INTERNET-HANDEL
Rumänische Mafia kassiert
Eine gewiefte Bande betrügt Ebay-Kunden um Millionen. Dem Online-Auktionshaus drohen Umsatzeinbußen und Image-Schäden
von Thomas H. Wendel
Das wollte Burkhard Lahr schon immer haben: Ein Harley-Davidson-Motorrad, chromglänzend und wie neu. "Ich dachte, ich kann mir einen Lebenstraum erfüllen. Zum Schnäppchenpreis", erinnert sich der 43-jährige Inhaber einer Personal-Vermittlungsagentur aus Frankfurt am Main. Für 9 000 Euro hatte Lahr das Kult-Gefährt Mitte August im Online-Auktionshaus Ebay entdeckt, dann über den Bargeldüberweisungsdienst 3 600 Euro bei Western Union Anzahlung geleistet - und nie mehr etwas von dem Verkäufer gehört.
Spur führt nach Bukarest
Der Fall Lahr ist kein Einzelfall. Alleine in Deutschland werden monatlich bis zu 200 Ebay-Kunden auf diese Weise um ihr Geld gebracht, schätzt der Internet-Betrugs-Spezialist Bernd Müller (Name geändert). Einzelne Geprellte seien um bis zu 20 000 Euro erleichtert worden, so Müller. Jeden Monat dürften so mindestens 100 000 Euro von deutschen Ebay-Kunden in die Taschen eines internationalen Verbrecher-Syndikats fließen. Weltweit kommen jährlich womöglich zweistellige Millionen-Euro-Beträge zusammen.
Obwohl sich die Spur des Geldes und der Datenströme zumeist bis in die rumänische Hauptstadt Bukarest verfolgen lässt, ist man bei Ebay und den Strafverfolgungsbehörden weitgehend machtlos: Seit fast einem Jahr treibt die so genannte Rumänen-Mafia inzwischen ihr Unwesen auf den Web-Plattformen des Auktionshauses - selbst der geballte Einsatz der US-Bundespolizei FBI, des US-Geheimdienstes Secret Service, von deutschen und rumänischen Ermittlern sorgte bisher nur für wenige Festnahmen. Die Bande, das wird immer deutlicher, entwickelt sich zu einer Gefahr für den Erfolg des mit mehr als 75 Millionen Nutzern größten Internet-Marktplatzes der Welt. Und damit auch für Umsätze und Gewinne des hochprofitablen Unternehmens Ebay.
Die Masche der Betrüger ist immer die gleiche: In einem ersten Schritt werden wöchentlich Hunderte langjähriger Ebay-Nutzer, meist Amerikaner, per E-Mail angeschrieben. Sie sollten noch einmal ihre Kundendaten aktualisieren, heißt es in dem Schreiben, das mit gefälschtem Ebay-Absender losgeschickt wird. Viele fallen auf die seriös wirkende E-Mail herein. Sie tragen ihre Nutzerdaten - inklusive Ebay-Passwort, Kreditkartennummer mit dazugehörigem PIN-Code - brav auf einer gefälschten Webseite ein. Die Daten landen nicht bei Ebay. Sondern auf einem Rechner irgendwo in Rumänien oder Litauen.
Die gehackten Ebay-Kundenkonten nutzen die Kriminellen, um im Namen unbescholtener Auktionsteilnehmer aufzutreten. Als "Wolf im Schafspelz" (Müller) bietet die Internet-Mafia dann auf Ebay-Seiten teure Computer oder eben Harley-Davidson-Motorräder an.
Selbst halbwegs erfahrene Ebay-Nutzer können die Betrugsangebote oft nicht von seriösen auseinander halten. So fand es der Harley-Geschädigte Lahr zwar "etwas merkwürdig", dass sein US-Handelspartner angab, er sei in Italien und wolle das Motorrad schnell verkaufen, weil er rasch Geld benötige. Auch die Bedingung, das Geschäft abseits der Ebay-Webseite und per Bargeldeinzahlung bei Western Union abzuwickeln, machte Lahr stutzig. Als er dann aber eine E-Mail von dem mit Ebay assoziierten US-Treuhand-Dienst Squaretrade erhielt, in dem für Verkäufer und Kaufpreis gebürgt wurde, fühlte Lahr sich sicher und überwies die erste Rate. Inzwischen weiß Lahr: Auch die Garantie-Mail war gefälscht. Das Harley-Bild bei Ebay stammte zudem von der Internetseite eines Autohauses in Lake Bluff, US-Bundesstaat Illinois. Dort steht das Motorrad noch zum Verkauf.
Verblüfft musste der Frankfurter danach feststellen, dass der Ebay-Kundendienst sich wenig kooperativ zeigte: Man könne nicht eingreifen, weil es sich bei dem Kauf "um eine rein private Transaktion" gehandelt habe, hieß es aus der deutschen Ebay-Zentrale in Kleinmachnow - eine Stellungnahme, die Ebay-Sprecher Joachim Güntert verteidigt: Man habe sich nichts vorzuwerfen. Schließlich werde allen Nutzern ständig geraten, Geschäfte nur über die Internet-Seiten von Ebay abzuschließen. "Der Anteil betrügerischer Transaktionen auf dem deutschen Ebay-Marktplatz liegt bei deutlich unter einem Prozent", versichert der Ebay-Mann.
Tausende Debattenbeiträge
"Dieser Anteil könnte deutlich gesenkt werden, wenn Ebay schneller auf Betrugshinweise seiner Nutzer reagieren würde", kritisiert der Ebay-Spezialist des Kölner Internetmagazins Onlinekosten.de, Alexander Leinhos. Gut möglich, dass Leinhos damit Recht hat. Seit Februar 2003 haben sich Ebay-Nutzer rund 4 500-mal alleine mit Hinweisen auf wahrscheinlich betrügerische Angebote und Debattenbeiträgen zur Rumänen-Mafia an einem Ebay-Online-Forum beteiligt. Die Nutzer der Auktionsbörse haben dabei oft frühzeitig auf spätere Betrugsfälle hingewiesen.
Immerhin: Bei Ebay scheint man die Gefahr erkannt zu haben. Inzwischen würden weltweit 800 Mitarbeiter im Bereich Sicherheit bei Ebay arbeiten, sagt Firmensprecher Güntert; 100 davon in Kleinmachnow. Ebay habe weltweit in den vergangenen 18 Monaten zehn Millionen US-Dollar in Sicherheit investiert, so Güntert. Ein Engagement, das Ebay aber wohl weiter ausbauen muss.
Rumänische Mafia kassiert
Eine gewiefte Bande betrügt Ebay-Kunden um Millionen. Dem Online-Auktionshaus drohen Umsatzeinbußen und Image-Schäden
von Thomas H. Wendel
Das wollte Burkhard Lahr schon immer haben: Ein Harley-Davidson-Motorrad, chromglänzend und wie neu. "Ich dachte, ich kann mir einen Lebenstraum erfüllen. Zum Schnäppchenpreis", erinnert sich der 43-jährige Inhaber einer Personal-Vermittlungsagentur aus Frankfurt am Main. Für 9 000 Euro hatte Lahr das Kult-Gefährt Mitte August im Online-Auktionshaus Ebay entdeckt, dann über den Bargeldüberweisungsdienst 3 600 Euro bei Western Union Anzahlung geleistet - und nie mehr etwas von dem Verkäufer gehört.
Spur führt nach Bukarest
Der Fall Lahr ist kein Einzelfall. Alleine in Deutschland werden monatlich bis zu 200 Ebay-Kunden auf diese Weise um ihr Geld gebracht, schätzt der Internet-Betrugs-Spezialist Bernd Müller (Name geändert). Einzelne Geprellte seien um bis zu 20 000 Euro erleichtert worden, so Müller. Jeden Monat dürften so mindestens 100 000 Euro von deutschen Ebay-Kunden in die Taschen eines internationalen Verbrecher-Syndikats fließen. Weltweit kommen jährlich womöglich zweistellige Millionen-Euro-Beträge zusammen.
Obwohl sich die Spur des Geldes und der Datenströme zumeist bis in die rumänische Hauptstadt Bukarest verfolgen lässt, ist man bei Ebay und den Strafverfolgungsbehörden weitgehend machtlos: Seit fast einem Jahr treibt die so genannte Rumänen-Mafia inzwischen ihr Unwesen auf den Web-Plattformen des Auktionshauses - selbst der geballte Einsatz der US-Bundespolizei FBI, des US-Geheimdienstes Secret Service, von deutschen und rumänischen Ermittlern sorgte bisher nur für wenige Festnahmen. Die Bande, das wird immer deutlicher, entwickelt sich zu einer Gefahr für den Erfolg des mit mehr als 75 Millionen Nutzern größten Internet-Marktplatzes der Welt. Und damit auch für Umsätze und Gewinne des hochprofitablen Unternehmens Ebay.
Die Masche der Betrüger ist immer die gleiche: In einem ersten Schritt werden wöchentlich Hunderte langjähriger Ebay-Nutzer, meist Amerikaner, per E-Mail angeschrieben. Sie sollten noch einmal ihre Kundendaten aktualisieren, heißt es in dem Schreiben, das mit gefälschtem Ebay-Absender losgeschickt wird. Viele fallen auf die seriös wirkende E-Mail herein. Sie tragen ihre Nutzerdaten - inklusive Ebay-Passwort, Kreditkartennummer mit dazugehörigem PIN-Code - brav auf einer gefälschten Webseite ein. Die Daten landen nicht bei Ebay. Sondern auf einem Rechner irgendwo in Rumänien oder Litauen.
Die gehackten Ebay-Kundenkonten nutzen die Kriminellen, um im Namen unbescholtener Auktionsteilnehmer aufzutreten. Als "Wolf im Schafspelz" (Müller) bietet die Internet-Mafia dann auf Ebay-Seiten teure Computer oder eben Harley-Davidson-Motorräder an.
Selbst halbwegs erfahrene Ebay-Nutzer können die Betrugsangebote oft nicht von seriösen auseinander halten. So fand es der Harley-Geschädigte Lahr zwar "etwas merkwürdig", dass sein US-Handelspartner angab, er sei in Italien und wolle das Motorrad schnell verkaufen, weil er rasch Geld benötige. Auch die Bedingung, das Geschäft abseits der Ebay-Webseite und per Bargeldeinzahlung bei Western Union abzuwickeln, machte Lahr stutzig. Als er dann aber eine E-Mail von dem mit Ebay assoziierten US-Treuhand-Dienst Squaretrade erhielt, in dem für Verkäufer und Kaufpreis gebürgt wurde, fühlte Lahr sich sicher und überwies die erste Rate. Inzwischen weiß Lahr: Auch die Garantie-Mail war gefälscht. Das Harley-Bild bei Ebay stammte zudem von der Internetseite eines Autohauses in Lake Bluff, US-Bundesstaat Illinois. Dort steht das Motorrad noch zum Verkauf.
Verblüfft musste der Frankfurter danach feststellen, dass der Ebay-Kundendienst sich wenig kooperativ zeigte: Man könne nicht eingreifen, weil es sich bei dem Kauf "um eine rein private Transaktion" gehandelt habe, hieß es aus der deutschen Ebay-Zentrale in Kleinmachnow - eine Stellungnahme, die Ebay-Sprecher Joachim Güntert verteidigt: Man habe sich nichts vorzuwerfen. Schließlich werde allen Nutzern ständig geraten, Geschäfte nur über die Internet-Seiten von Ebay abzuschließen. "Der Anteil betrügerischer Transaktionen auf dem deutschen Ebay-Marktplatz liegt bei deutlich unter einem Prozent", versichert der Ebay-Mann.
Tausende Debattenbeiträge
"Dieser Anteil könnte deutlich gesenkt werden, wenn Ebay schneller auf Betrugshinweise seiner Nutzer reagieren würde", kritisiert der Ebay-Spezialist des Kölner Internetmagazins Onlinekosten.de, Alexander Leinhos. Gut möglich, dass Leinhos damit Recht hat. Seit Februar 2003 haben sich Ebay-Nutzer rund 4 500-mal alleine mit Hinweisen auf wahrscheinlich betrügerische Angebote und Debattenbeiträgen zur Rumänen-Mafia an einem Ebay-Online-Forum beteiligt. Die Nutzer der Auktionsbörse haben dabei oft frühzeitig auf spätere Betrugsfälle hingewiesen.
Immerhin: Bei Ebay scheint man die Gefahr erkannt zu haben. Inzwischen würden weltweit 800 Mitarbeiter im Bereich Sicherheit bei Ebay arbeiten, sagt Firmensprecher Güntert; 100 davon in Kleinmachnow. Ebay habe weltweit in den vergangenen 18 Monaten zehn Millionen US-Dollar in Sicherheit investiert, so Güntert. Ein Engagement, das Ebay aber wohl weiter ausbauen muss.