Unterwegs in HeLaFra

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Nach einem Jahr Abstinenz war heuer wieder mal ein Sommerurlaub fällig. Da wir seit Jahren mit dem Zelt unterwegs sind, blieben wir dieses Jahr im Lande und hatten insgesamt drei Standorte in Hessen, in der Lausitz und in der Fränkischen Schweiz.

Solche Rundreisen gefallen mir immer sehr gut, und wir fingen im nordhessischen Kellerwald an. Standort war der Südrand des Habichtswaldes bei Fritzlar. Das war insofern praktisch, da wir eine recht kurze Anreise hatten. Es ging über das Rothaargebirge auf die hessischen Seite, und dann ist es nicht mehr weit zum Edersee, der ein Teil des Nationalparks Kellerwald-Edersee ist.

Die Reise war ausdrücklich als Aktivurlaub gedacht, mit täglichen Wanderungen zu Fuß oder mit dem Kanadier. Ich hätte gerne Radtouren eingeschoben, aber da konnte ich mich Ehe intern nicht durchsetzen. Themenschwerpunkt der Touren waren zwangsläufig die Wälder der betreffenden Region, und so gibt es hier fast nur Bäume zu sehen.

Ich fange mit Halloh an. Südlich vom Nationalpark findet man auf einem unscheinbaren Hügel in der offenen Landschaft einen dieser uralten Hutewälder. Es ist eine Art der Viehhaltung im Gelände. Ob Schweine, Schafe oder Ziegen, in den Wäldern wurden die Tiere gehalten, und so fraßen diese immerzu den Bereich der Bäume frei, die sie noch erreichen konnten. Die Bäume wuchsen so auf niedriger Höhe bereits in die Breite. Gibt man solchen Bäumen die notwendige Zeit, können mächtige urwuchsige Wesen heranwachsen.

In Halloh findet man noch Bäume, die mehrere Hundert Jahre alt sind, und die völlig verknöchert sind. Es sind bizarre Zeugen einer Jahrhunderte alten Wirtschaftsform. Die ältesten Exempläre sind Eichen und Buchen. Und je älter die Bäume werden, desto offener wird das Gelände, da die Pflanzen mehr in die Breite wachsen und entsprechend verschatten.

Es kann vorkommen, dass ganze stammgroße Äste abbrechen. Mit der Zeit bleiben nur noch die niedrigen mächtigen Stämme übrig, da sich aber als ausgesprochen langlebig entpuppen können. So ein Sterbe- und Verfallsprozess kann in einigen Fällen bis zu achtzig Jahre dauern. Dieser Prozess wird in Halloh kategorisiert, von 1 für sehr vital bis 5 für Kurz vor'm Verfall.
 

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Der Edersee und der südlich ansteigende Kellerwald sind Nationalpark, dort findet man keine bewirtschaftete Wälder. Die Waldformen im Nationalpark sind urwüchsig und naturbelassen und genießen daher auch den Status eines Nationalparks. In der Kernzone, also die Höhenzüge des Kellerwaldes, sind nur ein paar Wege erschlossen. Die Hänge entlang des Edersees sind auch vielseitig und haben ansatzweise Urwaldcharakter.

Auf der Südseite wachsen größtenteils Kiefern und Buchen in Mischform, doch dazwischen findet man immer mal kleine Flächen mit Eichen oder auch Birken, dort, wo es etwas feuchter ist.
Die Nordseite der Talsperre ist schroff mit offenen Arealen, wo der Schiefer abbricht und der nackte Fels zutage tritt. Dort mag es die Eiche, denn die Schrieferabbrüche speichern die Wärme, und dort ist die Sonneneinstrahlung ideal. Der Boden ist zwar karg, aber die idealen klimatischen Bedingungen lassen die Eichen alt, aber dabei nicht sonderlich groß werden.
 

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Nach einer Woche in Nordhessen fuhren wir ein längeres Stück in die Lausitz bis Lübben in Brandenburg. Wir fanden einen guten Platz am Briesener See. Dort schlägt man sein Zelt zwischen Kiefernstangen auf sandigem Terrain auf, mit Blick auf den See mit klassischem Strandleben. Um uns rum viele Dauercamper aus Berlin, Brandenburg und Sachsen. Ganz anderes Publikum als im Nordhessen: dort waren wir die einzigen Deutschen inmitten Niederländer. Und: ab dem zweiten Tag habe ich aufgegeben, den Sand aus dem Zelt zu fegen...

Die zweite Woche sollte im Spreewald unser Kanadier zum Einsatz kommen. Zum Paddeln ist die Region geradezu ideal. Man kann in dem Labyrinth von Kanälen und Flussarmen seine Tour frei wählen und hat nur eine Einstiegsstelle, die zugleich Ankunftsort ist. Das ist in Flussrevieren anders.
Außerdem ist es nie langweilig, weil viele Mietkanuten unterwegs sind, und natürlich die Touristenkähne, deren Führer auch nicht auf den Mund gefallen sind. Es ist also ziemlich unterhaltsam, aber abseits der Orte wie Lübbenau, Burg-Kauper, Leipe und Lehde ist es still, und man gleitet über die glatte Oberfläche durch den Urwald, vorbei an Schwarzerle und Esche, dazwischen Birken und Eichen, hin und wieder eine Buche abseits der Kanäle.
Manche Kanäle verlaufen über mehrere Kilometer schnur gerade, andere meandern durch den Wald. Dazwischen sieht man Nutria, unzählige Libellen und Muscheln, sowie manche Fische. Bissspuren vom Biber sahen wir an manchen Orten auch.

Interessant war die Vielseitigkeit der Touren. Während man im Norden des Oberen Spreewaldes durch das Kerngebiet des Biosphärenreservats paddelt, ist der Süden mit den Ortschaften offener und kultivierter, und daher für Kanuten besonders reizvoll, denn deren Reviere liegen meist an landschaftlich interessanten Gebieten und nicht gerade in Ortschaften.

Dazwischen findet man immer wieder mal eine Gaststätte, wo man sich mit guten Eintopf und Schwarzbier stärken kann.
Absolut sehens- und erlebenswert!
 

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Herrlich das Ortsschild von Leipe. Ein orginal DDR Ortsschild. :cool:
 
Herrlich das Ortsschild von Leipe. Ein orginal DDR Ortsschild. :cool:

Was am Wasserweg aber nicht heißt, daß dahinter Tempolimit 50 km/h gilt.

Und zweisprachiges Ortsschild, das gibt es sonst, glaube ich, nur noch in Südschleswig und Ostfriesland.
 
Was am Wasserweg aber nicht heißt, daß dahinter Tempolimit 50 km/h gilt.

Und zweisprachiges Ortsschild, das gibt es sonst, glaube ich, nur noch in Südschleswig und Ostfriesland.
... und in Belgien (Flandern, Wallonien) - zum Teil dort auch in deutsch, also dreisprachig.
 
... und in Belgien (Flandern, Wallonien) - zum Teil dort auch in deutsch, also dreisprachig.

Denke, Jens meinte in Deutschland. ;)
Ja, hier gibt es das nur in der Lausitz (Sorbisch), in Schleswig-Holstein (Friesisch, Dänisch) und im Saterland (Friesisch).

Bzgl. Belgien:
Dreisprachige Schilder (nicht jedoch Ortsschilder) gibt es in Ostbelgien auch, aber wirklich sehr selten, da hier zwar Deutsch und Französisch, aber kein Flämisch gesprochen wird.
Doppelte Flämische und Französische Ortsschilder gibt es nur in einigen Gegenden nahe der Sprachgrenze. Und natürlich in Brüssel. Mitten in Flandern bzw. der Wallonie i.d.R. immer nur in der jeweils eigenen Sprache. Auf einigen Autobahnschildern steht z.B. für Lüttich entweder nur "Liège" oder nur "Luik". Je nachdem, in welchem Landesteil man gerade ist, obwohl Lüttich ja komplett frankophon ist.

Doppelsprachige Schilder sind oft von Vandalismus betroffen. Auch in Ostbelgien gab es noch vor 10-15 Jahren sogar etliche Autobahnschilder, wo oft die französischsprachige Bezeichnung übersprüht wurde. Mittlerweile scheint man die Schilder aber nach und nach ersetzt zu haben.

In den Nachbarländern gibt es weitere Beispiele, so sind z.B. im südlichen Teil von Limburg (NL) die Ortsschilder in Niederländisch und Limburger Mundart beschriftet (z.B. Vaals - Vols).
Auch in Luxemburg steht i.d.R. unter dem Französischen Ortsnamen der Letzebuergische, z.B. Troisvierges - Ëlwen. Der Deutsche Name "Ulflingen" steht hingegen nicht auf dem Ortsschild.

Auch in Oberschlesien sind mittlerweile einige Orte Polnisch und Deutsch ausgeschildert oder im Süden Österreichs z.T. Deutsch und Slowenisch.
 
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Sehr schöne Aufnahmen! Danke fürs mitnehmen :)
Danke. Ihr dürft gerne noch mitfahren. :)

Zweisprachige Schilder finde ich immer interessant. Um die Liste von @CMM85 zu ergänzen: ich sah noch zweisprachige Verkehrsschilder in den USA (englisch/spanisch), in Kanada (engl./franz.) und im Süden der Slowakei (slowakisch/ungarisch). Übrigens auch im Saarland, wo ich auch schon zweisprachige Schilder sah (deutsch/franz.).

Die wendische Kultur in der Lausitz fand ich schon sehr interessant. Auch (und gerade) die deutschen Namen auf den Ortsschildern verraten viel über den Ursprung des Ortes. Sind Ortschaften wie Byhleguhre, Schmogrow, Guhrow und Cottbus slawischen Ursprungs, so deuten Ortsnamen wie Werben, Dissen, Gulben und Drachhausen auf eine spätere Ortsgründung hin, beginnend mit der Welle der deutschen Städtegründungen von Westen her kommend im 12. Jahrhundert.

In Raddusch (Raduš) finden wir noch eine slawische Wallanlage, ursprünglich wohl aus dem 9. Jahrhundert, die am Rand eines Tagebaus rekonstruiert wurde. Wenige hundert Meter weiter hatte sie der Tagebau zutage gebaggert. In der Anlage selber fanden sich unter den ausgegrabenen Stücken auch etliche säuberlich dokumentierte Geldstücke, die ich wahllos fotografiert habe.
 

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Im Nordosten des Bioshärenreservats in der Nähe von Byhleguhre (Běła Góra) steht in Sichtweiter zur Landstraße an einem Waldrand die Florentiner Eiche, ein uralter Kadaver eines über mehrhundert Jahre alten Wesens, das vor etwa vierzig Jahren verstorben ist.

Noch bis in die Dreißiger Jahre hinein diente diese alte Eiche als Treffpunkt und Ort ausgelassener Feste wie Erntedank oder ähnlichem.

Dieser Baum ist gigantisch und gleichzeitig unwirklich. Durch den Verlust von Zweigen, mittelgroßen Ästen und des außeren Wurzelansatzes wirkt dieser tote Baum monströs und doch schwebend, wie ein Mahnmal irgendwie.
 

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