Vormünzliche Zahlungsmittel

Die Frauen in Burkina Faso, dem ehemaligen Ober Volta (Haute Volta) tragen mit Vorliebe die alten französischen 20 Fr. Münzen (KM 879) oder noch ältere (Napoleon, Philipp etc.), die noch in Massen vorhanden sind.

in Algerien gab es den Stamm der Ouled Naîl, der als recht freizügig galt. Die Damen wanderten schon in jungen Jahren durch die arabische Welt und verdienten ihr Geld als Tänzerinen und/oder im wohl ältesten bekannten Gewerbe. Die Männer hingegen blieben zu Hause.

Für das verdiente Geld wurde Gold gekauft und notgedrungen während der Wanderschaft am Körper getragen. Bild 1 und 2 zeigen einen solchen Schmuckbehang etwa um die Zeit des Ersten Weltkriegs.

Zur Selbstverteidigung führten die Damen Messer mit sich und trugen Stachelarmbänder (3. Bild). Körperlich durchtrainiert, sehr gewandt und derart bewaffnet, riskierte es nach zeitgenössischen Berichten kaum einer, sich mit diesen Damen ernsthaft anzulegen.

Irgendwann kehrten die Damen nach Hause zurück, heirateten und waren hoch geachtet.


Vorzeigen will ich das gehäuse einer Kaurischnecke (4. Bild links), eine aus Bein geschnitze Nachahmung (Mitte) und eine stilisierte Nachahmung aus Metall (rechts). Die Nachahmungen entstanden mehrere Jahrhunderte vor Christi geburt in China.

Die Gehäuse der Schnecke dienten als Tauschobjekt. In Küstennähe, wo sie gefunden wurden, war ihr Wert vergleichsweise gering. Mit zunehmender Entfernung von der Küste stieg der Wert immer mehr an. Die Nachahmungen kann man getrost als Meilensteine auf dem Weg von der Tauschwirtschaft zur modernen Vorstellung des Geldes gelten lassen.

Zum einen ist es die Abstraktion. Die Vorstellung, dass ein von Menschenhand geschaffener Gegenstand ohne Gebrauchswert einen materiellen Wert besitzen kann war neu.

Da solche Nachahmungen überall hergestellt werden konnten, hatten sie auch über größere Entfernungen einen vergleichsweise konstanten Wert. Das war gegenüber den natürlichen wertveränderlichen Gehäusen ein Fortschritt.

Viele Grüße
Hermann
 

Anhänge

  • Ouled Nail 1 [1024x768].jpg
    Ouled Nail 1 [1024x768].jpg
    137 KB · Aufrufe: 838
  • Ouled Nail 2 [1024x768].jpg
    Ouled Nail 2 [1024x768].jpg
    144,8 KB · Aufrufe: 2.219
  • Ouled Nail 3 [1024x768].jpg
    Ouled Nail 3 [1024x768].jpg
    144 KB · Aufrufe: 821
  • Kaurigehäuse.jpg
    Kaurigehäuse.jpg
    321,6 KB · Aufrufe: 1.187
Zuletzt bearbeitet:
Danke Hermann, für die Lüftung Deiner Geheimnisse.
Wer so in Erscheinung tritt, wie die geölten Nägel (Ouled Naîl) hat sicherlich Erfolg in der Cummunity. Die anderen armen afrikanischen Frauen hatten es wesentlich schwerer im Leben.

Daher hier mal die allseits bekannten Gewichte (Manillen), die die afrikanischen Frauen am Boden hielten.

Vitrine-3-Manillen.jpg

Manillen gibt es zu Hauf - fast unzählbar. Als die Engländer sich mit ihren Birmingham Manillen in Afrika breit machten, haben sie die klassischen afrikanischen Manillen gegen ihre BM eingetaucht und das Kupfer als Rohmaterial tonnenweis nach England zum Einschmelzen gebracht. Es ist erstaunlich wie viele es trotzdem noch gibt.
Der Herr Winfried Glar hat sich mit seinen Büchern über die Manillen sehr verdient gemacht.
Ein anderer Kenner der Materie ist der Herr Charles Opitz mit seinem umfassenden Buch über Traditional Money, das für sehr viele Fragen Antworten gibt

Manillen-1.jpg

Wie wir sehen gibt es diese Ringe in einer unendlichen Vielfalt:
geschmiedet mit glatten Enden
geschniedet und gedreht mit Kugel oder Vielflächner Enden
geschlossene Formen
halb offene Formen
mit Verschlußstück Einsatz - oder mit Knoten in der Mitte
gegossene mit und ohne Anhänge und Aufsätze
gedreht, gedrechselt, verziert - und was nicht noch alles
oder als Sparkasse, viele kleine Ringe aneinander gehangen - als Manillen Kette

Manillen-2.jpg

Leichte Stücke als Schmuck Ringe
schwere Stücke als Kapitalsanlage

Manillen-3.jpg

das Hauptmaterial war Kupfer - es gab aber auch Stücke aus Aluminium (recht selten)
oder aus Neusilber (Edelmetall ist mir nicht bekannt)
gezwirnte Stücke aus einem Stab Kupfer und einen Stab Messing oder Neusilber und dann geschmiedet, sind bekannt.
Das kommt mir schon beinahe so vor wie die 2 Euro Ausgaben - für Jeden etwas.

Manillen-4.jpg

Viele der Manille (und nicht jeder Reif ist eine Manille) können irgend einer Ethnie zugeordnet werden - manche sind echte Klassiker und tauchen - mit variierenden Verzierungen - immer wieder auf - andere sind (waren) über das ganze Land verbreitet und nicht zuzuordnen.
Die Afrikaner waren vom Eisen genau so begeistert, wie von Kupfer und Messing. Darüber aber nächstes Mal.

Verzeiht mir, wenn hier keine Details erscheinen, es sollte aber auch nicht meine Diplom Arbeit werden (ist eh alles nur abgeschrieben).

Gruß diwidat
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo,

noch ein kleiner Nachtrag zu den Manillen.

Der innere und Handels-Wert ist sicherlich ein Zusammenwirken von Größe und Schönheit (nicht bei uns - sondern in Afrika)
Schon bei den Ägyptern und den Römern hat es Manillen gegeben, die erstaunlicher Weise nicht viel anders aussahen als die späteren Afrikaner - da ist wohl kräftig abgekupfert worden (im wahrsten Sinne....)

Hier noch ein paar Manillen, die nicht den gängigen Vorstellungen entsprechen

Manillen-5.jpg

es geht hauptsächlich um die Menge des Materials - weniger um die Schönheit.
Als Handelsware und Geld mußten sie aber einen Wiedererkennungswert haben, sonst könnten wir heute auch noch mit einfachen Metallscheiben unsere Brötchen bezahlen.

Der Ursprung der Manillen sollen die Kupferbolzen gewesen sein, die die hölzernen Schiffe der Portugiesen zusammen hielten (Eisen wurde da nicht benutzt). War ein Schiff vor der Guinea Küste unter gegangen oder abgebrannt, was nicht zu selten vor kam, blieben nach dem Wegfaulen des Holzes diese Bolzen über - wie einer unten rechts im Bild dargestellt ist. Er mußte nur etwas gebogen werden (was oft die Wellen schon taten) und die Manille war geboren.
Ein Siemens Monteur, der in Nord Afrika Hochspannungsleitungen verlegte, erzählte mir (vor 40 Jahren) daß ihre Kupferkabel immer wieder eine Beute der Diebe wurden, die sie dann zu solchen Gebilden wie ganz oben links und unten rechts umformten.
Schrotthändler wie bei uns die so etwas abnahmen gab es da noch nicht, nur europäische Besucher..

Viel Spaß bein Tauchen vor der Küste

wünscht diwidat
 
Hallo, heimliche Freunde der Vormünzlichen...

bevor sie Rost ansetzen - werde ich meine "Eisensachen" hier mal als Korrosionsschutz eintellen.

Die vierte Vitrine Beschäftigt sich mit dem Eisen in West- und Zentral Afrika. Kupfer, Messing und Bronze kamen hauptsächlich von der Schiffen, die an der Westküste anlandeten - die Namen der Küstenstreifen geben schon gute Information, was da los war - Goldküste, Elfenbein Küste, Sklaven Küste etc. - das sagt schon genug aus.
Aber erst das Eisen brachte den richtigen Fortschritt - ob mit Waffen oder Acker Gerätschaften (hier waren es die die Hacken die von den Frauen benutzt wurden, der Pflug war noch unbekannt).

Vitrine-4-Eisengeraete.jpg

naturbedingt sind viele der Eisengeräte in einem schlechten Zustand - Eisen verändert sich in dem Klima stärker als die Bronze.

Die Zusammenstellung ist einfach ein Überblick der verschiedenen Verwendungsformen. Einmal für den täglichen Gebrauch (z.B. Kissipennies wurden in Bündeln für kleinere und größere Zahlungen benutzt). Die Glocken und Rasseln wurden bei kultischen Handlungen und Tänzen benutzt, und die Schwerter und Äxte dienten als Statussymbol für den Chef.
Eine Inflation dieser Gegenstände durch die fleißigen Handwerker, brachte sie vom alleinigen Statussymbol zur Handelsware zwischen den Stämmen.

Eisengeraet-1.jpg

Die Kissipennies wurden auch bei Kulthandlungen benutzt. Wenn ein Klanmitglied beerdigt wurde, hat man die Stäbe zerbrochen und in das Grab gesteckt - damit war der Geldkarakter beendet. Niemand benutzte zerbrochen Stäbe. Passierte das zufälligerweise, mußte der Medizinmann den Stab wieder heilen (reparieren).
Die Glocken wurden mit Holzklöppeln angeschlagen (klingt wie abstrakte Musik). Die Tanzrasseln sind mit Steinchen gefüllt.

Eisengeraet-2.jpg

Die Status-Waffen waren meistens zur Benutzung ungeeigent - stumpf und weiches Material - das Wurfmesser war in geübten Händen aber schon eine gefährliche Waffen.
Das dritte Stück von unten links ist ein Prunkmesser der Ngala, das in dieser Form früher für Exekutionen benutzt wurde.

LUBA-Schwert.jpg

Meine einzige richtige Waffe ist dieses LUBA Schwert mit Holzscheide - es ist 60 cm lang und sehr scharf.

Die Herren Werner Fischer und Manfred A. Zirngibl haben in Ihrem Buch über "Afrikanische Waffen" versucht diese den einzelnen Stämmen zuzuordnen.
Für den "Beginner" ist das Buch von Horst Kimpel "Traditionelle Zahlungsmittel" der eigentliche Einstieg in diese Thema - um sich die ersten grundlegenden Informationen anzueignen.

Kommentare sind willkommen, sonst wird das hier so einsam wie im Gold Fred.

Als Kostgeld gebt aber Euren Frauen aber richtiges Geld, auch wenn es "fehlgeprägt" sein sollte - und keine alten Hosenknöpfe - oder so.

Gruß diwidat
 
Deutsche Kolonien - Neu Guinea

Hallo,

finde diesen Thread klasse, habe in meiner Sammlung neben den Münzen auch ein paar vormünzliche Zahlungsmittel liegen.

Ich lade die Tablare mal auf die Schnelle hoch, ohne große Erklärung, Fragen jederzeit gerne :)

Hier ein paar Stücke, die neben den deutschen Kolonialmünzen in Deutsch Neu Guinea umliefen.

Oben: Kasuar Federgeld, die Schwanzfeder eines lokalen Laufvogels

darunter: Tabaksticks

unten links: Porzellan Ringe, die das lokale Muschelgeld imitieren sollen. Gibt es in weiss, perlmutt, blau, rot und grün

unten rechts: Zahngeld, Eckzähne vom Hund, 4 Stück entsprachen ca 20 Pfennig. Sehr interessant sind die Porzellan Imitationen an dem Armband, die wie die o.a. Porzellanringe extra für den Handel in den deutschen Kolonien in Ozeanien hergestellt wurden und diort von den Eingeborenen verarbeitet wurden.
 

Anhänge

  • Foto.JPG
    Foto.JPG
    139,7 KB · Aufrufe: 670
Zuletzt bearbeitet:
oben links: die sogenannte KINA, die auch heute noch der Währung in Neu Guinea ihren Namen gibt. Es handelt sich um die Schale der Perlmutter Auster, die einen hohen Wert bei den Eingeborenen hatte.

oben rechts: Muschelgeld Ring aus der Riesenmuschel, der sog, Tridacna Gigas. Diese wurden in aufwendiger Handarbeit hergestellt

unten links: Diwarra aus der Nassa Schnecke, die damals strangweise als Kleingeld verwendet wurde

unten rechts: Zahngeld, hier die Stosszähne des Ebers. Besonders wertvoll waren die kreisrund gewachsenen, wie der hier polierte Zahn. Ob die Eingeborenen oder einer der Koloniallisten das Stück polieren liessen, weiss ich nicht.
 

Anhänge

  • Foto-1.JPG
    Foto-1.JPG
    124,1 KB · Aufrufe: 539
Kamerun, Togo

oben: Kissy Pennies aus dem westlichen Afrika, es handelt sich herbei um verdrehte Eisenstäbchen

Mitte links: Kaurischnecke, die regelrecht tonnenweise gehandelt wurde

Mitte rechts: Glasperlengeld aus Thüringen, die in Lauscha durch die Firma Greiner erfundene Murmel sollte in der Zeit der Kolonialisierung auch als Exportschlager nach Westafrika abgesetzt werden. Hierhin wurden massenweise Glasperlen exportiert, allerdings wurde der Markt stark durch böhmische und venezianische Glasperlenhersteller dominiert. Die deutsche Glasmurmel konnte sich nicht durchsetzen, sie nutzte sich zu schnell ab. sehr selten

unten rechts: Togostein oder Quarzperle

unten mitte / rechts: Agate Perlen aus Idar Oberstein. Diese wurden durch die steineverarbeitende Industrie aus Brasilien importiert und in der Hunsrückstadt für den Handel in Afrika hergestellt. Die Form rechts wird als TURMRING bezeichnet und wurde vornehmlich mit dem Handel mit den Tuareg verwendet
 

Anhänge

  • Foto-2.JPG
    Foto-2.JPG
    146,7 KB · Aufrufe: 628
Zuletzt bearbeitet:
Alliierte Besetzung

Auch in der jüngeren deutschen Vergangenheit mußte auf Naturalgeld zurückgegriffen werden, nämlich Zigarettengeld. Insbesondere die amerikansichen Marken waren beliebt. Die Camel Schachtel hat eine US Steuerbanderole, die Lucky Strike trägt die rote Banderole für das Miltär im Ausland. Besonders verbreitet waren die Bosco Zigaretten der Firma Remtsma aus Trier und Baden Baden, hier auch mit einer Behelfsverpackung rechts. In Köln gab es mal das BOSCO Kino, das so genannt wurde, weil die Bauarbeiter damals wohl in Bosco Zigaretten entlohnt wurden.
 

Anhänge

  • Foto-3.JPG
    Foto-3.JPG
    122,9 KB · Aufrufe: 643
Zuletzt bearbeitet:
Ich möchte mich ausdrücklich bei denen bedanken, die hier Fotos ihrer vormünzlichen Zahlungsmittel posten. Das war bisher ein Bereich, den ich eher nur periphär beachtet habe bzw. über dessen Ausmaße und Ausformungen ich, wie sich jetzt herausstellt, überhaupt keine Ahnung hatte. Ich bin wirklich sehr begeistert und lese die einzelnen Beiträge mit großem Interesse. Vielen Dank!
 
Zurück
Oben
Sie nutzen einen Adblocker

Sicherlich gibt es Seiten im Internet, die es mit Werbung übertreiben. Dieses Seite gehört nicht dazu!

Aus diesem Grunde bitte ich Sie, Ihren Adblocker zu deaktivieren. Danke!

Ich habe den Adblocker für diese Seite ausgeschaltet