance für spezialisierte Sammler. Sie können an Münzen, welche sie interessieren, günstiger ran kommen.
Was die beiden Taler betrifft kann ich deine Aufregung nicht verstehen. Zum einen ist es, soweit mein Kenntnisstand, Regelfall, dass es bei antiken und mittelalterlichen Münzen mehrere, unabhängig voneinander gestochene Stempel gibt und zum anderen scheint sich ja offenbar im Standardnachschlagewerk nichts dazu zu finden. Selbst wenn die Beschreibung des Auktionshauses falsch gewesen wäre sitzen dort auch nur Menschen. Darüber hinaus ist K aus O ist (zumindest beim Reichsgold) in meinen Augen schon länger auf einem absteigenden Ast. Bösen Willen könnte man sicher bei geschönten Erhaltungsangaben unterstellen, in diesem Fall finde ich aber die Aufregung etwas übertrieben :rolleyes:
 
Es gibt meines Wissens für kein sächsisches Gebiet einen Stempelkatalog. Oft werden noch nicht einmal Varianten katalogisiert, wobei jeder Katalog erst einmal seinen „Typ“ definieren muß
Die Katalogbeschreibungen oben sind natürlich vollkommen korrekt - und ein ordentlicher Sammler verlässt sich sowieso nicht auf Katalogbeschreibungen
 
Bei Münzen aus den 16./17. Jahrhundert gibt es ungeheuer viele Varianten und teilweise auch Fehler in den Umschriften. Die Verteilung und Abkürzung der Umschrift hat jeder Stempelschneider individuell gestaltet. Es gibt wohl keine zwei identischen Stempel dieser Zeit. Keilitz/Kahnt führen schon sehr viele Varianten auf, aber nur die wirklich bedeutenden. Ob eine andere Abkürzung jetzt wirklich so entscheidend ist, muss jeder Sammler für sich entscheiden. Dem Auktionshaus kann man an dieser Stelle keinen Vorwurf machen.
 
Bei den großen Talermünzen (im Unterschied zu den kleinen Groschenmünzen) muss ja mehr Energie zur Prägung aufgewendet werden. Speziell bei der Prägung unter dem Hammer wurde also mit einem größeren Hammer und gegebenenfalls mehrmals gehämmert. Dadurch ist der Oberstempel einem starken Verschleiß ausgesetzt.

In der Literatur werden dazu Angaben gemacht wie:

Ausgangspunkt ist die Beobachtung, dass sich wegen der direkten Aufnahme des Prägeschlages der Oberstempel schneller als der Unterstempel abnutzt. Ein Unterstempel kann 2-3 oder mehr Oberstempel überleben, bis auch er ausgewechselt werden muss“ [1]

Der Unterstempel hielt im besten Fall 10.000 Schläge aus. Der Oberstempel, der den Hammerschlag direkt abbekam, musste deutlich früher erneuert werden" [2].

Im Katalog der Münzen- und Medaillen-Stempel-Sammlung des k.k. Hauptmünzamtes in Wien wird auf ein Verhältnis von 1:5 für Unter- und Oberstempel für die Talerprägung des Jahres 1593 in Prag verwiesen. [3]

Wie die Oberstempel nach einer Weile aussehen, kann man sich hier anschauen.

Bei meiner eigenen Recherche zu den Kursächsischen Talern zur Hundertjahrfeier der Augsburger Konfession komme ich bei den Talern auf 12 Unterstempel (Vorderseite) und 35! Oberstempel (Rückseite). Jeder Stempel hat seine eigenen deutlich sichtbaren Eigenheiten. Die Ausbringungsmenge läßt sich anhand der Prägestatistik von 1630 auf ca. 50.000 Stück abschätzen.
Bei den Vierteltalern ist es ähnlich. Mindestens 12 Unterstempel und 27 Oberstempel habe ich bis jetzt ermittelt.

Dass die Varianten der Stempel in einem allgemeinen Katalog nicht aufgeführt werden, ist damit klar. Aber das lässt Raum für separate Publikationen :)

Gruß aus Dresden
Mario

[1] Peter Berghaus, Die frühmittelalterliche Numismatik als Quelle der Wirtschaftsgeschichte S. 414
[2] www.geschichte.uni-wuerzburg.de/institut/fraenkische-landesgeschichte/personal/leng/denar-karls-des-grossen/muenzpraegung-im-mittelalter/
[3] K.K. Hauptmünzamt in Wien, Katalog der Münzen- und Medaillen-Stempel-Sammlung des k.k. Hauptmünzamtes in Wien, S.5, Anmerkung 1
 
Zuletzt bearbeitet:
Habe mir gerade einmal die Angebote der 173. Auktion Dr. Reinhard Fischer im Bereich Sachsen angeschaut. Los 212 und 213 sind jeweils Doppeltaler, die beide als "vz., Randfehler" eingestuft wurden. Wenn ich jedoch beide Stücke vergleiche, so finde ich den Friedrich August deutlich schlechter erhalten als den Johann. Im Gesicht sind mehrere tiefe Einschläge, der Hals ist mit kleineren Einschlägen regelrecht übersät, die Haare sind an den höchsten Stellen ziemlich abgenutzt. Und auf der Wappenseite ist unten ein ziemlich heftiger Kratzer, der über die komplette Jahreszahl und das Ordenskreuz verläuft.

Wie würdet ihr die Münze einstufen? Hier beide Stücke zum Vergleich:

Dr. Reinhard Fischer - Auction 173
Dr. Reinhard Fischer - Auction 173
 
Ich bin auf diesem Gebiet nicht fit, aber den Fr. A. als vz einzustufen ist schon heftig.
Ebenso wie Du sehe ich deutliche Unterschiede, welche selbst eine aufgeblähte VZ-Erhaltungsstufe nicht mehr abdeckt.
 
Habe mir gerade einmal die Angebote der 173. Auktion Dr. Reinhard Fischer im Bereich Sachsen angeschaut. Los 212 und 213 sind jeweils Doppeltaler, die beide als "vz., Randfehler" eingestuft wurden. Wenn ich jedoch beide Stücke vergleiche, so finde ich den Friedrich August deutlich schlechter erhalten als den Johann. Im Gesicht sind mehrere tiefe Einschläge, der Hals ist mit kleineren Einschlägen regelrecht übersät, die Haare sind an den höchsten Stellen ziemlich abgenutzt. Und auf der Wappenseite ist unten ein ziemlich heftiger Kratzer, der über die komplette Jahreszahl und das Ordenskreuz verläuft.
Die Erhaltungseinstufungen sind in beiden Fällen:motz:
Der Fr. August ist ss
Der Johann in der Hand auch nicht viel besser !
 
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