Reichstaler Preussen 1786 - sogenannter Sterbetaler

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Preussen ist zwar überhaupt nicht mein Sammelgebiet, aber ich bin heute bei Recherchen zu meinem Gebiet "Königreich Sachsen" auf einen interessanten Artikel in einer alten Zeitschrift zum Thema Preussen gestoßen. Dabei ging es um eine fälschliche Annahme zum preussischen Reichstaler von 1786, welcher auch als "Sterbetaler" bezeichnet wird. Da ich den Artikel sehr interessant fand, suchte ich dann hier im Forum nach ähnlichen Themen bzw. Beiträgen. Und siehe da, auch hier im Forum ist diese fälschliche Annahme offensichtlich verbreitet. Deshalb dachte ich mir, es wäre vielleicht für den einen oder anderen Sammler interessant, die wahren Hintergründe zu kennen.

Wie bereits erwähnt, geht es um den Reichstaler von Preussen aus dem Jahr 1786, welches zugleich das Sterbejahr von "Friedrich dem Großen" ist. Von dieser Münze gibt es zwei Ausführungen, welche sich in einem Detail unterscheiden. Bei der normalen Ausführung ist die Jahreszahl durch das Münzzeichen A getrennt und erscheint als 17 A 86. Bei der anderen Ausführung befindet sich rechts und links des Münzzeichens jeweils ein Punkt, wodurch es als 17 . A . 86 erscheint. Zufälligerweise ist Friedrich II. am 17. August 1786 verstorben. Dadurch kam es zunächst zur fälschlichen Annahme, dass die Schreibweise mit den Punkten sozusagen als Todesdatum 17. A(ugust) 86 zu lesen sei, weshalb das Stück eben auch den Namen "Sterbetaler" erhielt. Zur Veranschaulichung des Unterschiedes hier mal zwei Bilder aus der 70. Künker eLive-Auktion vom Februar 2022.

Preußen 1786.jpg



Jedoch steckt hinter den zwei Punkten eine ganz andere Geschichte, welche ich äußerst interessant fand. Meine eigentliche Recherche galt den sächsischen Münzen. Hierzu stieß ich in der Zeitschrift "Blätter für Münzfreunde", Nr. 113 vom 15. November 1883 auf einen Hinweis zu einer mir bisher unbekannten Zeitschrift, nämlich der "Zeitschrift für Museologie", Jahrgang 1881, Nr. 8. Ich konnte diese Zeitschrift auch im Internet finden und stellte zu meiner Freude fest, dass sich in der Ausgabe sogar noch ein weiterer Artikel meines Sammelgebietes befindet, in welchem es um den sächsischen "Kummertaler" 1844 ging. Dieser trägt den Namen, weil im Jahr 1844 der Münzmeister Grohmann verstarb, dessen Zeichen "G" auf den sächsischen Münzen zu finden war. Das Amt wurde nun bis zur Neubesetzung interimistisch durch den Münzbuchhalter Dr. Benjamin Friedrich Gotthelf Kummer bekleidet. Da er selbst kein eigenes Münzmeisterzeichen verwenden durfte, kennzeichnete er die unter ihm geprägten Taler mit einem Punkt hinter dem G von Grohmann.

In dem besagten Artikel gibt es nun einige Anmerkungen zur Verwendung von Punkten auf Münzen und deren unterschiedliche Bedeutung. In einer dieser Anmerkungen fand ich folgenden Originaltext:

In ähnlicher Weise finden wir Punkte als Unterscheidungsmerkmale sonst gleicher Gepräge auch anderwärts verwendet; wir erinnern z. B. an die irrthümlich sogenannten Sterbethaler König Friedrich's des Grossen von Preussen, welche diese Bezeichnung dem Umstande verdanken, dass auf ihnen der inmitten der Jahreszahl stehende Buchstabe A, das Zeichen der Berliner Münze, zwischen 2 Punkten erscheint (17 . A . 86). Bekanntlich hatte diese Bezeichnung, welche "17. August 1786" gelesen und auf den an diesem Tage erfolgten Tod Friedrich's des Grossen bezogen wurde, seinen Grund darin, dass damals in Berlin in zwei Münzen geprägt wurde, deren eine, die alte Münze, an der Schleuse gelegen, ihre Thaler unter der hergebrachten Bezeichnung A ausgehen liess, während die andere, die neue Münze in der Münzstrasse, zur Unterscheidung die Marke . A . verwandte.

Echt verrückt, was man immer wieder an Neuem dazu lernt, wenn man in solchen alten Zeitschriften schmökert! Es ging sogar noch weiter, denn nach der o. g. Anmerkung wurde noch auf ein weiteres Werk verwiesen, welches ich ebenfalls im Netz aufstöbern konnte. Es handelt sich um "Köhne's Zeitschrift für Münz-, Siegel- und Wappenkunde", I. Band, Jahrgang 1841. Dort findet sich auf Seite 170 der unten angefügte Artikel.

Ich hoffe, dieser Beitrag hilft ein bisschen, den Irrtum der "besonderen Kennzeichnung" des "Sterbetalers" auszuräumen. Ich fand das Thema jedenfalls höchst interessant und spannend, obwohl es überhaupt nicht in mein Sammelgebiet fällt. Aber solche alten Quellen enthalten doch immer wieder tolle Informationen, die man heutzutage kaum noch findet.
 

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Noch eine Ergänzung zu meinem Beitrag: Es könnte fälschlicherweise der Eindruck entstehen, dass diese Richtigstellung der irrtümlichen Bezeichnung des "Sterbetalers" nur in alten Zeitschriften des 19. Jahrhunderts zu finden ist und sich deshalb der Irrtum bis heute gehalten hat, weil diese alten Zeitschriften nicht gerade der breiten Masse bekannt bzw. nicht so leicht zugänglich sind. Dem ist nicht so. In den Werken von Bernd Kluge "Für 8 Groschen ist's genug" (2012) und von Manfred Olding "Die Münzen Friedrichs des Großen" (2006) wird der Zusammenhang mit den beiden parallel laufenden Prägestätten ebenfalls erwähnt.

Auch auf der Internetseite der Staatlichen Museen zu Berlin ist ein Exemplar des "Sterbetalers" zu finden. Weiter unten auf der Seite steht ein entsprechender "Kommentar", welcher dieselben Informationen enthält.

 
Vielen Dank für diesen gut recherchierten Beitrag und vor allem für die Quellenhinweise. Ich finde Münzen, zu denen es solche Stories gibt, immer doppelt so interessant, zumal, wenn es sowihl eine volkstümliche, griffige Legende und eine faktenbasierte , sachliche Erklärung gibt und diese dazu auch noch völlig voneinander abweichen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich konnte letztes Jahr zufällig beide Typen des " Sterbetalers" in einem Lot ergattern-zwar nur in Umlauferhaltung ,aber anhand der Hintergrundgeschichte definitiv zwei Exemplare die dadurch in der Sammlung verbleiben dürfen
 
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