Was mich auch nervt, sind die Minderheiten, die glauben, der Mehrheit ihre Ansichten als göttliches Gebot aufdrücken zu müssen.
Das hier ist (für mich) der Kern. Es geht nicht darum, dass jemand zu mir kommt, und mich bittet, ihn/sie jetzt so oder so anzureden, weil er oder sie sich mit einer anderen Bezeichnung nicht gut fühlt. Das würde ich sofort machen, weil ich n netter Kerl bin und weil ich mit mir reden lasse.
Worum es hier aber geht, ist der ideologische Kampf einer politischen Richtung und verschiedener Parteien und ihrer Anhänger, die die Sprache missbrauchen (ja, in diesem Zusammenhang passt das Wort), um ihre politischen und moralischen Ideale unter dem Deckmantel der "Fairness", des "Anstandes" oder einfach der "political correctness" als apodiktisch wahr zu definieren. Und dann wird jeder, der auch nur wagt, diese Wahrheit zu bezweifeln, als Ewiggestriger, Rechter, CIS-irgendwas o.Ä. beleidigt. Und übrigens wird dies nicht selten über die Köpfe derer, die sie vermeintlich verteidigen, hinweg getan.
Daher soll man sehr gerne "den Dingen ihren Lauf lassen", und wenn sich nach 10 oder 20 Jahren eben überall eine gewisse Sprachregelung durchgesetzt hat, dann ist das so. Aber ich lasse mir eben nicht von ideologisch vollkommen verblendeten Berufspolitikern erzählen, wie und wann ich Sterne zu setzen habe. Aber die Entrüstung, die darauf folgt, ist ja gewollt, denn sie schärft das politische Profil und zieht potenzielle Wähler***/Innen an, die ebenso absolutistisch ihre Wertvorstellungen umgesetzt sehen wollen.
Zynisch-provokanter Zusatz:
Wie geschrieben, ist es schlimm genug, dass dann Kommunen, Verwaltungen, Städte etc., vermutlich auch hier wieder getrieben durch den Stadt-/Gemeinderat, auf diesen Zug aufspringen. Wieviele unterschiedliche Schreibweisen wurden einem schon kredenzt? "Bürgerx", "BürgerInnen", Bürger/-innen, Bürger*Innen... Analog zu "Rad Fahrende" anstatt "Radfahrer" könnte man ja auch noch auf "Bürgernde" kommen. Oder vielleicht "Das Bürgerrecht Innehabende".
Ein Land, was ernsthaft über so etwas nachdenkt, scheint keine anderweitigen Sorgen mehr zu haben. Wobei man ja sieht, wie nachhaltig solche Themen noch diskutiert werden, wenn ein wirklich wichtiges Problem (Covid, Arbeitsplatzverluste...) vor der Tür steht.