Vom B zum B - Das Jahr 1866 im Spiegel der Münzstätte Hannover

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Das Schöne am Münzensammeln ist, dass man jederzeit mal etwas vollkommen anderes tun kann, ohne seine Leidenschaft an sich aufzugeben. Nachdem ich seit vielen Jahren begeisterter Reichsmünzensammler und seit einigen Jahren nicht eben weniger begeisterter Römersammler bin, habe ich mich in diesem Spätsommer einmal auf mir bisher völlig fremdes Terrain begeben.
Die Taler Georg V mit ihrer wunderschönen Wappenzeichnung haben mir schon immer gefallen. Mit der Langensalzamedaille hatte ich mich vor ein paar Jahren schon mal befasst, bisher hatte ich allerdings nie den ernsthaften Drang verspührt, mir beide zuzulegen.
Schon immer mochte ich die Reichsmünzen aus Hannover, vielleicht weil man zu ihnen durch den Schlösser eine besonders enge Beziehung entwickeln kann.
Als ich beim Durchblättern der ersten Kataloge der " Herbstsaison " dann sowohl eine schöne Auswahl an Vereinstalern, sowie diese Medaille sah, wusste ich, dass ich sie nun endlich haben musste. Zusammen mit dem preussischen Taler aus Hannover und meinen Hannoveranr Reichsmünzen illustrieren sie den nachstehenden Artikel aus der Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen von 1902 :

" So stand das Institut in voller Blüte, als die Ereignisse des Jahres 1866 auch hier schwere Veränderungen zur Folge hatten. Am 16. Juni 1866 erhielt Brüel den plötzlichen Befehl, sofort alle Metallvorräthe dem Ober- Bergrath Credner zu übergeben, der sie nach Göttingen transportieren und von dort in Sicherheit bringen sollte. Brüel lieferte in 14 Kisten 48 Stück Brandsilber,32.500 Thlr., 68 lb Goldbarren und 22lb Gold in Platten ab, insgesammt im Werthe von 121.278 Thlr; Credner fuhr mit dem nächsten Militärzuge Mittags zwischen 12 und 1 Uhr desselben Tages nach Göttingen und schloss sich den Wagen der Kriegskasse nach Langensalza an. Als er am Abend des 28. Juni erfuhr, dass die hannoverschen Truppen am folgenden Tage capitulieren würden, beschloss er, das Geld nach Clausthal zu bringen. Aber schon zwischen Werxleben und Kirchheiligen wurde sein Wagentransport am frühen Morgen des 29. von preussischen Kürassieren angehalten und nach Alt- Goltern zu dem Landrath v. Marschalk geführt; dort wurden die Geldvorräthe mit Beschlag belegt und Credner mit seinem Begleiter, dem Buchhalter von der General- Kasse, Kologe, entlassen. Beide kehrten über Magdeburg nach Hannover zurück.

Der Münze war durch die Übergabe ihrer Metallvorräthe an Credner der Betrieb so gut wie unmöglich gemacht; infolgedessen bemühte sich das Finanzministerium mit Hülfe des Civilkommissars von Hardenberg diesen grossen Betrag wieder zu erhalten. Der Erfolg war nicht vollständig: der Münze wurde nur der Goldwerth ( 121.278 Thlr ) erstattet, nicht aber die Metallvorräthe zurückgegeben, ausserdem 108.000 Thlr, die die General- Kasse der Münze vorgeschossen hatte, abgezogen, sodass die Münze in Wirklichkeit nur 13.278 Thlr zurückerhielt.

Am 7. September1866 verbot der Civilkommissar die weitere Ausprägung der hannoverschen Landesmünze und forderte Bericht über die Münze ein, den Brüel am 10. erstattete. Brüel versuchte zu retten, was zu retten war, da er sich selbst nicht der Ansicht verschliessen konnte, dass nach dem Aufhören des Königreichs Hannover die Existenz einer selbstständigen Münze überflüssig war. Er betonte deshalb das überaus günstige finanzielle Ergebnis des Instituts, da snur aufrecht zu erhalten sei, wenn wie bisher das Harzsilber regelmäsig verprägt und der Betrieb je nach den Handelsconjunkturen in Gold- und Silbervermünzung ausgedehnt werde. Er beantragte deshalb, an Stelle der hannoverschen Landesmünzen preussische Vereinsthaler und Kronen prägen zu dürfen. Auch wiess er darauf hin, dass es für die preussische Regierung nur vortheilhaft sei, die hannoversche Münze noch einige Jahre wenigstens fortbestehen zu lassen; denn bei der bevorstehenden Regulierung des Münzwesens im norddeutschen Bunde würden selbst die grossartigen Einrichtungen der Berliner Münze nicht ausreichen, die erforderliche grosse Menge Geldes rasch genug herzustellen. Auch finanziell sei es vortheilhaft, da allein die Besoldungen und Wartegelder für die Beamten und Arbeiter einen Aufwand von ca 5.000 Thlr erforderten, für den nichts geleistet würde.

Auf diesen Bericht hin beschloss das Finanzministerium in Berlin, die Münze vorläufig weiter in Betrieb zu lassen, bis die Frage über den Fortbestand definitiv entschieden sei, und beauftragte die Berliner Münze, Patrizen und Rändeleisen für die 1/1 und ½ Kronen und 2/1, 1/1 ; 1/6 , 1/30 und 1/60 Thaler preussischen Gepräges nach Hannover zu senden [131]. Der Betrieb sollte wie bisher beibehaltenund das oberharzische Silber weiter ausgeprägt werden. Als Münzzeichen wurde B ( Berlin A ) vorgeschrieben, zufällig deckte sich das mit dem bisher verwendeten Buchstaben, da in Hannover die alte Sitte beibehalten worden war, dass die Münzmeister den oder die Anfangsbuchstaben ihres Namens auf dem Gepräge anbrachten.

Brüel hatte sich bemüht, in der Zwischenzeit den Betrieb, so gut es ging, fortzuführen und benutzte dazu, da die Ausprägung der hannoverschen Landesmünze verboten war, die Verbindung mit den anderen Bundesstaaten: vor allem die Ausprägung der braunschweigischen Vereinsthaler, deren Ausmünzung vertragsmäsig ihm anheimgestellt war. Nachdem diese bald beendigt war, verhandelte er mit Oldenburg über die Ausprägung von 70.000 Vereinstalern mit oldenburgischem Gepräge.

Auf diese Weise erhielt er die Münze in Thätigkeit, bis der vorläufige Weiterbetrieb von Berlin aus genehmigt war. Am 17.Februar 1867 forderte das Finanzministerium in Berlin einen eingehenden Bericht über alle Verhältnisse der Münze zu Hannover, um über das Fortbestehen endgültigen Beschluss zu fassen. Brüel erstattete ihn am 29. April 1867, unter Bezugnahme auf seinen früheren vom 10. November 1866. Darauf beschloss der Finanzminister, dass die Münze bis auf weiteres fortbestehen sollte, zugleich aber ordnete er an, dass sie in jeder, nicht bloss in technischer Beziehung unter der Berliner Münzdirektion zu stehen habe, an die alle Anträge und Berichte zu richten seien. Der General- Gouverneur wurde von seiner bisherigen Mitwirkung bei der Verwaltung der Münzangelegenheiten entbunden und Münzdirector und General- Münzwardein Kandelhardt in Berlin beauftragt, die hannoversche Münze im Laufe des Sommers zu inspizieren.

Damit hatte die hannoversche Münze im Laufe ihre Selbstständigkeit verloren, und die Folge davon war, dass Brüel um seine Versetzung in den Ruhestand bat; nach seiner ganzen Vergangenheit konnte er in diese capitis diminutio nicht willigen. Sein Antrag wurde für den 1. August 1868 genehmigt, doch blieb er auf Wunsch der Regierung wegen Erkrankung des Münzkassierers bis zum 1. Dezember 1868 im Dienst. Er hat danach noch bis zum Jahre 1885 in Hannover gelebt. Auf seinen Vorschlag wurde der Wardein Danert am 13. November 1868 zum Münzmeister ernannt; er ist der letzte hannoversche Münzmeister gewesen. Danerts Stelle als Wardein erhielt Ernst Kerl, der am 9. November 1868 als Gegenwardein ( 800 Thlr ) angestellt wurde; am 25. Mai 1875 wurde erals zweiter Wardein an die Münze in Berlin versetzt ( 4500 M mit Dienstwohnung ),wo er 1898 als Ober- Münzwardein gestorben ist. Die durch seine Versetzung vacant gewordenen Stelle erhielt der bisherige Münz- Betriebs- Asssistent Eduard Schlösser in Frankfurt a. M., der Mitte August in Hannover antrat und der letzte Wardein an der Münze zu gewesen ist. Er ist bekannt durch sein Buch über die Münztechnik. Die im Etat von 1874 genehmigte Betriebs Assistenten- Stelle wurde am 23. Juli 1874 dem Carl Trenkner aus Clausthal übertragen ( 600 Thlr ). Als Kassierer fungierte seit 1868 der bisherige Buchhalter bei der General - Lotterie- Direction Heinrich Carl Christian Lüddecke.

Dies war die Beamtenschaft der hannoverschen Münze nach 1866. Ihre Beschäftigung bestand – ausser in der Erledigung von Aufträgen Privater – in der Betheiligung an der Ausprägung der neuen deutschen Reichsmünzen [132]. Nachdem diese Pragung abgeschlossen war, hatte die Münzstätte in Hannover ihre Aufgabe erfüllt, da sich der Betrieb auf allen drei preussischen Münzen ( Berlin, Hannover, Frankfurt ) nicht mehr lohnte. Es war das nothwendig geworden, was Brüehl selbst vorausgesehen hatte. Am 8. November 1877 erhielt die Münze in Hannover die Benachrichtigung, dass ihre Einstellung für Ende März 1878 beschlossen worden sei. Die Münz- Direction beklagte selbst, dass dieser Beschluss des Ministeriums zuerst Hannover treffe, das sich stets auf der Höhe gezeigt habe. In Hannover war man natürlich nicht wenig betroffen, und der Münzmeister Danert versuchte in einem Berichte das Unvermeidliche abzuwenden; er schilderte nicht nur die Härte für die Beamten und den Schaden für den hiesigen Handel, sondern hob auch das günstige finanzielle Ergebnis des Betriebs hervor : Seit 1868 hatte die Münze einen Überschuss von 1.123.745 Mk erzielt. Als das ohne Erfolg blieb, versuchte es Danert mit einer directen Eingabe an den Reichskanzler, die aber ebensowenig Erfolg hatte und ihm nur eine Zurechtweisung über seine Eigenmächtigkeit eintrug. Im februar 1878 erfolgte der Befehl des Königs, die hannoversche Münze Ende März zu schliessen. Um einen Überblick über die Einrichtung zu geben, soll hier noch ein Verzeichnis der zuletzt vorhandenen Maschinen folgen :

2 Dampfmaschinen zu 10 resp 5 Pferdestärken

1 Streckwerk mit 6 Walzengestellen für fünfzöllige Walzen

4 Durchschnittmaschinen : 3 für Dampf, eine für Handbetrieb

8 Prägemaschinen : 6 vo Uhlhorn, 2 von Löwe & Co ; eine Maschine von Grösse 1, 4 von Grösse 2, 3 von Grösse 3, 1 von Grösse 4

5 Rändelmaschinen

2 Sortiermaschinen mit je 10 Wagen

2 Hobelmaschinen

5 Drehbänke

1 Walzenschleifmaschine

1 Hobelbank

1 Bohrmaschine

3 Spindelwerke: 1 altes Thaler Spindelwerk, das nur noch zum Ausschneiden der Medaillen- Platten benutzt wurde, die anderen zum Medaillen Prägen.

Sie wurden theils verkauft, theils von den anderen Münzstätten übernommen; ebenso das übrige Inventar. Die Münzsammlung ( 603 St.) wurde zumeist verkauft ( 384 St für 1050 Mark ), der Rest eingeschmolzen. Die Acten wurden soweit sie nicht vernichtet wurden, an die Finanz- Direction abgegeben. Die Beamten wurden durch Verfügung des Finanz – Ministers vom 16. März 1878 auf Wartegeld gesetzt, doch liess man ihnen, um diese Härte zu mildern, das volle Diensteinkommen, nur die Dienstwohnungen mussten von dem Münzmeister Danert und dem Wardein Schlösser am 1. April 1878 geräumt werden. Die letzten beiden Arbeiter, die noch mit Aufräumarbeiten und Verpacken der verkauften Sachen beschäftigt worden waren, wurden zum 31. December 1878 entlassen.

Über das Schicksal der Beamten ist kurz noch folgendes zu berichten :

Danert wurde 1882 als Münzmeister an die Berliner Münze berufen, wo er 1899 gestorben ist. Der Wardein Schlösserhat bis zum Jahre 1894 in Hannover im Ruhestand gelebt, ebenso der Medailleur Brehmer, der 1889 gestorben ist. Trenkner wurde 1886 als Betriebsinspector an die Berliner Münze versetzt und lebt heute noch als Münzmeister und Nachfolger Danerts dort. Der Kassirer Lüdddecke wurde 1878 Amtsrentmeister und ist 1885 in Hannover als Domänenrath gestorben. Der Werkmeister Schnabel ist 1890 in Hannover gestorben.

Das Grundstück wurde sammt den Gebäuden 1879 vom Fiscus veräussert; sie haben der Anlage der jetztigen Münzstrasse weichen müssen, deren Nam edasandenken an die letzte hannoverische Münzstätte wachhalten soll.

So bedauerlich es war, dass ein Institut, das gerade in der letzten Zeit so Hervoragendes geleistet hatte, eingehen musste, so war es doch nur eine unvermeidliche Nothwendigkeit, nachdem das Königreich Hannover aufgehört hatte zu existieren. Die Berliner Münze war vollständig im Stande, den Bedarf Preussens zu decken, sodass das Fortbestehen weiterer Münzstätten im Jahreshaushalte nicht zu rechtfertigen war. Die dritte preussische Münze in Frankfurt a. M. blieb noch bestehen, vielleicht weil man dieExistenz einer Münze an einem so bedeutenden handelsplatze für nothwendig hielt; aber auch sie folgte dem Schicksale Hannovers bereits nach zwei Jahren, Ende März 1880 wurde auch sie aufgelöst. Brüel selbst hatte 1851 einmal erörtet, dass eine Central- Münzstätte für ganz Deutschland nicht ohne Nutzen sein würde, nur hielt er damals die Zeit noch nicht für gekommen, denn da Preussen die Annahmedes 24 ½ Guldenfusses ebenso verweigerte, wie Süddeutschland die Annahme des 14- Thalerfusses, so war vorauszusehen, dass eine Einigung nur durch Einführung eines ganz neuen Münzfusses würde erreicht werden, also allesin Deutschland cursierende Geld würde umgeprägt werden müssen. Da das in kürzester Zeit geschehen musste, hätte die Central- Münzstätte uengeheuer gross sein müssen. Das alles war jetzt erfüllt, und es ist bekannt, dass für den Bedarf des ganzen Deutschen Reiches auch eine einzige Münzstätte von der Grösse der Berliner völlig ausreichen würde; die Münzstätten der Bundesstaaten sind also im Grunde genommen ein Luxus, für Preussen war dann der Fortbestand mehrerer Münzstätten erst recht nicht zu rechtfertigen. So musste die hannoversche Münze weichen, ihr gebührt aber der Ruhm, zu den besten ihresgleichen gehört zu haben. "

( Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen, Hannover, Hahnsche Buchhandlung, 1902, S. 54ff )




[131] Civil- Kommissar an Seebach den 3.10.1866

[132] Hannover hat an Reichsmünzen geprägt : 191.655 420 M in Gold, 50.633.989 M in Silber, 3.006.071, 70 M in Nickel, 1.097.396,60 M in Kupfer, zusammen 246.393.872, 30 M im Gesammtgewichte von 1.375.001.500 Pfund
 
Königreich Hannover
1 Vereinstaler
1866
 

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Die Langensalzamedaille.
Hannovers Pyrrhussieg.
Dieses Exemplar wurde an einen " J. Cox " verliehen. Ob sich noch feststellen lässt, wer er war ?
Schön an dieser als ss- vz angeboten Medaille ist nicht nur, dass sie nicht rüde geputzt wurde, sondern auch, dass die originale Tragöse noch vorhanden ist.
 

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Noch im Jahr 1866 begann die preussische Ausmünzung in Hannover. Liesst man obigen Bericht aus dem Jahr 1902 , gewinnt man den Eindruck, dass die rasche Umwandlung der Münze von einer welfischen in eine preussische Prägenstalt weniger ein Ausdruck offensiver Besatzungspolitik war, sondern viel mehr dem fachlichen Ehrgeiz und dem ökonomischen ûberlebenswillen Brüehls geschuldet ist.
 

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Neben Preussen prägte Hannover nach 1871 noch für Hamburg, Oldenburg und Reuss. Braunschweig vergab 1875 seinen Auftrag nach Berlin, eigentlich schade, es hätte mir nichts ausgemacht, auf meinem Avatar ein B zu sehen.
Im Schlösser sind die Stempelstandtabellen Hannovers im Vergleich zu Berlin angedruckt. Auch wenn Hannover sicherlich fachlich ambitioniert war, Berlin als die grösste Prägenstalt hatte die Nase vorn.
 

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Kronerogøre, vielen Dank für diesen Beitrag und die Präsentationen deiner hannoverschen Münzen.

Liesst man obigen Bericht aus dem Jahr 1902 , gewinnt man den Eindruck, dass die rasche Umwandlung der Münze von einer welfischen in eine preussische Prägenstalt weniger ein Ausdruck offensiver Besatzungspolitik war, sondern viel mehr dem fachlichen Ehrgeiz und dem ökonomischen ûberlebenswillen Brüehls geschuldet ist.

Ich finde die von Kronerogøre zitierte Abhandlung von Dr. Joh. Kretzschmar lesenswert und kann sie – entsprechendes Interesse an der Geschichte der hannoverschen Münze vorausgesetzt – empfehlen.
Historischer Verein für Niedersachsen – Wikisource

Dass Brüel sich so sehr für die Münzstätte eingesetzt hat, kann ich nachvollziehen, wenn man die Entwicklung der Münze unter seiner Leitung sieht. Brüels Einsatz für die Münzstätte hat – jedenfalls nach den Ausführungen Kretzschmars – zu einer extremen Verbesserung des Standards hannoverscher Münzen geführt: Vom Institut, das die schlechtesten Münzen Deutschlands prägte, zu einem Institut "in voller Blüthe".
Hier mal zwei Zitate:
„Es darf so nicht Wunder nehmen, wenn das Gepräge der hannoverschen Münzen nichts weniger wie vollkommen war; nach dem Urtheile des Münzmeisters Schlüter (1842), war es das schlechteste in ganz Deutschland. Wegen der hannoverschen Pistolen kam es sogar zu lebhaften Beschwerden (1829 und 1836), daß sie zu leicht seien und daß die auswärtigen, namentlich die braunschweigischen und die preußischen Kassen damit überschwemmt und die vollwichtigen Goldmünzen verdrängt würden. Da keine Abhülfe erfolgte, verbot Preußen die hannoverschen Pistolen. Aber noch in einer anderen Beziehung standen sie hinter allen anderen deutschen Staaten zurück: an künstlerischer Schönheit des Gepräges; weder von künstlerisch, noch von Schönheit kann man hier reden.“ (Seite 22).

„Mit den beiden Namen Schlüter und Brüel wird für immer der Ruhm der hannoverschen Münze verknüpft sein. … Aber auch hier muss bei gerechtem Urtheil gesagt werden, daß wenn Brüel auch zunächst in den Wegen Schlüter's wandelte, er doch bald seinem Vorgänger auf die Schulter gestiegen ist; er war ihm an Begabung bei weitem überlegen und seiner Thatkraft ist die Blüthe des Instituts zuzuschreiben: nicht nur in technischer, auch in künstlerischer und vor allem in finanzieller Beziehung.“ (Seite 29)

Auch wenn vielleicht nur die Hälfte von dem stimmt, was Kretzschmar schreibt, kann ich die Handlungsweise von Brüel gut nachvollziehen.
 
Brüel hatte sich bemüht, in der Zwischenzeit den Betrieb, so gut es ging, fortzuführen und benutzte dazu, da die Ausprägung der hannoverschen Landesmünze verboten war, die Verbindung mit den anderen Bundesstaaten: vor allem die Ausprägung der braunschweigischen Vereinsthaler, deren Ausmünzung vertragsmäsig ihm anheimgestellt war. Nachdem diese bald beendigt war, verhandelte er mit Oldenburg über die Ausprägung von 70.000 Vereinstalern mit oldenburgischem Gepräge.
Hier mal zur Ergänzung der Münzpräsentationen aus meiner Sammlung die von Kretzschmar genannten Vereinstaler:

Herzogtum Braunschweig Vereinstaler 1866, AKS 81
Braunschweig AKS 81 Vereinstaler 1866 Av.jpg Braunschweig AKS 81 Vereinstaler 1866 Rv.jpg

Großherzogtum Oldenburg Vereinstaler 1866, AKS 25
Oldenburg AKS 25 1866 Taler Av.jpg Oldenburg AKS 25 1866 Taler Rv.jpg
 
Als weitere Münze aus Altdeutschland fällt mir noch der bremische Siegestaler von 1871 ein, der auch noch in Hannover geprägt worden ist.

Freie Hansestadt Bremen, Taler 1871, AKS 17
Bremen AKS 17 1871 Gedenktaler Sieg Av.jpg Bremen AKS 17 1871 Gedenktaler Sieg Rv.jpg
 
@XWorbad
Vielen Dank für die Vorstellung der drei Talerstücke. Beim Oldenburger hat man ja laut dem Artikel von 1902 fast den Eindruck, als habe Brüel förmlich darum gebettelt, diese Prägung ausführen zu dürfen. Diese Münze,bei der es sich aus Sicht der norwegischen Sammler übrigens um die letzte ausländische Münze handelt, die das norwegische Wappen zeigt, war also vermutlich eine reine Arbeitsbeschaffungsmassnahme.
 
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