Token - Jetons - Marken

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bei der mußevollen Betrachtung meiner Sammlung von Geprägen, die nicht als Geld den Eingang in den Münzenkasten gefunden haben - ist mir einiges aufgefallen.
Einmal - Münzen haben immer irgendeinen Herrscher als verantwortlichen Macher. Das ist sogar beim Notgeld der Fall.
Alles was nicht dieses Kriterium erfüllt, wird von den Sammlern schief angesehen (bis auf ein paar Ausnahmen).
Was dann da nicht zu den Geldmünzen zählt, hat dann auch eigene Namen, wie
Token oder Jeton oder Marke oder auch Medaille, aber leider keinen zusammenfassenden Übernamen!

Bei der technischen Ausführung lehnen sich die Hersteller (und hier sind es im überwiegenden Falle keine Staatlichen Stellen) meist eng an die Münzenfertigung an - auch hier mit einigen Ausnahmen.

Zum Anderen gibt es aber auch diese "Nichtgeld" Gepräge mit monetärem Wert, die auch zum Begleichen von irgendwelchen Rechnungen verwendet werden können, aber keine gesetzliche Rückendeckung haben. Wenn futsch, dann Futsch.

So ergibt sich doch eine Möglichkeit diese Flut von Geprägen in etwa zuzuordenen.

TOKEN - eine englische Bezeichnung - können in etwa mit Geld verglichen werden. Es gibt Token mit vollem Geldwert (steht oft auch drauf) und Token, die in Ware oder Leistung konvertiert werden können.

JETON - eine französiche Bezeichnung für "Auswurfmünzen", die zur Erinnerung an irgendwelche Ereignisse hergestellt wurden um sie "unters Volk zu werfen" - bei uns heute noch bei Hochzeiten üblich (die Ärmeren nehmen Reiskörner) - Jetons haben keinen Geldwert.

MARKEN - die breitgefächerte Form der Marken deckt fast den ganzen Rest ab - wofür es auch immer Marken gibt.
Einmal die Marken, die als Geldersatz fungieren, wie Pfand-, Automaten-, Telefon-, Rabatt und viele ander Marken mit Geldfunktion -
zum Anderen die Kontroll- und Erkennungsmarken, die keine Geldfunktion haben.

Einige gestandene Numismatiker hatten schon versucht eine gewisse Ordnung in diese System zu bekommen, sind aber in der Masse der Gliederungen stecken geblieben.
Wo soll man anfangen? - so macht wohl jeder erstmal seine eigenen Erfahrungen.

Viel ist schon erreicht, wenn ein Numismatik Einsteiger erkennt, daß sein Rechenpfennig oder der Waschsalon Token keine seltene und wertvolle Münze ist, aber ein seltener Token sein kann.

Eine Zusammenstellung dieser Haupttypen in einer Liste, dürfte für den Anfang schon mal etwas hilfreich sein.
Es gibt noch wesentlich mehr Untertypen als hier aufgefüht. Ein Herr Jakubzik hatte sich da mal versucht und ist nur bei der Übersicht bei 15 engbeschriebenen Schreibmaschinenseiten gelandet.

Zusammenfassung der verschiedenen Gepräge

Token, Jetons, Marken

Token (engl. = Zeichen) Geldzeichen, Marken mit direktem allgemeinen Geldwert
Banktoken (England, Kanada als offizieller Kleingeldersatz)
Görtzsche Notdaler (Schweden – Ersatz für Silbergeld 1715 – 1718)
Hard Time Token (USA) Zahlungsmittel ca. 1834 - 1844 (siehe Yeoman, Guidebook of US Coins)
Spielbank Token (auch Chips genannt) für den Einsatz in Spielbanken (Baden-Baden, Thailand)
Transport Token (z.B. New York Underground)
Automaten Spielmarken (Weiterspieltoken)
Tessare (römische WC und Bordell Token)
Sozialtoken (Armengeld, Sozialhilfe, Unterstützung)
Brotpfennige, Kornpfennige (z.B. Elberfeld)
Konsum Geld (Konsum Genossenschaften – z.B. Karlsruher Konsum Verein)
Kriegsgefangenen Lagergeld
Token für Festivitäten (erhalten, mit Werbung- oder erworben als Bezahlgeld)
Festgeld Token (Volksfeste, Schützenfeste, Jahrmärkte)
Schützen Taler (z.B. Schweiz)
Wooden Nickel USA (Veranstaltungsgeld auf Holzscheiben gedruckt)
Auswurfmünzen (z.B. England – Maundy Coins) - richtiges Geld - keine Jetons!
Geldersatztoken z.B. für Marktbeschicker – Händler – Veranstalter (Beispiel London Großmarkt)
Ratszeichen (Sitzungsgeld – Wein/Verzehr Marken – z.B. Kölner Weinmarken)
Stadtgeld (in Städten ausgegebenes Lokal-Geld)


Jetons (frz. Jeter = werfen) (Chip, Memorabilien Gepräge) Gepräge ohne Geldwert
Gedenk-, Erinnerung Jetons zu Krönungen, Jubiläen, Tod etc.
Wahlwerbe Jetons (Buttons, politische Werbung)
Spendengeld (Quittung für gespendetes Geld – z.B. Abzeichen des WHW im III. Reich)
Firmenwerbungen (Einkaufswagen Chips)
Produkten Werbung
Rechenpfennige (Hilfsmittel zum Rechnen auf dem Brett) ohne Geldwert
Alte Rechenpfennige (Nachbildung von Goldgulden aus Messing)
Chips (Gepräge ohne Geldcharakter oder Bezahlfunktion)
Modern Rechen Pfennige (z.B. neuere Nürnberger - )
Münzmeister Token (Souvenir Stücke, Eigenfertigung der Münzmeister –> Harz)
Spielmarken (-geld) für Erwachsene (ohne Wert)
Spielgeld für Kinder (verkleinerte Ausgaben von Umlaufgeld)
Whist Marken (Kartenspiel)
Counter (engl.) – Legpenningen (niederl.) – Raitpfennig (österr.)

Marken Geldzeichen, -Geldersatz, mit indirektem Bezahlwert
Tempeltoken (Asien – zur Bezahlung der Tempelpriester)
Trainingstoken (lokales Test Geld bei Währungsumstellungen)
Token mit Leistungsanspruch (voraus bezahlte Benutzungskosten)
Transport Token (in Benutzung der ÖPN Verkehrsges. als Fahrgeld)
Telefon Token (für öffentliche Telefone / Automaten)
Automatenmarken (Vending Token) für Verkaufsautomaten
Parkhaus Benutzer Marken
Auto Waschanlagen Marken
Rabattmarken und –Token (Bonus Token)
Biermarken, Konsum bei Veranstaltungen
Waschmaschinen bei gemeinsamer Benutzung
Brücken Marken (z.B Budapest, Benutzung der Kettenbrücke)
Kantinen Marken
Geschenkgutschein / Münzen in Geldform
Münzzähler Marken (Gaszähler, Bezahl-Fernseher)

Marken Kontrolle, Identifikation - ohne Geldwert
Erkennungsmarken (zur Identifikation der Benutzer)
Feuerwehr Marken (Personen Identifikation)
Polizei (Kriminalpolizei) Marken
Soldaten – Erkennungsmarken
Hundesteuer Marke
Tax Token (USA)
Müllmarken
Eintrittsbeleg (Admission) für Ausstellungen oder Sammler Treffen
Biermarken für die Kellner Abrechnung
Hotel Marken (Gäste Identifikation)
Münzprüfer Marken (Automaten Kontrolle)
Nachttresor Marken für Banken
Tormarken (Passier Kontrolle) – besonders im Mittelalter
Werkzeug Marken
Einkaufswagen Chips
Garderoben Marken

Notgeld Geldzeichen, -Geldersatz mit direktem Bezahlwert
Hartgeld Münzen (von 1 Pfennig bis 1 Billion Mark)
Papiergeld Scheine (von 1 Pfennig bis 100 Billionen Mark)
Kapselgeld mit Briefmarken (Rückseitige Werbung)
Leder Geld (z.B. Pirmasens)
Seiden Geld (z.B. Bielefeld)
Sperrholz Geld
Porzellan Geld (z.B. Meissen)
Steinkohle Geld
Belagerungsgeld (Freiburg, Landau, Leipzig etc.)
Schuldverschreibungen
Bankschecks an Stelle von Bargeld
Bonbons an Stelle von Kleingeld (Italien)

Da das Notgeld überwiegend von staatlichen Stellen kontroliert war (bestimmten Gesetzen Unterlag) gehört es eigentlich nicht in diese Kategorie. Alle anderen Gepräge konnten, wie bei den Medaillen, von Jedermann gefertigt werden.

Viel Spaß bei Sichtung und Sortierung der vorhandenen Bestände und hoffentlich - gelegentlich - was seltenes dabei.

Gruß diwidat
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, das kann man so übernehmen. Bitte einmal bei mir so sortieren...
 
Hallo diwidat,

Ich danke dir, dass du nun für unserer neues Unterforum eine solche Übersicht zusammengestellt hast !

Sehr interessant !
 
Zuletzt bearbeitet:
Numista hat es jetzt fertiggebracht, alle neuzeitlichen Prägungen des Malteserordens als 'Tokens' zu deklarieren. :motz:
Sicher sind das Prägungen die nie in den Umlauf gelangen aber das gilt ja eigentlich für alle PP-Ausgaben heutzutage.:mad:
 
schöne auflistung - die casinochips heissen doch eigentlich eh schon jetons, oder?

die einteilung in jetons, token, marken und zeichen gibt es ja eh schon.
wobei gesagt sei, das einige jetons/Auswurfmünzen in der frühen neuzeit ebenfalls einen monetären charakter innehatten. das traf aber eigentlich nur auf prägungen aus gold und silber zu. gerade diese orientierten sich nämlich gewichtsmässig schon an münzfuss oder gängigen kursmünz-gewichten. besonders vom 16. bis zum 18. jahrhundert werden eben hier auch währungsangaben gemacht. es finden sich häufig beschreibungen wie: jeton zu 1 1/2 Dukaten oder Auswurfjeton zu 16 schillingen oder jeton zu 6 albus, in der ältesten Literatur. Diese beschreibungen wurden dann auch ins 19. Jahrhundert übernommen und finden sich noch heute in Auktionskatalogen. Im Grunde gehören auch die Nürnberger Lamm-Dukaten (Neujahrsdukaten) in diesen Bereich. Bei Recherchen zu einem Projekt erinnere ich mich, gelesen zu haben, dass eine Rechnung mit "dreyen jettonen zu je eynem Ducaten Werthe". bezahlt wurde,leider weiss ich die quelle nicht mehr :motz:

Hier noch eine Erweiterung zu den Marken und Zeichen:
Es gab oder gibt: Färber.- Zunft.- Tor.-Brücken.- Fass.- Fuder.- Zehnt.- Steuer.- Zoll.- Eichel.- Malz.- Korn.- Mühlen.- Ablass.- Armen.- Almosen.- Bettler.- Markt.-Fähr.- "Hand. und Spanndienst".- Brunnen.- WC.- Einkaufswagen.- Getränke.- Essen.- Brot.- Fleisch.- Vieh.- Stoff.- Getreide.- Parkplatz.- Transportübernahme.- Strom/Wasser/Energie.- SpendenMarken und -zeichen. einige decken sich ja schon mit deiner liste, ein paar neue sind aber auch dabei.

Einige haben eine Quittungsfunktion, andere eine Bezahl/Geldersatzfunktion und den meisten gemein ist, dass sie eine kontrollfunktion haben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo neoplatinrubel,

das Markenthema ist ja eine Super Aufzählung. Wenn wir nun noch von jeder Type ein Musterexemplar hätten, könnten unsere Token/Marken Sammler sofort beginnen die Bucht leer zu räumen - und das zu billigsten Preisen.

die Einteilung in Jetons, Token, Marken und Zeichen gibt es ja eh schon.
Das ist gut beobachtet. In der Numismatik hat das aber noch nicht so bindend Eingang gefunden - und von mir ist das auch nicht (nach)erfunden.
Till Kroha, der frühere Experte der Sparkasse Köln, hat aus seinem riesen numismatischen Erfahrungsschatz ein Wörterbuch der Numismatik geschrieben (schon das zweite), das ich einigen Sammlern warm ans Herz legen möchte - da wird mit vielen Irrtümern aufgeräumt - zum Nutzen des wahren Wissens.

die casinochips heissen doch eigentlich eh schon jetons, oder?
da sind sich noch nicht einmal die Casinos einig. Ist aber eigentlich auch wurscht. Wesentlich ist n.m.M. daß es sich um Marken oder Token mit Geldwert handelt. Man kann die Dinger immer wieder in Local Currency umtauschen, was mit Parkhaus Chips (Token) und ähnlichem nicht so einfach möglich ist - und bei einigen überhaupt nicht.
Das zur Einteilung.

Gruß diwidat
 
Hallo neoplatinrubel,

... da sind sich noch nicht einmal die Casinos einig. Ist aber eigentlich auch wurscht. Wesentlich ist n.m.M. daß es sich um Marken oder Token mit Geldwert handelt. Man kann die Dinger immer wieder in Local Currency umtauschen, was mit Parkhaus Chips (Token) und ähnlichem nicht so einfach möglich ist - und bei einigen überhaupt nicht.
...
Gruß diwidat

Kleiner Nachtrag:
Casino-/Pokercasinochips besitzen sogar gelegentlich eine reale Geldfunktion, sprich man kann auch ausserhalb des Casinos mit Ihnen bezahlen. Die nehmen quasi die Rolle einer inoffiziellen Neben- oder Ersatzwährung an.
Konkretes Besispiel aus Österreich/Wien: Die Jetons der Concord Card Casinos (Pokercasinos) oder der Casinos Austria werden gelegentlich zum Bezahlen von Hotelzimmern oder auch von Taxifahrten akzeptiert.
 
das war nicht nur in Wien so und auch in Baden-Baden,
sondern auch bei den Spieltoken der Chinesischen Teehäusen in Siam (heute Thailand genannt). In Bangkok wurden diese Spiele Token zwischen 1850 und 1900 als Kleingeld auf dem Markt akzeptiert -> siehe auch http://www.emuenzen.de/forum/goto/post?id=843509.

Sammler von Nichtmünzen Geld - oder Nichtgeld Münzen haben ein weites Feld sich auszutoben - und das alles für "kleine Münze" wie man sagt.

Gruß diwidat
 
Hallo Diwidat,

habe heute erst diesen Beitrag entdeckt: Danke schön! Er ist sehr informativ und lehrreich, ausserdem finde ich es auch ein spannendes Thema.

Liebe Grüße

Katja
 
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