Pedro II schrieb:
Ich weiß, dass man als Deutscher immer wieder die Rassisten-Karte vorgehalten bekommt, aber mir ist das ******egal.
Ich frage mich ernsthaft, wieso wir (= Christliches Abendland) Jahrhunderte lang gegen den Islam gekämpft haben, um jetzt Islamische Staaten in die EU aufzunehmen, noch dazu wenn es sich um Länder wie die Türkei handelt, die durch brutalen Völkermord zuerst die Armenier nahezu ausgerottet und dann die Griechen millionenfach ermordert hat. Konstantinopel ist schließlich die Hauptstadt Ostroms und mit der Besetzung bin ich in keiner Weise einverstanden.
Dabei geht es mir nicht nur um´s Geld, das im Falle der Türkei aufgewendet werden müsste, um diesen maroden Staat einigermaßen auf Vordermann zu bringen, sondern um´s Prinzip. Welche EU wollen wir überhaupt?
werter pedro hier noch mal eine kleiner crash-kurs zu volksausrottung der armenier
bitte bedenke, dass dieses Thema sowohl in der Türkei als auch unter den Armeniern emotional hoch besetzt ist, so dass eine sachliche Diskussion erschwert wird.
Und bedenke bitte ferner, dass hier zwei verschiedene Sichtweisen und Geschichtsbilder aufeinanderprallen, von denen keines den Anspruch auf vollständige Objektivität und historische Wahrheit erheben kann. Es existieren also zwei unterschiedliche Perspektiven, unter denen die historischen Ereignisse von 1915/16 wahrgenommen werden.
Türkische Historiker sind fest davon überzeugt, dass die mitten im Ersten Weltkrieg von der Jungtürkischen Regierung (damals ein Triumvirat, also eine aus nur drei Personen bestehende Regierung mit diktatorischen Befugnissen) beschlossene Vertreibung der Armenier aus der Westtürkei KEIN Genozid war, also kein staatlich geplanter und organisierter Völkermord wie z.B. der Holocaust an den Juden (oder jüngst der Hutus an den Tutsis), sondern nur die zwangsweise Umsiedlung einer politisch unzuverlässigen Volksgruppe, die sich mit den in Ostanatolien einfallenden russischen Aggressoren verbündet hatte (man nennt so etwas „Irredenta“), um auf den Trümmern des Osmanische Reiches einen eigenen Nationalstaat zu gründen. Diese ostanatolischen Armenier hatten begonnen, im Schutz des russischen Militärs furchtbare Massaker an der türkischen Zivilbevölkerung zu verüben.
So kam es zu der schlecht organisierten, überstürzten Umsiedlungsaktion, übrigens auf Anraten des deutschen Diplomaten Paul Rohrbach, der das Konzept der „ethnischen Homogenisierung“ vertrat, also die räumliche Trennung verfeindeter Volksgruppen zur Sicherung des Friedens, ein Konzept, wie es damals allgemein im Schwange war und bis 1945/46 z.B. auch bei der Vertreibung der Ostdeutschen aus Schlesien und dem Sudetenland praktiziert wurde. Heute ist man von diesem Konzept abgerückt, weil man aufgrund dieser bösen historischen Erfahrungen erkannt hat, dass solche Umsiedlungsaktionen zu unverantwortlichen brutalen Härten gegenüber der Zivilbevölkerung führen und ächtet deshalb heute gewaltsame Trennungen ethnischer Gruppen als inakzeptable „ethische Säuberungen“.
Leider entwickelte sich die Umsiedlung der Armenier wegen fehlender Versorgung der vielen Menschen, wegen Übergriffe von Wachmannschaften und Überfälle kurdischer Banden zu solch einer „ethnischen Säuberung“ , einer Tragödie, bei der nach türkischen Angaben ca. 40.000 und armenischen Schätzungen bis zu einer Million Menschen umkamen, die meisten durch Entbehrungen, Entkräftung, Seuchen und Nahrungsmangel auf dem langen Marsch nach Osten. Demnach war die Vertreibung der Armenier aus Sicht der Türken kein Völkermord, also keine staatlich organisierte, systematische und planmäßige Ausrottung wie bei den Juden in Nazi-Deutschland, sondern die Tragödie einer missglückten Umsiedlungsaktion.
Die Türkei hat also gute Gründe die Genozidthese zurückzuweisen, räumt aber ein, dass es bei dieser brutalen Umsiedlungsaktion zu vielen Opfern kam. Leider hat sich bei uns die armenische Sichtweise durchgesetzt, so dass die Revision dieses einseitigen Geschichtsbildes für die Türken sehr schwierig ist. Da muss noch viel Aufklärungs-Arbeit von den Historikern geleistet werden.
Und bedenke bitte, werter Pedro, dass dieses jetzt rund 90 Jahre zurückliegende historische Ereignis, eine schlimme Tragödie, wie auch die Türkei einräumt, mit der die heutigen Türken jedoch nicht das Geringste zu tun haben, von den EU-Beitrittsgegnern instrumentalisiert wird, um die „EU-Reife“ der Türkei anzuzweifeln. Es geht also diesen Türkeigegnern gar nicht um das tragische Schicksal der Armenier oder um Anerkennung von historischer Schuld, sondern nur um Politik, nämlich die Ausgrenzung der Türkei aus der EU.
Allerdings werden die Türken (und die Armenier!) um die nochmalige historische Aufarbeitung dieser Ereignisse nicht herum kommen. Das wird jedoch am ehesten INNERHALB der EU geschehen.
MfG
kaiserin-josephine