Spiel - Wie weit kommen wir zurück? (Teil II)

Hildesheim, Bistum
Anonym, 1240 - 1260
Brakteat
Mehl 145

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Rum-Seldschuken
Kaykaus II., Qilij Arslan IV., Kaykubad II.

Dirham AH 647 (1249-1250)
Ag 21.5mm/3g

Rum-Seldschuken_Dirham_1249-1250.jpg



Heyho und ne Buddel voll Rum... ach nein, wir haben es hier nicht mit Piraten zu tun.

Das Rum der Seldschuken, einer Fürstendynastie, deren Reich sich von Mittelasien über die arabische Halbinsel bis nach Anatolien erstreckte und vom 10. Jh. bis in seinen Teilen zum 14. Jh. Bestand hatte, bezieht sich auf Rom, ähnlich wie etwa Rumänien etymologisch auf das römische Reich zurückzuführen ist.
Kurz gesagt, die Rum-Seldschuken sind die Seldschuken, die ihren Staat auf (ost-) römischem Gebiet gegründet haben, genauer von Konya ausgehend (daher auch manchmal Sultanat Ikonion genannt) bis in seine Ausdehnungen nach Antalya am Mittelmeer, Sinope am schwarzen Meer und Erzurum im Osten.
1077 wurde das Sultanat der Rum-Seldschuken durch Rebellion gegen das Großseldschukische Reich gegründet und hatte, bis die mongolischen Ilkhane von Osten her drängten, bis 1307 Bestand.
Die Einflussnahme der Ilkhane begann mit inneren Wirren bei den Rum-Seldschuken, gerade um die Zeit der gezeigten Münze. Denn es herrschte nicht etwa ein Sultan, auch nicht zwei, sondern gleich drei Sultane machten sich gegenseitig das Leben schwer. Nach dem Tod des Vaters stritten die drei Söhne Kaykaus II. (Sohn einer Griechin), Kaykubad II. (Sohn einer Georgierin) und Qilij Arslan IV. (Mutter unbekannt) um den Thron und beherrschten teils gemeinsam das Sultanat, bis sie nacheinander starben, von den eigenen Emiren ermordet wurden, bzw auf die Krim ins Exil gingen.
 
Ungarn
Béla IV.

Obulus ND (1235-1270)
Ag 10,6mm/0,2g
H#307

H#307 Ungarn_Bela IV_Denar_1235-1270.jpg


Heute gebe ich noch einen kleinen Obolus dazu... apropos... was ist eigentlich ein Obolus? Das Wort kommt aus dem antiken Griechenland und bedeutet "Spieß". Es stammt von der Gewohnheit mit ungemünztem Hacksilber zu bezahlen, welches eben durch das Hacken zum Teil spitz war. Mit diesem Wissen fällt einem auch gleich die Wortähnlichkeit zum spitzen Obelisken auf.
Obolus hat sich aber auch während der weniger spitzen Münzprägung noch als Bezeichnung gehalten, sei es im mittelalterlichen Münzsystem als halber Denar oder im neuzeitlichen Griechenland, wo 5 Lepta zusätzlich als Obolon bezeichnet wurden.
Es ist spannend, dass sich so alte Bezeichnungen so wahnsinnig lang halten können. Im Hinblick darauf (und im Bezug auf die faszinierende jahrtausendealte Langlebigkeit von Gewichts- und Maßsystemen), kann ich Robert Tye "Early World Coins & Early Weight Standards" empfehlen.
 
Ayyubiden
al-Kamil Muhammad al-Malik

1 Dirhem ND (1218-1237), Kairo
Ag 2,8g

Ayyubiden_Dirhem_Al-Kamil_1218-1237_Kairo.jpg


al-Kamil ist der Neffe des großen Saladin und war mit ähnlich gutem diplomatischem Geschick gesegnet. Zum Einen gelang es ihm, das familiär zersplitterte Ayyubidenreich mehr oder weniger zu zentralisieren (seinen Nachfolgern ging dieses Geschick wieder ab und das Reich zerbrach wieder) und zum Anderen schloss der Ayyubidensultan einen bemerkenswerten Friedensvertrag mit einer anderen herausragenden Persönlichkeit der Zeit - Friedrich II.
Dieser ging auf Kreuzzug (je nach Zählweise der 5. oder 6.), konnte sich jedoch im Frieden von Jaffa mit dem Sultan auf ein unblutiges Ende einigen. Man vereinbarte Gebietsabtretungen, religiöse Freizügigkeit für Muslime und Christen, sowie einen regen kulturellen Austausch. So wegweisend wie der Friede eigentlich hätte sein können, so unbeliebt war er in der Bevölkerung. Die fränkischen Ritter fühlten sich übergangen, insbesondere die Templer, die geplante muslimische Enklave in Jerusalem war den Kirchenoberen ein Dorn im Auge... Und Kaiser Friedrich war eigentlich überhaupt nicht berechtigt, einen Kreuzzug mit anschließenden Verhandlungen zu führen, da er zu diesem Zeitpunkt gerade exkommuniziert war.
 
Ayyubiden
al-Aziz Ghiyath Al-Din

1 Fals ND (1216-1236) Aleppo
Cu 23mm/3,47g


Ayyubiden_Al Aziz Ghiyath Al-Din_Fals_1216-1236.jpg

Ayyubiden_Al Aziz Ghiyath Al-Din_Fals_1216-1236.jpg


Heute zeige ich wieder einen Ayyubiden, der zur gleichen Zeit wie der gestrige al-Kamil regiert hat. Dass die Ayyubiden ihr Reich auf einzelne Familienmitglieder aufteilten, erwähnte ich ja schon. Und dass al-Kamil nur kurzzeitig Erfolg beim Zentralisieren von Kairo aus hatte, konnte man gestern lesen.
al-Aziz Muhammad, Enkel Saladins, erbte im zarten Alter von drei Jahren den Thron in Aleppo und hielt sich, als er im Alter von 17 Jahren die Regierungsgeschäfte übernahm, aus den innerfamiliären Ränkespielen der Ayyubiden heraus. Viel lieber verbrachte er seine Zeit mit anderen Dingen. So wurde er zB mit 16 Jahren schon Vater. Aber auch das Antlitz seiner Stadt prägte er. Die Bautätigkeiten seines Vaters az-Zahir Ghazi (von dem gib es in ein paar "Jahren" noch etwas zu sehen), vollendete er. Erwähnenswert ist hierbei zB der Umbau der Zitadelle von Aleppo.

Anbei Bilder aus glücklicheren Tagen Aleppos

M5110055.JPG Eingang zur Zitadelle
JOR184.jpg JOR194.jpg JOR198.jpg M5110052.JPG
 
Bistum Valence
1 Denier ND (1090-1225)
Billon 18mm/0,85g
Poey d'Avant#4690

Valence_Denier_1090-1225.jpg


Valence ist ein ziemlich altes Bistum im Südosten Frankreichs. Es hat schon seit dem 4. Jh. Bestand und prägte lange Zeit auch eigene Münzen. - viele davon im Namen Karls des Kahlen (823-877), auch noch lange über dessen Tod hinaus. Der gezeigte Denier ist jedoch schon einige Generationen weiter und zeigt den mit Engelsflügeln versehenen heiligen Appolinarius, den 5. Bischof von Valence, der Machtmissbrauch und Korruption der klerikalen Elite vor Ort beendete.
 
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